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Zellen fahren gerne Fahrrad

Zellen fahren gerne Fahrrad

Titel: Zellen fahren gerne Fahrrad
Autoren: Martin Halle
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Vorwort
    W ir Ärzte streben in der Medizin stetig nach Heilung von Krankheiten und setzen auf immer neue Methoden der Therapie. Manchmal vergessen wir bei aller Innovation daran zu denken, dass neue Therapien heutzutage häufig nur noch marginale zusätzliche Effekte zeigen. So war der Fortschritt in der Herzmedizin in den zurückliegenden 40 Jahren so rasant, dass in naher Zukunft kaum noch vergleichbar bahnbrechende Erkenntnisse in der Therapie zu erwarten sind – zumindest nicht mit Effekten, wie sie die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung erhöhter Blutdruck- und Cholesterinwerte, die Herzkatheteruntersuchung mit Gefäßerweiterung oder auch Operationstechniken am Herzen gebracht haben.
    Eine ähnliche Entwicklung ist auch bei der Therapie von Krebserkrankungen zu beobachten. Trotz großer Innovation wird es noch lange dauern, bis Krebserkrankungen geheilt werden können. Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass in der Prävention, also in der Vorbeugung von Erkrankungen, die wirkliche Zukunft der Medizin liegt – sowohl für die Forschung, als auch für den Menschen. Doch gerade hier wird gespart: von Politik, Ärzteschaft und Krankenkassen. Ebenso werden große Teile der Bevölkerung unzureichend informiert oder sind nicht bereit, die eigene Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen und sich darum zu kümmern.

    Aus ökonomischer Sicht wird unser Gesundheitssystem bei einer immer älter werdenden Bevölkerung nur zu retten sein, wenn wir es schaffen, die individuelle Lebenskrankheitszeit und den Schweregrad unserer Erkrankungen möglichst kurz beziehungsweise gering zu halten und finanziell effektiv zu therapieren. Das Ziel muss sein: ein späterer Erkrankungsbeginn durch effektive Präventionsmaßnahmen und eine Minimierung der Krankheitszeit, in der eine kostenintensive medizinische Therapie inklusive Pflege notwendig wird.
    Auch Forschung nach noch besseren Therapien bei den großen Volkserkrankungen, wie sie derzeit fast ausschließlich durchgeführt und durch öffentliche
Forschungsmittel gefördert wird, ist zwar wichtig, aber auf lange Sicht für unser Gesundheitswesen nicht ausreichend.
    Darum sind wir Mediziner angehalten, der Prävention einen hohen Stellenwert in unserem Tun zu geben und diesen durch Engagement in der Forschung zu untermauern. Es wäre der Weg der Zukunftsmedizin im Sinne der Patienten.

    Deshalb soll dieses Buch in die wissenschaftlichen Hintergründe einführen, warum die Gefäße und ihre Funktion so entscheidend sind für das Altern und welche Mechanismen dieser Tatsache zugrunde liegen.
    Noch wichtiger! Es soll ein Leitfaden dafür sein, wie man diesem Gefäßalterungsprozess entkommen kann und wie spezifische präventive Maßnahmen – wie körperliches Training oder Ernährung – diese Prozesse nachhaltig günstig beeinflussen können.

    In meiner Ambulanz am Klinikum rechts der Isar, der Universitätsklink der Technischen Universität in München, sehe ich täglich Patientinnen und Patienten, die gerne ihr Leben ändern möchten, die bereit sind, ihre Lebensweise durch Ernährungsumstellung, mehr Bewegung und weniger Stress wieder ins Lot zu bringen. Es sind darunter viele Gesunde, die es bleiben wollen, außerdem Menschen mit Herz-Kreislauf-Risikofaktoren wie erhöhtem Blutdruck oder Diabetes und auch Herzerkrankte wie z. B. nach einem Infarkt, mit Herzrhythmusstörungen oder einer Herzmuskelschwäche.
    Im Rahmen des Arzt-Patienten-Gesprächs verwende ich gelegentlich ein Maßband. Es gehört zur Grundausstattung eines jeden Arztes, um den Bauchumfang des Patienten als Herz-Kreislauf-Risiko-Indikator zu messen. Ich führe meinem Patienten mein Anliegen damit plastisch vor Augen: 100 Zentimeter des Maßbands entsprechen dabei, bildlich gesehen, der maximalen Lebenserwartung des Menschen. Jeder Zentimeter steht für ein Lebensjahr.
    Nach einer Befragung des Patienten nach Raucherstatus, Gewicht und weiteren Gefäßrisikofaktoren wie Cholesterinwerten, Diabetes, erhöhtem Blutdruck und aussagekräftigen Größen wie Familienkrankengeschichte (Herzinfarkt der Eltern im Alter von unter 55 Jahren) kürze ich das Band für jeden vorliegenden Risikofaktor um jeweils 10 Zentimeter (eine Gewichtung der Risikofaktoren wäre noch besser, ist aber für die Praxis unerheblich). Bei einem 50-jährigen Raucher, der sich nicht viel bewegt, Übergewicht hat und an erhöhtem Blutdruck leidet, verkürzt sich das Maßband also um 40 Zentimeter (4 Risikofaktoren)
auf 60 Zentimeter
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