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Pacific Paradise - Boone Daniels 2

Pacific Paradise - Boone Daniels 2

Titel: Pacific Paradise - Boone Daniels 2
Autoren: Don Winslow
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03
    Boone Daniels liegt mit dem Gesicht gen Himmel auf seinem Board, als wär’s eine aufblasbare Luftmatratze in einem Swimmingpool.
    Er döst, die Sonne, die seine geschlossenen Augen wärmt, knallt schon recht früh am Morgen auf die Meeresoberfläche. Wie gewöhnlich ist er mit der Dawn Patrol draußen – mit Dave the Love God, High Tide, Johnny Banzai und Hang Twelve –, obwohl es keine nennenswerte Brandung und nichts zu tun gibt, außer Geschichten zu erzählen. Von der Stammbesetzung ist nur Sunny Day nicht zum Dienst erschienen, weil sie in Australien an der Women’s Professional Surfing Tour teilnimmt und außerdem ein Video für Quicksilver dreht.
    Es ist langweilig – es sind die trägen Hundstage des Spätsommers, wenn Pacific Beach von Touristen überlaufen wird, die meisten Einheimischen ihr »See You In September« schon gesungen haben und sich auch der Ozean kaum noch aufraffen kann, eine Welle zu produzieren.
    »Kansas«, mault Hang Twelve.
    Hang Twelve, der so genannt wird, weil er ein Dutzend Zehen hat – sechs an jedem Fuß versteht sich – ist der jüngste bei der Dawn Patrol, ein verirrter junger Hund, den Boone unter seine Fittiche nahm, als der Kleine gerade mal dreizehn war. Er ist so weiß wie der Parteitag der Republikaner, trägt aber Rastalocken und einen roten Retro-Ziegenbart, und trotz oder vielleicht wegen der vielen Acidtrips seiner Eltern mauserte er sich zum echten Computernerd.
    »Bist du überhaupt schon mal in Kansas gewesen?«, fragt Johnny Banzai und klingt fast ein bisschen aggressiv. Er bezweifelt, dass Hang es überhaupt schon auf die andere Seite der Interstate 5 geschafft hat.
    »Nein«, antwortet Hang. Er hat es nie bis auf die andere Seite der Interstate 5 geschafft.
    »Woher willst du’s dann wissen?«, bohrt Johnny nach, derinzwischen auf Verhörmodus umgeschaltet hat. »Wenn du sowieso keine Ahnung hast, könnte Kansas doch auch voller Berge sein. Wie die Alpen.«
    »Ich weiß, dass es in Kansas keine Brandung gibt«, sagt Hang Twelve trotzig, weil er fast absolut sicher ist, dass Kansas nicht am Ozean liegt, höchstens vielleicht am Atlantik, aber selbst wenn, gäb’s dort wahrscheinlich trotzdem keine Brandung.
    »In San Diego gibt’s auch keine«, versucht Boone zu schlichten. »Jedenfalls heute nicht.«
    Dave liegt auf dem Bauch, hebt den Kopf vom Board und kotzt ins Wasser. Schon wieder. Boone und Dave sind seit der Grundschule befreundet, weshalb Boone Dave schon sehr häufig verkatert erlebt hat, aber so schlimm wie heute noch nie.
    Gestern Abend war »Mai-Tai-Dienstag« im Sundowner.
    »Wirst du’s überleben?«, fragt ihn Boone.
    »Ungern«, antwortet Dave.
    »Ich mach dich kalt, wenn du willst«, bietet High Tide seine Dienste an und stützt seinen Riesenkopf auf seine Riesenfaust. Woher der einhundertsiebzig Kilo schwere Samoaner seinen Spitznamen hat, liegt auf der Hand – wenn er in den Ozean springt, steigt der Wasserspiegel; kommt er raus, sinkt er. Das physikalische Prinzip der Verdrängung. »Dann hab ich wenigstens was zu tun.«
    Johnny Banzai fährt voll drauf ab. »Und? Wie wollen wir Dave um die Ecke bringen?«
    Er ist Kommissar beim San Diego Police Department und Dave umbringen ist absolut sein Ding. Die Beschäftigung mit einem Mord, der sich gar nicht ereignen wird, stellt für ihn eine erfrischende Abwechslung zu den Mordfällen dar, die er auf seinem Schreibtisch liegen hat und die leider nur allzu echt sind, wobei einer davon so widerlich ist, dass er nicht einmal darüber nachdenken möchte. Der Sommer inSan Diego war heiß und die Stimmung gereizt – die Gemüter kochten hoch und Menschenleben wurden ausgelöscht. Ein erbitterter Drogenkrieg um die Führung des Baja Kartells schwappte über die Grenze nach San Diego und jetzt tauchen überall Leichen auf.
    »Ertränken wär am einfachsten«, schlägt Boone vor.
    »Geht’s noch?«, meint Tide. »Der ist Rettungsschwimmer.«
    Dave the Love God ist tatsächlich Rettungsschwimmer und als solcher nur geringfügig bekannter als für die Frauen, die er im Rahmen seines Ein-Mann-Kreuzzugs zur Förderung des Fremdenverkehrs von San Diego sexuell beglückt. Jetzt gerade liegt er allerdings bäuchlings auf seinem Brett und stöhnt.
    »Machst du Witze?«, fragt Boone. »Sieh ihn dir doch an.«
    »Mir wäre die Ironie zu platt«, sagt Johnny. »Ich meine, Schlagzeilen wie ›Legendärer Rettungsschwimmer ertrinkt in flauer See‹? Mir gibt das nichts.«
    »Hast du deine Pistole
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