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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier
Autoren: Klaus Wanninger
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verstehen.
    Er buchstabierte den vermeintlichen Namen der Toten, bat den Kollegen, ihn zu überprüfen.
    Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Er spitzte die Ohren, versuchte, sich auf die Stimme seines Gesprächspartners zu konzentrieren.
    »Eine Marianne Kindler haben wir zweimal. In Korb in der Rosenstraße, Geburtsjahr 1958 …«
    »1958«, überlegte Braig, »das könnte hinkommen. Kann ich bitte die Telefonnummer haben?« Er wartete auf die Angaben Stöhrs, notierte sich die Ziffern. »Wo lebt die zweite Frau dieses Namens?«
    »In Oettingen im Klaus-Röder-Weg. Sie wurde 1960 geboren. Hier ist die Telefonnummer.«
    Braig hatte angesichts der Kälte Schwierigkeiten, seine Hände zu bewegen, benötigte mehrere Anläufe, bis er auch die zweite Ziffernfolge deutlich lesbar auf seinem Notizblock festgehalten hatte. Er bedankte sich bei dem Kollegen, steckte sein Mobiltelefon zurück.
    »Es gibt zwei Frauen dieses Namens in der Nähe?«, fragte Rauleder von der Straße her.
    »Noch dazu im passenden Alter. Hoffentlich kann ich telefonisch abklären, um welche der beiden Frauen es sich handelt. Falls sich der Aufdruck auf der Wäsche wirklich auf die Tote hier bezieht.«
    Er sah, dass die Ärztin ihren Koffer packte, mühsam mit der Rechten ihre Utensilien zusammensuchend, die Linke mit einem Papiertaschentuch vor die Nase gepresst, bedankte sich für ihre Auskunft.
    Dr. Ulmer verzichtete darauf, ihm die Hand zu geben, winkte ihm zu. »Nicht, dass ich Sie noch anstecke …«
    Er wartete, bis sie im Nebel verschwunden war, wandte sich an den uniformierten Kollegen. »Wo finde ich die Männer, die die Leiche entdeckt haben?«
    Bauer zeigte auf das Gelände hinter dem Götzen türm. »Die sitzen bei einem Kollegen im Wagen.«
    Braig trat aus dem grellen Licht, passierte die Tische und Stühle des Lokals, kam am Turm vorbei. Er sah die beiden Tafeln, die im Mauerwerk befestigt waren, überflog den Text. Götzenturm. Südwestecke der alten Stadtbefestigung von 1392. Name nach Götz von Berlichingen, der aber nie hier gefangen saß. Etwa zwei Meter weiter prangte ein weiteres Schild: Hubertus von Goltz: »Über dem Abgrund«(1985).
    Er starrte in die Höhe, sah die Skulptur weit in die Luft hinaus ragen, begriff, wie zutreffend ihre Bezeichnung war.
    »Darf ich wissen, was Sie hier suchen?«
    Braig schrak zusammen, sah einen uniformierten Beamten vor sich stehen. Er zog seine Karte vor, wies sich aus.
    »Sie müssen entschuldigen, aber hier sind dermaßen viele Neugierige. Wir haben alles abgesperrt.« Der Kollege machte einen erschöpften Eindruck. Er hatte in den vergangenen Stunden offensichtlich kaum Ruhe gefunden.
    »Ich suche die Männer, die die Leiche gefunden haben. Ich möchte sie befragen.«
    Der Beamte nickte mit dem Kopf. »Kommen Sie. Es ist nicht weit. Wir haben sie gebeten, auf Sie zu warten.«
    Sie stiegen über das Absperrband, das vom Turm zur Gaststätte gespannt war, bogen in die Götzenturmstraße ein, in der ein kleiner Polizeibus parkte. Der Mann klopfte an die Scheibe, öffnete die Schiebetür. »Darf ich vorstellen, ein Kollege vom LKA.«
    Zwei junge Männer in Jeans und dicken Jacken schauten ihn aus müden Augen an. »Sind Sie endlich der Kommissar, auf den wir warten müssen?«, polterte der Ältere. Er hatte einen muskulösen Körperbau, schien Mitte zwanzig, hatte kurze rote Haare.
    Braig stieg in den Bus, schloss die Tür. »Ich will sie nicht lange aufhalten«, antwortete er, die gereizte Stimmung der Männer vor Augen, »aber Sie haben die Leiche der Frau vorne an der Treppe gefunden, wenn ich richtig informiert bin, ja?«
    »Aber das haben wir doch mehrfach erzählt!«, schimpfte der Rothaarige. »Wie oft sollen wir es noch wiederholen? Wir müssen zur Arbeit, glauben Sie, wir werden fürs Rumgammeln bezahlt?«
    Braig hatte keine Lust, sich so abkanzeln zu lassen. So berechtigt der Ärger des Mannes sein mochte, auch er hatte seine berufliche Pflicht zu erfüllen. »Da draußen auf der Straße liegt eine tote Frau«, sagte er. »Sie wurde ermordet. Mit unzähligen brutalen Schlägen. Ihr Gesicht und ihr Körper sind völlig entstellt. Ich will wissen, wer das getan hat. Dazu benötige ich Ihre Hilfe. Vielleicht können Sie mir ein paar Minuten schenken, auch wenn Sie jetzt lieber woanders wären. Ich könnte mir auch eine angenehmere Beschäftigung vorstellen.« Er hatte den Ton seiner Stimme verschärft, sah die Reaktion der Männer, die abwehrend ihre Hände emporstreckten,
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