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Schnitzelfarce

Schnitzelfarce

Titel: Schnitzelfarce
Autoren: Gmeiner-Verlag
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bereits mehrere Möglichkeiten überlegt und
wieder verworfen.
    Auf der Fahrt hierher war ihm ein großes,
eingerüstetes Wohnhaus aufgefallen, an dessen Außenfront eine Art Röhre vom
vierten Stock hinab auf das Straßenniveau führte. Soviel er wusste, dienten
diese Vorrichtungen zum einfachen Abtransport von Bauschutt, wie er bei
Restaurierungen und Umbauten anfällt. Wenn er Dr. Suber nach oben dirigierte
und ihn die Tasche mit dem Geld über die Schuttrutsche hinunter schicken ließ?
Bis der Schwiegersohn des Kommerzialrats wieder herunten war, würde er mit der
Marie, also dem Zaster schon längst über alle Berge sein. Nicht schlecht, fand
der etwa 40-jährige Mann. Ausbaufähig, falls ihm nicht noch etwas Besseres
einfallen sollte.
    Wesentlich mehr beschäftige den Entführer aber die Frage, was er
mit der Leiche des Alten machen sollte. Bei dem Gedanken an die Situation
gestern Nachmittag schlug neuerlich eine riesige Woge des Selbstmitleids über
seinem Kopf zusammen.
    Er hatte sich seinem scheinbar schlafenden Opfer genähert, um
ihm einen Krug frischen Wassers hinzustellen. Plötzlich und völlig unvermutet
hatte sich der Kommerzialrat aufgerichtet, ihm die wollene Maske vom Gesicht
gerissen und geschrieen: »Ich kenne Sie doch, Sie Schwein. Ich werde Sie
lebenslang hinter Gitter bringen .« Dann war er ihm mit den mehrere Tage nicht manikürten und daher mit langen
Nägeln bestückten Fingern ins Gesicht gefahren.
    Unbewusst griff sich der Mann jetzt auf die
beiden tiefen, noch immer schmerzenden Kratzer auf der linken Wange. Dass er ihm
im Effekt zweimal mit dem schweren Glaskrug auf den Kopf geschlagen hatte, war
nur Notwehr gewesen. Es tat ihm auch Leid, dass er den alten Mann dabei
erschlagen hatte. Wirklich. Er hatte den Seniorchef vom ersten Tag an immer
geschätzt, ja sogar verehrt. Er war ja auch immer freundlich und fair zu ihm
gewesen. Bis zu dem Tag, an dem der Alte diesen verdammten Brief unterschrieben
hatte, der dem Entführer vor drei Tagen zugestellt worden war. Er war immerhin
schon seit zwölf Jahren in der Firma und hatte für eine Frau und zwei
halbwüchsige Kinder zu sorgen. Das kleine Haus in Aderklaa war noch lange nicht
abbezahlt, ja nicht einmal noch ganz fertig gestellt. Und die Schufte in der
Personalabteilung wussten das ganz genau.
    Dabei hatte er anfangs nicht die geringste Ahnung gehabt, um wen
es bei dem angeblichen ›Scherz‹ gehen sollte. »Es ged um a Oat scherzhafte
Rache aun an Gschäftsmau«, hatte ihm dieser Janos erzählt. »Du muasst den Mau
nur a boar Daug festhoadn, eam wos zum Papperln und zum Tschechan gem und hin
und wida aufs Häusl fian. Nocha loss man wida frei und des woas daun a scho .« Dafür sollte er 10 000 Euro bekommen.
    Als er dann erkennen hatte müssen, mit wem der ›Scherz‹
getrieben wurde, hatte er sich fast angemacht vor Schreck. Er hatte sich von
der Sache distanzieren, nicht weiter mitmachen wollen, aber da lag der alte
Filzmayer schon voll gepumpt mit Beruhigungsmitteln im Keller dieses Häuschens
auf dem Weg zum Steinriegl. Janos hatte nur gelacht, etwas von ›Mitgefangen,
mitgehangen‹ gefaselt und ihm 5 000 Euro als Anzahlung in die Hand gedrückt.
    Das viele Geld hatte die Reste an Skrupel und Verstand bei dem
Entführer mit einem Schlag weggefegt. Endlich würde er die jährliche
Klassenfahrt seines Sohnes selbst bezahlen können und nicht mehr auf die milden
Gaben des Elternvereins angewiesen sein. Seine Frau würde sich über eine neue
Waschmaschine freuen. Seit das mehr als zehn Jahre alte Vorgängermodell vor
fast drei Monaten endgültig den Geist aufgegeben hatte, musste Trude die
komplette Wäsche der vierköpfigen Familie waschen wie weiland Urgroßmuttern.
Und das neben ihrem Job im Supermarkt.
    Das Beste war aber, in einigen Tagen sollte es die gleiche
Portion noch einmal geben. So hatte er sich eben gefügt und auf den Alten Acht
gegeben. Trotz aller ambivalenten Gefühle hatte er sich sogar frei genommen, um
zumindest tagsüber für das Opfer da sein zu können. Nachts musste er es ohnehin
alleine lassen, sonst hätte seine Frau Verdacht geschöpft.
    Letzten Mittwochnachmittag, nach 12 Tagen sorgfältigen ›Opfersittings‹
hatte ihn Janos vom Flughafen angerufen. »Serwas«, hatte sich der Komplize
gemeldet. »Du kaunnst den Oidn murgn freilossn. Oba vursichtig, damid ea di net
sicht. Die Sache is gessn und i bin untawegs in die Domreb. Tschüß und
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