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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn
Autoren: Klaus Wanninger
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Mensch hatte damit gerechnet, dass sie unterwegs abkassieren könnten, noch dazu unter dem Mantel der Kollegen.«
    »Wahnsinn. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie mich das freut. Dann sind diese verdammten Firmen wenigstens Fünfzigmillionen los.«
    »Ich weiß nicht, ob es so einfach ist.«
    »Was willst du damit sagen?«
    Sie hatten die Leuschnerstraße erreicht, folgten ihr dem Feuerwehrareal entlang. Braig sah Theresas misstrauischen Blick.
    »Wenige Minuten vor dem Geldtransporter fuhr ich auf derselben Straße.«
    »Du?«
    »Ich kam an derselben Polizeikontrolle vorbei. Die angebliche Kollegin habe ich sofort erkannt.«
    Sie lächelte spöttisch. »Wer soll das sein?«
    Braig trat zur Seite, weil ein alter Mann von seinem angeleinten Hund direkt auf ihn zugezerrt wurde, hörte die entschuldigenden Worte des Passanten. Er winkte beiläufig ab, wandte sich Theresa zu. »Ihren Namen habe ich vergessen. Du hast dich vor ein paar Tagen mit ihr in Tübingen unterhalten. Ich sah euch zufällig, wir unterhielten uns kurz.« Er sah, wie sie erbleichte, ihr Gesicht dann von ihm abwandte und zur Straße blickte. Sie liefen mehrere Sekunden schweigend nebeneinander her.
    »Du hast einen seltsamen Humor«, brachte sie schließlich hervor. »Was willst du mir damit sagen?« Ihre Stimme hatte sich verändert, hatte einen kühlen, distanzierten Ton angenommen.
    »Ihr Name. Du kennst ihn. Ich nicht.«
    Sie blieb stehen, starrte ihn mit funkelnden Augen an. Ihr Gesicht verlor den bleichen Ton, färbte sich rot. Sie kam ihm vor wie ein Vulkan kurz vor der Eruption. »Dir ist immer noch nicht bewusst, wie weit die Veränderung unseres Klimas bereits fortgeschritten ist, wie? Dass die Prozesse, die die Erde in ein unbewohnbares Treibhaus zurückverwandeln, in einen Zustand, in dem sie sich über Hunderte von Millionen Jahren hinweg schon befand, so weit eskaliert sind, dass sie die Schwelle, bis zu der wir sie noch aufhalten können, beinahe erreicht haben? Und ausgerechnet in dieser Situation haben unsere Konzerne nichts Besseres zu tun, als noch mehr Autos über die Welt zu verteilen und die Atmosphäre mit immer mehr Flugzeugen zusätzlich aufzuheizen, und unser Staat liefert ihnen auch noch die Grundlagen dazu, indem er ausgerechnet diese Unternehmen von sämtlichen Steuerzahlungen befreit. Wer ist kriminell: Eine Gesellschaft, die diese Entwicklung unterstützt oder Menschen, die sich diesem Wahnsinn in den Weg stellen?« Sie warf ihre Haare zurück, starrte ihm ins Gesicht. »Du kannst es dir überlegen, ob du noch länger mit mir in Kontakt bleiben willst. Ich wünsche dir eine unruhige Nacht.«
    Braig sah, wie sie sich umdrehte, dann den Weg zurücklief, den sie gekommen waren. Er blieb stehen, starrte ihr nach, bis sie irgendwo hinter mehreren Autos verschwunden war.

23. Kapitel
    Braig hatte seine Mutter selten so freundlich erlebt. »Du hast dir tatsächlich die Zeit genommen?« Sie war von ihrem Stuhl aufgesprungen, hatte ihn in die Arme geschlossen, ihn nach Leibeskräften geherzt.
    Er hatte versucht, den großen Blumenstrauß vor ihrer Umklammerung zu retten, ihr zärtlich die Wange gestreichelt und sie geküsst. »Ich habe es dir versprochen, hast du das vergessen?«
    Sie trug ein helles, naturfarbenes Kleid, dazu eine dunkelblaue Weste, strahlte den ganzen Nachmittag und Abend wie ein junges, frisch verliebtes Mädchen. »Frau Dr. Ohlrogge hat mir extra die Zeitung mitgebracht. Du stehst auf der ersten Seite.« Sie war mit dem Blatt in der Hand von Gast zu Gast geeilt, hatte allen die Schlagzeile präsentiert, die sie mit Stolz und Freude erfüllte:
Polizei löst spektakuläre Morde in Stuttgart und Ludwigsburg. Stuttgarter LKA-Kommissare Braig und Neundorf erfolgreich
.
    Braig wusste nicht, wie sein Name in die Presse geraten war, nahm die Glückwünsche nur abwehrend entgegen. Er war kurz nach sechszehn Uhr im Mannheimer Hauptbahnhof eingetroffen, hatte den großen Blumenstrauß besorgt, ihn dann keine fünf Gehminuten später in dem prächtig an der Rheinpromenade gelegenen Restaurant Frau Dr. Ohlrogge überreicht und sich für die Einladung bedankt. Sie hatte die Glückwünsche zu ihrem mit sechs Wochen Verspätung gefeierten vierzigsten Geburtstag entgegengenommen, ihn dann auf seine erfolgreichen Ermittlungen angesprochen und ihn mit den anderen Gästen bekannt gemacht. Er war froh über die völlig andere Umgebung, genoss es, den beruflichen Stress und die Angst um den Gesundheitszustand Irene Räubers
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