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Schützenkönig

Schützenkönig

Titel: Schützenkönig
Autoren: Katrin Jäger
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sie hatte ihn einfach angelacht. Ihm wie einem dummen Jungen über die Haare gestreichelt und gesagt: »Ach, Nico. Du weißt doch gar nicht, was Liebe ist.«
    »Aber du, du weißt es.« Er packte sie am Arm. Doch seine dicken Handschuhe rutschten an ihrer Winterjacke ab.
    »Ja. Jetzt weiß ich es.«
    »Ah, dein Neuer zeigt es dir jetzt. Die großen Gefühle und den ganzen Schwachsinn. Er findet wahrscheinlich auch deine Musik toll.«
    Er spürte, dass er sie damit traf. Sie stapfte davon. Er stand am Ufer des Müggelsees und trat wütend gegen die Steine, die dort lagen. Und plötzlich stand sie wieder vor ihm. Aufreizend blickte sie ihn an, lächelte sogar. Er spürte, wie ihm warm ums Herz wurde. Sarah würde doch bei ihm bleiben. Sie würde den anderen vergessen. Würde zurückkommen. Sie kam näher. Schmiegte sich an ihn. Er schlang seine Arme um sie, atmete tief ein, roch ihr Parfum.
    Sie schaute ihm direkt in seine Augen, küsste ihn und ging dann einen Schritt zurück. »Ach ja«, sagte sie und grinste. »Ich hatte fast schon vergessen, wie mies deine Küsse schmecken. Fuck you , Nico.« Dann hatte sie ihren Handschuh ausgezogen und ihm den Mittelfinger gezeigt. Sie drehte sich um und stolzierte davon.
    Nico starrte auf die Steine, gegen die er vorhin noch getreten hatte, er nahm den mit den meisten Kanten in die Hand. Und er rannte los. Während er auf sie einschlug, brüllte er: »Halt die Klappe! Halt die Klappe!«
    Doch Sarah wurde nicht ruhig. Sie hielt nicht die Klappe. Sie schrie, sie gab diese schrecklichen Laute von sich.
    Er wollte das nicht hören, er schlug fester, er sah das Blut, er sah ihren zarten Nacken, die Haare, das Blut, das in ihren Haaren war, auf ihrem Nacken. Sie fiel. Sie schwieg.
    »Hey, Majestät. Wie regiert es sich so?« Viktoria setzte sich neben Mario.
    »Mann, Victory. Ich dachte schon, alle haben mich verlassen. Siehst ein bisschen blass aus. Geht’s dir nicht gut?«
    »Doch, doch. Sehr gut.« Viktoria griff nach Marios Bier. Er schlug ihr freundschaftlich auf die Finger. »Nix da, das ist schon schal. Der König wird sich deiner annehmen und dir höchstpersönlich ein frisches besorgen.« Mario verschwand Richtung Tresen, Viktoria lehnte sich zurück. Sie fühlte sich wie nach einem Saunatag. Der ganze Dreck war ausgeschwitzt. Was blieb, war eine träge, aber reine Mattigkeit. Sie gähnte.
    »Na, bist du jetzt die Ersatzkönigin?« Kai stand neben ihr. Sein Lächeln war immer noch bezaubernd.
    »Wieso Ersatzkönigin? Wer ist denn die richtige?« Sie deutete auf den Stuhl neben sich.
    Kai setzte sich. »Ich dachte, das hättest du eingefädelt, damit du auch was zu schreiben kriegst für deinen Artikel.«
    »Nee, hab nix eingefädelt. Wir berichten doch nur über die Wahrheit.« Sie grinste schief. »Also wer ist die Queen?«
    »Elisabeth!«
    »Ich meinte nicht die englische.«
    »Schon klar. Ich meinte Elisabeth Upphoff.«
    Viktoria haute sich vor Vergnügen auf die Schenkel. »Das ist ’n Ding! Wo ist sie denn jetzt?«
    »Da!« Kai zeigte zum Eingang des Zelts. Dort stand eine Frau mit rotem Rock und schwarzer Bluse, daneben ein stämmiger Mann in schwarzer Hose und rotem Kopf. Ehepaar Upphoff, Hand in Hand.
    Viktoria blinzelte. »Kai, kneif mich mal!«
    »Gerne.« Er zwickte ihr in die Wange. »Du hast keine Fata Morgana, ich sehe die beiden auch in trauter Zweisamkeit.«
    »Tja, ein Happy End also. Schön.«
    »Für deinen Text …«
    »Nein, für Elisabeth.«
    »Und für dich?«
    »Mal sehen.« Viktoria lächelte. »Stehe ja nicht so auf Kitsch.«
    »Auf was dann?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
    Kai wollte es trotzdem wissen: »Gab es bei euch früher auch Poesiealben?«
    »Klar. Aber ich fand die Dinger immer schon doof.«
    »Schade, da konnte man schnell sehr viel über andere Menschen erfahren.«
    »Ach ja, was denn zum Beispiel?«
    »Na, zum Beispiel sehr wichtige persönliche Vorlieben. Welche Farbe ist deine Lieblingsfarbe?«
    »Schwarz!«
    »Lieblingszahl?«
    »Null!«
    »Hobbys?«
    »Leichenfledderei.« Das Spiel machte ihr langsam Spaß. Jetzt war sie an der Reihe: »Lieblingsessen?«
    »Schnitzel mit Pommes.« Kai grinste.
    »Deine Lieblingskrankheit, Herr Doktor?«
    »Nymphomanie!«
    »Lieblingsmedizin?«
    »Du?«
    Ups, hatte er das tatsächlich gesagt? Viktoria wollte schnell wieder zurück aufs unschuldige Poesiealbumsniveau. Eine harmlose Frage musste also her.
    »Ähm. Was liest du gerade?«
    » Gefährliche Geliebte .«
    Sie zuckte
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