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18 - Geheimagent Lennet und die Doppelgängerin

18 - Geheimagent Lennet und die Doppelgängerin

Titel: 18 - Geheimagent Lennet und die Doppelgängerin
Autoren: Vladimir Volkoff
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Der Auftrag
    Lennet gähnte, legte die Zeitschrift für militärische Informationen auf den Nachttisch und streckte die Hand aus, um die Lampe am Kopfende seines Bettes auszuknipsen. In dem Moment klingelte das Telefon. Der Apparat hatte einen direkten Anschluß zum Französischen Nachrichtendienst.
    Der junge Geheimagent warf einen Blick auf die Uhr. Es war zehn. Er hob den Hörer ab. Ein Anruf um diese Zeit bedeutete immer, daß ein besonders eiliger Auftrag anstand.
    Na, um so besser, dachte er. Ich hatte schon Angst, daß ich allmählich Rost ansetzen würde.
    So ganz entsprach das allerdings nicht der Wahrheit. Selbst dann, wenn Lennet gerade nicht mit einem Auftrag vom Französischen Nachrichtendienst unterwegs war, wurde sein Tagesablauf dennoch voll und ganz vom FND bestimmt: zwei Stunden Sporttraining, zwei Stunden Funk- und  Nachrichtentechnik, zwei Stunden technische und  handwerkliche Arbeiten, eine Stunde Schießen und eine Stunde Zeitungslektüre, um immer auf dem laufenden zu sein.
    Außerdem war in regelmäßigen Abständen Wachdienst fällig.
    Tatsächlich war es so, daß die sogenannten Ruhezeiten der Geheimagenten beim FND oft wesentlich anstrengender waren als die Aufträge selbst. Denn die Tage mit »normalem Programm" waren eintönig; es war immer dasselbe, alles war reglementiert. Geheimagent Lennet aber liebte ein Leben voller Gefahren, Abwechslung und Nervenkitzel. »Hallo!« rief Lennet ins Telefon. »Hier 222!«
    »Hier 103", antwortete jemand, der ziemlich außer Atem zu sein schien. Lennet erkannte Hauptmann Blandine sofort. »Wie ist der Tagescode?«
    »22", meldete Lennet.
    »Meiner ist 32. Nennen Sie Ihren Namen!«
    »Leutnant Lennet. Zu Befehl, Herr Hauptmann.« Lennet unterdrückte einen Seufzer. Blandine, ein scharfsinniger, hervorragender Mann, hatte eine steile Karriere beim Geheimdienst hinter sich und war schnell die rechte Hand von Hauptmann Montferrand, Lennets direktem Vorgesetzten, geworden. Aber wenn Montferrand frei hatte oder mit einem Auftrag unterwegs war und Blandine ihn vertreten mußte, dann schien ihn die Verantwortung, die er hatte, doch zu belasten.
    Blandine war dann übergenau und hielt die Vorschriften ganz exakt ein. Wie Lennet Montferrand einschätzte, hätte dieser in einer ähnlichen Situation höchstens gesagt: Hallo, Lennet! In zehn Minuten bei mir, okay? - Das wäre ebenso schnell oder sogar noch schneller gegangen als Blandines umständliches Hin und Her.
    »Ich habe einen Auftrag für Sie", fuhr Blandine fort. »Der General wünscht, daß wir eine Dame namens Graziella Andronymos beschatten. Sie wohnt am Boulevard Jourdan Nr.
    18, sechster Stock links.
    »Zu Befehl, Herr Hauptmann. Ab wann?«
    »Eigentlich schon seit heute abend acht Uhr.«
    »Aber... dann bin ich doch schon zu spät dran!« Lennet klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter ein und begann sich in aller Eile anzuziehen.
    »Ich habe selbst erst vor ein paar Minuten davon erfahren.«
    »Ich fliege ja schon", sagte Lennet und griff nach seiner Hose.
    »Wer ist denn diese Graziella Andronymos? Was ist das überhaupt für ein schrecklicher Name? Den kann sich ja kein Mensch merken!«
    »Ich weiß auch nicht, wer oder was sie ist. Der General hat wohl einen Tip bekommen, daß sie in Gefahr ist. Sonst weiß ich nichts.«
    »Ist sie in unserer Kartei?« fragte Lennet, während er umständlich in den linken Ärmel seines Hemdes fuhr.
    »In unserer Abteilung nicht. Aber ich habe in der  Dokumentationsabteilung angerufen und um Informationen über sie gebeten. Vielleicht wissen die mehr. Sie können mich ja später noch mal anrufen. Ich sage Ihnen dann, was ich erfahren habe.«  Um das Hemd vollständig anzuziehen, mußte Lennet nun doch den Hörer in die linke Hand nehmen. »Herr Hauptmann, wissen Sie überhaupt, warum wir die Dame mit dem  unaussprechlichen Namen beschützen sollen?«  Blandine antwortete nicht sofort. Seine Stimme klang unwillig, als er dann sagte: »Nein, wenn Sie's genau wissen wollen, ich habe keine Ahnung.«
    »Fragen Sie doch den General", riet Lennet und mußte grinsen. Blandine war ein wirklich guter Mann, aber jeder beim FND wußte, daß er eine panische, allerdings völlig unbegründete Angst vor seinem ranghöchsten Vorgesetzten, dem General des FND, hatte. Und das, obwohl er ihn noch niemals gesehen hatte - wie übrigens alle anderen Agenten auch.
    »Der General ist im Elysee-Palast zu einer Besprechung", gab Blandine zurück. »Wenn Sie wollen, gebe ich
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