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Film ab im Internat

Film ab im Internat

Titel: Film ab im Internat
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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„Hilfe! Hat zufällig jemand meine Gummibärchen gesehen?“ Carlotta steht vor ihrem überquellenden Schreibtisch und schiebt Bücher und Schulhefte hin und her. Sie rauft sich die Haare. „Ich bin ganz sicher, dass ich noch eine Tüte hatte!“
    „Mach dich locker und jaul nicht rum“, empfiehlt Manu, die bäuchlings auf ihrem Bett liegt und mit zwei Fingern auf die Tastatur ihres Laptops einhackt. „Soll ich dir welche bestellen? Ich bin gerade bei Candyheart . Meine Schokolade ist alle.“
    „Seit wann bestellst du deine Süßigkeiten im Internet?“, fragt Carlotta verwundert.
    „Seit ich es geschafft habe, meinen Laptop ins Schloss zu schmuggeln“, grinst Manu. Eigentlich heißt sie Manuela, aber sie kann ihrem Namen nicht allzu viel abgewinnen. Ihre wilden roten Locken kringeln sich vor Vergnügen.
    „Wenn die Eselbein dich erwischt … oh, là, là!“ Sofie, die dritte Bewohnerin von Zimmer 128, zieht eine Augenbraue hoch. „Du weißt genau, dass wir in der Unterstufe noch keinen eigenen Computer von zu Hause mitbringen dürfen, non?“
    „Yepp“, macht Manu und hackt ungerührt weiter. Was Frau Heselein – Unterstufenlehrerin, Hausmutter und von ihren Schülern liebevoll Frau Eselbein genannt – zu dem geschmuggelten Laptop sagen könnte, ist ihr schnurzegal. Genau wie der Rest der Haus- und Schulordnung, mit der sie regelmäßig in Konflikt gerät – selbstverständlich vollkommen unschuldig, wie sie stets betont.
    Carlotta setzt ihre Suche fort und reißt alle Schubladen ihres Schreibtischs nacheinander auf. Fotos, Zettel, Lesezeichen, Briefumschläge, Zopfgummis, Haarspangen und anderer Krimskrams quellen ihr entgegen, aber es gibt nicht die Spur eines Gummibärchens. Es ist zum Wimmern!
    „Dass in unseren Zimmern PCs verboten sind, ist sowieso der größte Schwachsinn des Jahrhunderts“, grummelt Manu. „Wir gehen in die Siebte, und jede von uns hat einen eigenen Computer zu Hause. Dass wir hier immer noch wie Babys behandelt werden, ist so was von gestern! Außerdem verstößt es gegen das Grundgesetz. Von den Menschenrechten ganz zu schweigen.“
    „Wie bitte?“ Carlotta blickt auf und lacht.
    „Auch dreizehnjährige Internatszöglinge haben ein Recht auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit, auf Freiheit, Eigentum und ungebremsten Zugang zur virtuellen Welt“, entgegnet Manu energisch. „Zumal unsere Eltern jedes Jahr einen fünfstelligen Betrag in uns und unsere gehobene Bildung investieren.“
    Sofie zieht die Stirn kraus. „Was willst du machen? Streiken vielleicht?“
    „Warum nicht?“, meint Manu.
    „Dazu bist du viel zu faul! Außerdem dürfen wir die Computer in der Bibliothek benutzen und jederzeit im Computerraum arbeiten.“ Sofie winkt ab und widmet sich wieder ihrer Hausarbeit über bedeutende Komponisten des 19. Jahrhunderts. „Pas de problème“, murmelt sie noch.
    „Ich will aber nicht arbeiten, sondern freizeitmäßig surfen“, kontert Manu.
    „Ich hab sie! Juhu!“ Carlotta drückt eine zerknitterte Tüte Gummibärchen an ihre Brust. „Sie waren noch in dem Paket, das Katie mir vorgestern geschickt hat.“
    „Ist ja super“, meint Manu. „Damit wäre der Weltfrieden also mal wieder gerettet. Wie außerordentlich beruhigend!“
    Carlotta achtet nicht auf sie und reißt die Naschtüte auf. Sie fischt ein paar weiße Bärchen heraus – die mag sie am liebsten – und lässt die Tüte anschließend herumgehen. Seit Manu ihr Interesse an der Politik entdeckt hat, verliert sie ab und zu ihren Blutzuckerspiegel aus den Augen. Ein paar süße Gummitiere können ihn bestimmt wieder ins Lot bringen. Gut, dass es im Internet Nachschub gibt.
    Die drei Freundinnen haben sich für die Stillarbeit am Nachmittag in ihr Zimmer verzogen. Der für das Internat Prinzensee übliche Lärm- und Geräuschpegel ist deutlich reduziert. Nur ab und zu hört man das Schlagen einer Tür und gedämpfte Schritte auf dem Flur.
    „Hey, dasch isch ja cool!“, mümmelt Manu plötzlich. Sie hat sich gleich eine ganze Handvoll Gummibärchen zwischen die Zähne geschoben und kaut mit vollem Mund.
    „Was denn?“, erkundigt sich Carlotta, die ein Eckchen ihres Schreibtischs frei geräumt hat und Aufnahmen für ihre AG ,Film, Fotografie und digitale Bildbearbeitung‘ sortiert.
    „Kennt ihr die Fernsehserie ,Drei Mäuse für Bella‘?“ Manu hievt sich ächzend in den Schneidersitz, bevor sie ihren Laptop so herumschwenkt, dass Carlotta und Sofie den Bildschirm sehen können.
    Vor dem
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