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Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Titel: Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)
Autoren: Jay S.
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Abfahrt mit dem doppelstöckigen Bus ist für Punkt 09:00 Uhr vorgesehen. Die Schüler der ersten bis vierten Klasse treffen sich eine halbe Stunde vorher in ihren Klassenzimmern, wo ihnen die Lehrpersonen wichtige Informationen über den Tagesverlauf mitteilen.
    Zehn Minuten später geschieht etwas, womit niemand gerechnet hatte.
    Die Tür zum Klassenzimmer wird aufgestoßen, ein mit Clownmaske und Skianzug getarnter Mann mit einem Militärsturmgewehr und einer Handfeuerwaffe stürmt herein und eröffnet das Feuer.
    Die Lehrpersonen der anderen Klassen haben laut den polizeilichen Ermittlungen umgehend die Türen verbarrikadiert, welche der Täter jedoch mit wenigen Schüssen öffnete. Es dauerte wohl kaum mehr als zehn Minuten. 43 Tote, 22 Schwerverletzte, ein Kind und eine dreiunddreißig jährige Lehrerin. Der Täter war gerade daran, im ersten Stock bei der fünften und sechsten Klasse weiter zu morden, als Spezialeinheiten das Schulhaus stürmten und ihn mit einem Schuss in den Hinterkopf außer Gefecht setzten.
     
    Übelkeit steigt in mir auf, während ich den Bericht lese. Ich versuche, die Bilder aus meinem Kopf zu verdrängen und frage mich immer und immer wieder:
    Woran haben diese Menschen in ihren letzten Minuten gedacht? Was war ihre letzte schöne Erinnerung? Wohin wandern ihre Seelen? Was geschieht mit ihren Familien, ihren Freunden? 

    Ich will gerade weiterlesen, als ich das Klicken des Türschlosses neben mir höre.
    Unauffällig schiebe ich den Stuhl ein Stück weiter nach hinten, um im richtigen Moment ungehindert aufstehen zu können. Ich starre auf die Tür, warte auf den Moment, in dem sie sich öffnen wird.
    Aufstehen, losrennen, Türe zuschlagen, zum Treppenhaus sprinten.
    Dann geht die Tür endlich auf. Ich mache mich bereit. Der silberne Wagen mit den Malzeiten wird durch die Lücke geschoben, dicht daran der türkische Pfleger, einer der einzigen hier, der mir einigermaßen sympathisch ist. Wie wird er reagieren? Wird er versuchen, mich aufzuhalten?
    Der Pfleger lässt den Wagen einen kurzen Augenblick stehen, um sich selbst besser durch die Lücke in die Abteilung quetschen zu können. Jetzt oder nie.
    Ich springe auf, schiebe den Stuhl mit dem Fuss zurück und renne Richtung Tür. Völlig überrascht macht der Pfleger einen Schritt zur Seite. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er es nur aus Reflex tut oder ob er mir tatsächlich helfen will. Ich nutze meinen Vorteil, stürze mich auf die Tür, schiebe den Wagen ein Stück weit zur Seite und renne in den Korridor.
    Den Speisewagen ziehe ich hinter mir her, schlage die Tür zur Abteilung zu, stelle ihn quer vor den Eingang und blockiere ihn mit einem Tritt auf die Bremsklappen.
    Mein Herz rast. Ich versuche, einen kühlen Kopf zu bewahren. 
    Ich renne zur Treppenhaustür, drücke die Türklinke herunter. Geschlossen. Ich drehe mich um, renne zum Lift und drücke den Abwärtsknopf. Im Hintergrund höre ich, wie die Pfleger mit der verbarrikadierten Tür kämpfen. Das Geräusch des Liftes. Das Rumpeln im Hintergrund, der Speisewagen bewegt sich, die Abteilungstür geht auf. In diesem Moment öffnet sich auch die Tür zum Lift.
     
    Ich stürze mich hinein, drücke auf den Erdgeschossknopf, blicke hinaus, sehe, wie sie den Wagen zur Seite geschoben haben und zu dritt in meine Richtung rennen. Wie wild drücke ich auf den Türschließen-Knopf. Gleich haben sie mich eingeholt. Die Tür geht langsam zu. Sehr langsam. Durch den sich schließenden Spalt sehe ich, wie die drei sich auf die Treppenhaustür stürzen. Dann schließt die Lifttür endlich und der Fahrstuhl setzt sich in Gang. Es sind vier Stockwerke. Wenn der Lift schnell genug ist, kann ich es schaffen.
     

Kapitel 39
    Es geht schnell. Viel schneller, als ich gedacht habe. Keine fünf Sekunden später bleibt der Lift im Erdgeschoss stehen und öffnet die Türen, so langsam wie er sie zuvor geschlossen hatte. Ich quetsche mich durch den Spalt, hechte um die Ecke, renne durch die Eingangshalle und die sich öffnenden Türen ins Freie. Die Dämmerung hat begonnen, doch es ist noch zu hell, als dass ich mich schon sicher fühlen dürfte. Ich traue mich nicht, zurückzublicken. Wenn Sie sehen, in welche Richtung ich renne, bin ich verloren. Ich biege nach links ab, renne über die Zufahrtstrasse zum Hauptgebäude und rette mich in dichtes Gebüsch. Nicht bewegen. Leise atmen.
    Ich blicke durch eine größere Lücke im Gebüsch und sehe die drei Pfleger, die sich hektisch beraten und
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