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Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Titel: Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)
Autoren: Jay S.
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an. 
    „Wegen Ihrer Tochter.“
    „Das sind keine Wahnvorstellungen! Sie wurde entführt, mitten in der Nacht! Und ich weiß, wer sie hat!“, antworte ich, wahrscheinlich lauter als ich es mir erlauben kann. 
    Hinter seinen Augen beginnt es zu arbeiten. 
    „Beruhigen Sie sich bitte, Herr Steiner. Können Sie mir sagen, was das letzte Ereignis mit Ihrer Tochter ist, an das Sie sich erinnern können?“
    „Wir waren im See, sie wollte mir zeigen, wie lange sie unter Wasser bleiben kann, dann…“ Ich mache eine Pause. 
    „Ja? Was ist dann passiert?“, will er wissen.
    „Sie…ich habe…Ich habe sie irgendwie…aus den Augen verloren und plötzlich…“. Ich halte inne. Unter keinen Umständen darf ich ihm von dem seltsamen Erlebnis und der panischen Angst um Amy erzählen, die von irgendetwas Unsichtbarem festgehalten wurde.
     
    „Herr Steiner, Sie leiden unter einer posttraumatischen Störung. Dabei kann es schon mal vorkommen, dass man sich Dinge vorstellt, die nicht wirklich existieren, sich an Erinnerungen festkrallt, sie wieder aufleben lässt. Es ist normal, dass Ihnen diese so real erscheinen. Ich verschreibe Ihnen ein Mittel, welches diese vorübergehend ein wenig lindern wird.“, sagt Dr. Schmidt ruhig. Für meinen Geschmack etwas zu ruhig. Nimmt mich hier denn überhaupt niemand ernst? 
    „Bitte, ich weiß wirklich nicht, wovon Sie reden. Sie scheinen hier irgendetwas ganz schön falsch zu interpretieren. Ich habe eine Tochter, die letzte Nacht entführt wurde. Zu neunundneunzig Prozent weiß ich, wo sie festgehalten wird. Sie können mich doch nicht hier einsperren und sich mitverantwortlich machen, wenn ihr etwas passiert, oder?“, versuche ich möglichst im selben ruhigen Tonfall zu erklären, wie ihn der Arzt mir gegenüber einsetzt.
    „Wann war der letzte Geburtstag Ihrer Tochter?“, entgegnet Dr. Schmidt ohne auch nur im Geringsten auf meinen Einwand einzugehen.
    „Informieren Sie doch wenigstens die Polizei, anstatt mich wie einen Irren zu behandeln, verdammt nochmal!“, platzt es aus mir heraus.
    Doch er geht auch darauf nicht ein und wiederholt stattdessen seine Frage: 
    „Wann war der letzte-„
    „Ich habe Ihre sinnlose Frage verstanden!“, fahre ich ihm ins Wort.
    Er schaut mich erwartungsvoll an und wirbelt akrobatisch mit seinem Kugelschreiber umher.
    Amys letzter Geburtstag…Amys letzter Geburtstag…wieso zur Hölle will er das wissen? 
    „Wieso zur Hölle wollen Sie das wissen?“, frage ich. 
    „Bitte. Beantworten Sie einfach meine Frage“
    Ich denke nach. Wieso fällt es mir so verdammt schwer, mich daran zu erinnern? Ich fühle mich plötzlich schwer und träge. Sie hatten mir etwas gegeben, bevor ich diesen Arzt getroffen habe. Diese kleine blaue Tablette. Wieso geben die mir ein Beruhigungsmittel, wenn ich danach mit einem Arzt sprechen muss? 
    Es wird zu einem Kampf, meine Augen offen zu halten. Der Stuhl, auf dem ich sitze fühlt sich plötzlich viel weicher an.
    „Möchten Sie sich hinlegen?“, höre ich die Stimme des Arztes, während langsam meine Augen zufallen.
     

Kapitel 37
    07.09.2010
     
    Heute ist der fünfte Tag seit meiner Ankunft.
    Ich kann mich nicht mehr genau an den Moment erinnern, an dem ich endgültig aufgegeben habe, die Ärzte davon zu überzeugen, dass Amy in Gefahr ist und sie mich gehen lassen müssen. Immer wieder sind sie der Frage, ob sie es nun endlich der Polizei gemeldet haben, ausgewichen. Sie lassen mich nicht telefonieren, behandeln mich wie einen Irren, geben mir zu jeder Tageszeit Beruhigungsmittel und Neuroleptika. „Gegen die unangenehmen Vorstellungen in ihrem Kopf“, sagen sie. Die ersten zwei Tage habe ich die Mittel brav geschluckt. Doch dann wurde mir die Wirkung zuwider. Seither manövriere ich die kleinen fiesen Dinger mit meiner Zungenspitze hinter die Backenknochen, simuliere das Herunterschlucken und spucke sie in meinem Zimmer wieder aus.
     
    Ich habe mich bemüht, möglichst jedem hier aus dem Weg zu gehen. Nicht, weil ich diese Menschen auf irgendeine Weise verachte, sondern weil ich ganz einfach nicht hier her gehöre. Ich bin Opfer eines grossen Missverständnisses oder, wie ich langsam zu befürchten beginne, vielleicht auch einer Art Verschwörung. Alles hier stinkt gewaltig nach Verlogenheit. Die falsche Freundlichkeit der Ärzte, das gespielt mitfühlende Lächeln der Pflegerinnen und Pfleger, die Tatsache, dass ich nicht einmal in Begleitung nach draußen gehen darf, obwohl ich niemandem
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