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Die Troja-Mission

Die Troja-Mission

Titel: Die Troja-Mission
Autoren: Clive Cussler
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Um 1190 v. Chr.
Eine Bergfeste am Meer
    Es war ein Köder, erschaffen in aller Schlichtheit, aber mit einem tiefen Wissen um die Neugier der Menschen. Und er erfüllte seinen Zweck. Sechs Meter hoch ragte das schmucklose Ungetüm mit seinen vier stämmigen, aus Hölzern gezimmerten Beinen über der Plattform auf, auf der es stand. Auf den Beinen ruhte ein dreieckiger Aufbau, hinten und vorn offen, ein Spitzdach mit einem rundlichen Höcker an der Vorderseite, versehen mit zwei Augenschlitzen. Beide Seiten waren mit Rinderhäuten verkleidet. Die Bewohner der Feste Ilion hatten dergleichen noch nie gesehen.
    Manch einen, der etwas Fantasie hatte, erinnerte es entfernt an ein Pferd.
    Zu früher Stunde waren die Dardaner aufgewacht und hatten den Ansturm der Achäer erwartet, die ihre befestigte Stadt eingeschlossen hatten, bereit zur Schlacht, so wie auch in den vergangenen zehn Wochen. Doch die Ebene unter ihnen war menschenleer. Sie sahen lediglich einen dichten Rauchschleier, der über die Aschereste dahintrieb, die vom Lager der Feinde verblieben waren. Die Achäer waren mitsamt ihrer Flotte verschwunden. Im Dunkel der Nacht hatten sie ihre Vorräte, die Pferde, Waffen und Streitwagen auf die Schiffe verladen und waren davongesegelt. Hatten nur das rätselhafte hölzerne Ungetüm zurückgelassen. Die Späher der Dardaner kehrten zurück und berichteten, dass das Lager der Achäer verlassen sei.
    Außer sich vor Freude darüber, dass die Belagerung von Ilion zu Ende war, stießen die Menschen das große Tor der Festung auf und strömten auf die weite Ebene hinaus, auf der ihrer beider Heere hunderte von Gefechten ausgetragen und ihr Blut vergossen hatten. Zunächst waren sie verwundert, als sie des Ungetüms ansichtig wurden. Die Argwöhnischen unter ihnen vermuteten eine Kriegslist und plädierten dafür, dass man es verbrennen sollte. Doch bald darauf stellten sie fest, dass es nur ein Bauwerk von Menschenhand war, aus grob behauenen Hölzern zusammengezimmert und auf vier Beine gestellt. Ein Mann stieg hinauf, kletterte in den Aufbau und stellte fest, dass er leer war.
    »Wenn die Achäer keine besseren Pferde zustande bringen«, brüllte er, »ist es kein Wunder, dass wir gesiegt haben.«
    Die Menschen, die sich rundum drängten, lachten und stimmten Freudengesänge an, als Priamos, der König von Ilion, in seinem Streitwagen eintraf. Er stieg ab, nahm huldvoll die Jubelrufe der Umstehenden entgegen und ging um das sonderbare Bauwerk herum, als versuchte er, dessen Sinn zu ergründen.
    Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass es keine Gefahr darstellte, erklärte er es zur Kriegsbeute und verfügte, dass es auf Rollen über die Ebene gezogen und vor dem Stadttor zum Gedenken an einen ruhmreichen Sieg über die räuberischen Achäer aufgestellt werden sollte.
    Das festliche Treiben wurde jählings unterbrochen, als zwei Krieger einen Gefangenen durch die Menschenmenge zerrten, einen Achäer, der von seinen Gefährten zurückgelassen worden war. Sinon hieß er, und alle wussten, dass er der Vetter des mächtigen Odysseus war, des Königs von Ithaka, eines der Anführer der großen achäischen Räuberhorde. Als man ihn Priamos vorführte, warf er sich vor dem König zu Boden und flehte um sein Leben.
    »Warum hat man dich zurückgelassen?«, herrschte ihn der König an.
    »Mein Vetter hat auf jene gehört, die mir feindlich gesonnen waren, und mich aus dem Lager verbannt. Wenn ich mich nicht in einem Hain versteckt hätte, als sie ihre Schiffe zu Wasser ließen, hätten sie mich gewisslich hinterhergeschleppt, bis ich ertrunken oder von den Fischen gefressen worden wäre.«
    Priamos musterte Sinon eingehend. »Was hat dieses Ungetüm zu bedeuten? Welchem Zweck dient es?«
    »Weil wir eure Feste nicht einnehmen konnten und Achilles, der mächtigste unserer Helden, im Kampf gefallen ist, glaubten meine Gefährten, die Götter wären ihnen nicht wohl gesonnen. Deshalb schufen sie dieses Standbild, um sie gnädig zu stimmen, damit sie sicher nach Hause gelangen.«
    »Warum ist es so groß?«
    »Damit ihr es nicht im Triumph in eure Stadt schleppen und dort zum Gedenken an die größte Niederlage der Achäer seit Menschengedenken aufstellen könnt.«
    »Ja, diese Befürchtung kann ich verstehen.« Der weise alte Priamos lächelte. »Aber sie haben nicht bedacht, dass es außerhalb der Stadt den gleichen Zwecken dienen kann.«
    Hundert Männer fällten Bäume und hieben sie zu Rollen zurecht. Dann traten weitere
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