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Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)

Titel: Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)
Autoren: Edith Kneifl
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Gastrofürsten. Er ließ in den Innenhöfen nicht nur verschiedene Minze-Arten, sondern auch jede Menge andere Kräuter züchten. Im Sommer roch es hier orientalischer als am Naschmarkt.
    Obwohl meine Großmutter eine richtige Kräuterhexe gewesen war und ihr Wissen an meine Mutter und mich weitergegeben hatte, hielt ich mich lieber raus, was den Kräuteranbau betraf. Ich konnte es nicht leiden, wenn man mich wegen meiner Herkunft für eine Autorität auf solch unwissenschaftlichen Gebieten hielt. Esoterik und alles, was ihr nahe kam, war mir zutiefst zuwider. Aber laut unseren Gästen schmeckte der Mojito halt am besten mit dieser speziellen Minze-Art.
    Zur Happy Hour von 17 bis 19 Uhr herrschte im Cuadro oft Hochbetrieb. Kein Wunder, „verschenkten“ wir praktisch alle Cocktails um sechzig Prozent des normalen Preises. Auch die viereckigen Burger waren sehr gefragt. Die kleine Küche im Cuadro war zur Theke hin offen. Die Gäste konnten dem Koch – er hieß Manfred und arbeitete schon seit zehn Jahren im Cuadro – bei der Zubereitung der Hamburger zusehen. Er geriet gerade ins Schwitzen, obwohl er ziemlich dünn war. Geschickt jonglierte er mit den warmen Weckerln, die frisch aus der hauseigenen Backstube kamen.
    „Harte Nacht gehabt, Kafka?“, fragte mich Jürgen Geyer, unser Service-Chef, der gemeinsam mit dem Küchenchef Geschäftsführer der Lokale im Schlossquadrat war.
    Nicht nur er, auch meine männlichen Kollegen nannten mich alle beim Nachnamen, was ich durchaus passend fand, waren sie doch alle jünger als ich. Außerdem war ich stolz auf meinen Namen.
    „Kann man wohl sagen.“
    „Willst einen Chili Burger, extra scharf, so wie für den Chef?“, fragte mich Manfred.
    „Nein danke, ich hab schon gegessen.“ Warum waren bloß heute alle so nett zu mir? Nur weil ich Zeugin einer Gasexplosion gewesen war?
    „Ein Seidl?“, fragte mich Diana.
    „Nein danke. Aber hast du ein Make-up dabei? Ich glaube, ich sollte meine Augenringe abdecken. Ich sehe aus wie eine Schleiereule.“
    „Du sagst es.“ Diana verschwand hinter der Theke und reichte mir ein kleines Fläschchen.
    „Du bist ein Schatz, hast was gut bei mir“, sagte ich und verschwand auf die Toilette, die sich im Durchgang, genau gegenüber dem Lokal, befand. Als ich im Spiegel mein zerknittertes, rot geflecktes Gesicht erblickte, schwor ich mir, einen Monat lang keinen Tropfen Alkohol anzurühren.
    Ich erinnerte mich an das Einstellungsgespräch, das Jürgen Geyer seinerzeit mit mir geführt hatte. Obwohl das Team im Cuadro deutlich jünger war als ich, nahm er mich, weil ich, wie er meinte, um mindestens zehn Jahre jünger aussehen würde. Hoffentlich hatte er mich heute nicht genauer angesehen. Denn ich fühlte mich um zehn Jahre älter. Meine Augen waren voll kleiner geplatzter Äderchen. Meine ohnehin nicht gerade unauffällige Nase leuchtete wie eine rote Ampel. Ich verbrauchte das halbe Fläschchen Make-up, um wieder halbwegs zivilisiert zu wirken.
    Als ich die Damentoilette verließ, blinzelte ich Che Guevara, dessen Konterfei nebenan an der Eingangstür der Herrentoilette hing, zu und murmelte: „Hasta la vista, compañero.“
    Kaum war ich zurück im Café, verging mir das Grinsen. Alle Tische und selbst die lange Theke waren voll besetzt. Die meist jungen Leute bestürmten uns mit ihren Bestellungen. Ich kam nicht mehr dazu, meinen Kollegen ausführlich von der Gasexplosion im Haus schräg gegenüber zu berichten.
    Plötzlich setzte sich Frau Bischof auf einen Barhocker an der Theke.
    „Ich verkehre normalerweise nicht hier“, sagte sie. Legte ihre rote Brille ab und musterte die jungen Gäste an den Tischen mit arrogantem Blick. „Wohin man auch schaut, Schwule, nichts als Schwule und Lesbenff Was ist bloß aus dem guten alten Margareten geworden.“
    „Ein Schwulenbezirk?“
    Sie überhörte meinen zynischen Unterton.
    „Sie sagen es! Dieses ganze Multi-Kulti-Getue führt doch zu nichts.“
    Sie sah mich wieder um Zustimmung heischend an. Ich reagierte nicht mehr.
    „Diese Moslems können mir genauso gestohlen bleiben“, meckerte sie weiter.
    „Was darf ich Ihnen bringen?“, fragte ich betont höflich.
    „Ein Achtel Weiß.“
    „Ich wollte mich eigentlich nur noch mal bei Ihnen bedanken“, sagte sie, als ich ihr das Glas Wein reichte. Es war nicht ihr erstes Achtel. Ich roch ihre Fahne.
    Dankesbezeugungen waren mir schwer unangenehm. Da ich nicht recht wusste, worüber ich mit ihr reden sollte, fragte ich: „Sie
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