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Schneller als der Tod

Schneller als der Tod

Titel: Schneller als der Tod
Autoren: Josh Bazell
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aus oder bleiben oder beides.«
    »Sie haben es verdient, Bescheid zu wissen«, sagte Magdalena.
    »Das geht nicht, Baby«, sagte ich.
    »Nenn mich nicht Baby«, sagte sie. »Nenn mich niemals ein Baby. Da ist ein Münztelefon. Halt an.«
    Ich hielt an. Wenn sie mich verabscheute, tat sie es zu Recht, und dann brauchte ich mir über nichts anderes mehr Gedanken zu machen.
    Ich glaube aber, sie hat ihren Eltern doch die Wahrheit über Rovo verschwiegen. Denn sie weinte, als sie mit ihnen sprach, aber lautlos, mit heftig zuckender Brust.
    Was immer sie sagte, sie sagte es auf Rumänisch.
    Dafür bin ich ihr ewig dankbar.

    Als wir über die Grenze nach Illinois kamen, war es Abend. Weit oben über dem Highway fanden wir ein Restaurant in einer langen Reihe weit auseinanderliegender Motels. Es hieß
Somebody's
Pies
oder so. Ein Kettenrestaurant.
    Magdalena kam zum Bestellen mit rein, sie zitterte ununterbrochen. Es war dumm, dass wir uns zusammen zeigten, aber ich konnte sie nicht aus den Augen lassen. Ich fühlte mich entwurzelt, als gäbe es mich gar nicht.
    Was Skinflick über meine Großeltern gesagt hatte, stimmte. Ich wusste es. Es erklärte so vieles - warum sie anderen Juden all die Jahre aus dem Weg gegangen waren, das Schweigen über ihre Familien in der Zeit vor dem Krieg, die falschen Tätowierungen an den Unterarmen. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, oder von ihrem Versuch, als andere Menschen zu leben, ich wusste nur, dass meine einzige Verbindung zur Menschheit jetzt Magdalena war.
    An das Restaurant erinnere ich mich nicht weiter. Ich bin sicher, es war orange und braun, wie alle Highway-Restaurants. Wir aßen im Wagen. Dann schlief Magdalena auf der runtergeklappten Rückbank ein, und ich stahl mich raus, rief Sam Freed an und sagte ihm, wir wären bereit einzusteigen.
    »Das kann eine Weile dauern«, sagte er. »Ich weiß nicht, wen ich damit betrauen kann. Ich möchte nicht mehr telefonieren als nötig.« Er überlegte ein wenig. »Ich setze mich mit ein paar Leuten ins Flugzeug und komme selbst zu Ihnen. Dürfte höchstens sechs Stunden dauern.«

    Ich erwachte auf der Rückbank des Subaru, Magdalena lag zusammengerollt mit dem Rücken zu mir.
    Es war noch Nacht, aber der Schatten eines Kopfs war auf das beschlagene Heckfenster gehüpft, weil das Licht der Straßenlaterne hinter dem Restaurantparkplatz auf den fiel, der da stand.
    Auf dem Kopf saß keine Polizeimütze. Ich hörte keine Funksprüche und sah kein Taschenlampenlicht. Der Eigentümer des Kopfs bemühte sich, den Wagen möglichst leise zu umschleichen. Als der Schatten direkt vor der rechten hinteren Tür war, stieß ich die Tür auf, rammte sie dem Typ in den Magen und sprang ihn an.
    Ungefähr fünf Seitenschritte blieb er auf den Beinen, dann ging er zu Boden und ich war auf ihm. Sein Nylonmantel zischte auf dem Asphalt, als ich ihn hinter den Müllcontainer zerrte, aus dem Licht.
    Ich kannte ihn nicht. Er war Anfang zwanzig. Dünn, Brille, weiß. Ich knallte ihn mit dem Gesicht voran gegen die Seite des Containers.
    »FBI?«, sagte ich. Für einen Killer war er zu hampelig.
    »Nein, Mann! Ich dachte, das war mein Wagen!«
    »Lüg nicht!« Ich knallte ihn noch einmal gegen den Container.
    Er fing an zu heulen. »Ich dachte, ihr bumst da drin«, sagte er.
    »Was?«
    »Ich wollte zugucken!«
    Er schluchzte. Ich ging seine Taschen durch, aber außer einer Brieftasche mit Klettverschluss war nichts drin. Sein Führerschein war aus Indiana.
    Und sein Hosenschlitz stand offen.
    »Herrgott«, sagte ich.
    Ich beugte mich vor, um Magdalena zu sagen, dass alles in Ordnung war. Sie lag jetzt nicht mehr, sondern saß im Fond des Subaru.
    Dann wurde sie plötzlich von Scheinwerfern erfasst, und ich hörte Reifen quietschen.
    Die Fenster des Geländewagens müssen schon unten gewesen sein. Die Salve von MP- und Schrotflintenfeuer, die sie ausspien, hätte sonst nicht so schnell kommen können. Dann machte der Geländewagen einen Satz nach vorn und von mir weg, als hätte ich ihn mit den Händen beiseitegefegt. Ich hörte ihn mehrere Wagen hinter mir streifen, als er vom Parkplatz raste.
    Ich kam zu dem Subaru. Er sah aus, als hätte jemand draufgetreten, die ganze Seite war von Schüssen zerdellt. In der Luft hing Glasstaub und der Geruch nach Kordit und Blut.
    Die Tür fiel mir entgegen. Magdalenas Kopf hing schlaff herunter, als ich sie rauszog und mit ihr zu Boden ging.
    Ihr rechte Wange war eingedrückt, zerschmettert wie die Seite
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