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Tochter der Hoffnung (German Edition)

Tochter der Hoffnung (German Edition)

Titel: Tochter der Hoffnung (German Edition)
Autoren: Serena S. Murray
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Prolog
     
    Sie konnte den Atem des Pferdes sehen, auf dem sie saßen. Die Nacht brach stürmisch und unheilvoll über sie herein. Die junge Frau zog das Kind enger an sich. Ängstlich suchte sie die Umgebung mit Blicken ab, konnte aber rings um sich im Wald nichts Verdächtiges entdecken. Sie hatte gewusst, dass es eines Tages soweit kommen würde und sie hatte nichts getan, um dies zu verhindern. Doch das ließ sich nun nicht mehr ändern. Sie hatte die Augen verschlossen und dies war nun der Preis dafür. Der Regen peitschte ihr eisig ins Gesicht, so dass sie den Weg vor sich nur noch schwach erkennen konnte. Die Tritte des Pferdes waren noch in weiter Ferne zu vernehmen, doch sie glaubte nicht, dass ER ihr jetzt schon folgen würde. Das Mädchen weinte leise in den Umhang der Frau und klammerte sich mit seinen kleinen Händen ängstlich an sie.  Ailish hatte alles mit angesehen. Die junge Frau wollte sich gar nicht erst vorstellen, wie es gewesen sein musste. Doch Ailish würde überleben, dafür würde sie schon sorgen. Es musste noch eine Hoffnung geben, für dieses Land und natürlich für das Kind. Sie glaubte nicht, dass sie selbst noch lange am Leben bleiben würde, doch dann hätte sie wenigstens etwas wieder gut gemacht. Ihre Familie, ihr geliebter Gemahl, alle waren gestorben. Mit diesem Wissen wollte und konnte sie ohnehin nicht weiterleben. Die Straße gabelte sich vor ihr, sie überlegte fieberhaft, welcher der beiden Wege der Richtige war. Kurz entschlossen lenkte sie das Tier auf den linken der beiden Wege zu. Sie hatte das Gefühl, dass der Wind zunahm. Er zerrte und riss an Ihrem Umhang, so als wollte er sie aufhalten. Nach einiger Zeit spürte sie, dass sich die Luft um sie herum veränderte. Kurz darauf konnte sie das Ziel nun langsam erkennen.
    Dies war ihre einzige Chance diesen Wahnsinn zu überleben. Die junge Frau stöhnte, als sie das Mädchen vom Pferd hob, nachdem sie selbst abgestiegen war. Es war nicht so, dass sie schwer war, doch der stundenlange Ritt hatte sie sehr geschwächt. Sie war es einfach nicht gewohnt so lange auf einem Pferd zu sitzen, doch das zählte nun nicht mehr. Auch das Kind lief nur langsam und mit hängendem Kopf hinter ihr den Berg hinauf. Oben war es fast windstill. Doch sie konnte noch das Stöhnen und Knarren der Bäume hinter sich hören. Eilig suchte sie in den Satteltaschen nach dem Anhänger. Mit den Fingern fuhr sie liebevoll über das Schmuckstück. Leise murmelte sie ein kleines Gebet und bat um Beistand für das Kind. Danach kniete sie sich vor das Mädchen.
    „Hier a luaidh , nimm dies, und behalte es immer bei dir, egal was kommen mag. Hast du mich verstanden? Du wirst an einen fremden Ort reisen und viele neue Dinge sehen. Vieles wird dir fremd erscheinen, doch du wirst dich bestimmt schnell zurechtfinden.“
    Sie merkte, dass ihre Stimme immer brüchiger wurde und dass sie die Tränen nicht mehr lange zurück halten konnte. Der Wind schien nun langsam den Hügel mit den Steinen zu erreichen. Er zog an ihren Haaren und Kleidern, die Zeit drängte.
    „Tha mi fuar, mir ist kalt“, murmelte das Kind leise. Ihr Herz zog sich zusammen. Dieses Mädchen war einst ein aufgewecktes und fröhliches Kind gewesen und nun sprach es, wenn überhaupt, nur noch mit leiser Stimme.
    „Es tut mir leid, a luaidh , nimm meinen Mantel und wickel dich darin ein“, sagte die junge Frau.
    Sie deutete auf die Steine, die trotz der Dunkelheit vollständig zu erkennen waren. „Du musst nun dorthin gehen. Du spürst die Stärke und Anziehungskraft dieser Steine doch, habe ich recht?“ Als das Kind zögernd mit dem Kopf nickte, seufzte sie erleichtert auf. Sie nahm zwar an, dass sie diese Fähigkeit schon besaß, doch mit Sicherheit gewusst hatte sie es nicht. „Gut, du kennst doch sicher die Geschichten von den verschwundenen Menschen. Ich denke, ihr Verschwinden hat etwas mit diesen  Coirthen, diesem Steinkreis zu tun. Ich denke, dass du ebenfalls in der Lage sein wirst, diese Welt mit ihrer Hilfe zu verlassen. Das ist unsere einzige Möglichkeit. Stell dich in die Mitte des Kreises und sprich diese Worte in der alten Sprache: „Verlassen will ich diesen Ort, diese Zeit. Ich bitte das Licht mich zu leiten, auf dass mein Wille geschehe und mein Sein entweicht“.
    „Nun geh und möge das Licht dich schützen.“ Die letzten leise gesprochenen Worte wurden vom Wind, der nun auch diese Anhöhe erreichte, hinfort getragen.
    Als das Mädchen dann inmitten dieser Kolosse
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