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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung
Autoren: Louis Begley
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Einladen! Ich weiß doch überhaupt nicht, wie man so was macht! Wie ist sein Haus eigentlich?
    Es ist in Water Mill. Direkt am Strand, sehr modern und, wenn du mich fragst, zu groß und ziemlich albern. Ich kannte die beiden Alten, die es gebaut haben. Ehe sie senil wurden, bin ich oft bei ihnen gewesen. Jetzt sind sie tot.
    Okay. Wir gehen. Aber du mußt mir sagen, was ich anziehen soll.
    Schmidt wählte die Nummer. Eine Männerstimme mit erkennbar mediterranem Akzent teilte ihm mit, daß er mit dem Anschluß von Michael Mansour verbunden sei.
    Würden Sie bitte Mr. Mansour ausrichten, daß Mr. Schmidt und Miss Gorchuck – er hatte immer noch Mühe, das Kichern zu unterdrücken, wenn er ihren Namen buchstabierte, was meist nötig war – gern am Samstag zum Lunch kommen?
    Irgend jemand, vielleicht Mr. Mansours umsichtige Sekretärin, hatte den Mann vorbereitet. Ohne eine Spur von Lachen oder Überraschung zu zeigen, antwortete die Stimme: Ich werde Mr. Mansour unterrichten, und beendete das Gespräch.
    Auch Carrie redete nicht weiter. Sie brauchte kaum Zeit, sich anzuziehen, denn unter ihren Bluejeans und dem T-Shirt trug sie nichts, und ihre Haare kämmte sie nur mit den Fingern. Ah, »Der kühne Schwung, allerwege frei«! Sie lief die Treppen hinunter, nahm zwei Stufen auf einmal, deutete einen schmatzenden Kuß in Schmidts Richtung an und war schon aus der Tür. Filmseminar. Sie hatte sich für ein spezielles Sommerprogramm eingeschrieben.
    Der Kurs, den sie besuchte, war ein Workshop. Sie würde erst im Lauf des Nachmittags wiederkommen.
    Jede mögliche Veränderung in Schmidts eingespieltem Alltag türmte sich vor ihm auf wie ein Berg, den er zunächst nicht erklettern wollte, auch wenn die Mühe Verbesserungen zur Folge haben konnte, zum Beispiel mehr Komfort und Effizienz oder höhere Erträge für sein Geld. Das galt besonders, wenn er sich von einem Angestellten hatte trennen oder einen kleinen Händler enttäuschen müssen. So hatte er die polnische Brigade der redseligen, zutraulichen und fetten Raumpflegerinnen nicht entlassen, die jeden Mittwochmorgen in greller Freizeitkleidung, offenbar farblich auf den Lack ihrer benzinfressenden Autos abgestimmt, erschienen – als freundlicher Tornado, der dann zwei Stunden lang durchs Haus fegte, Staub aufwirbelte, aber sonst wenig mit Reinigung zu tun hatte – und in der Zeit zwischen Marys Tod und Carries Erscheinen sein Hauptkontakt mit der Außenwelt gewesen waren. Auch sein Obst und Gemüse kaufte Schmidt weiterhin bei dem Händler, dessen Kunde er »schon immer« gewesen war; die Taschenlampenbatterien, Nägel, Schrauben und kleineren Haushaltsgeräte immer noch in der Eisenwarenhandlung in der Main Street und den hochprozentigen Alkohol und Wein wie früher im Laden eines nicht mehr ganz jungen Mannes, dessen Eltern ehedem – vor ihrem Ruhestand in Florida – die besten Lebensmittel und das beste Fleisch in der Stadt geliefert hatten. Schmidt interessierte es nicht, daß die meisten Leute mit ständigem Wohnsitz in den Hamptons lieber die etwas frischeren Produkte von einem Stand an der Straße kauften, wo das lebende Abbild einer Fra-Angelico-Madonna, in T-Shirt mit aufgedrucktem »Hi!«, Jeansrock und schmuddeligen Turnschuhen, die Tomaten und die neuen Kartoffeln abwog und freundlich lächelndhinter sauber aufgeschichteten Pyramiden von Melonen und dergleichen Früchten stand, die ihr Freund, ein dem Fitneßwahn verfallener junger Mann mit tiefen Ringen unter den Augen und eingefallenen Wangen, auf dem Feld neben dem Stand anbaute. Undenkbar, daß Schmidt einen Staubsauger oder eine Flasche Bourbon im Einkaufszentrum außerhalb von Bridgehampton kaufte; eher würde er an einem Samstagmorgengottesdienst in der Synagoge von Sag Harbor teilnehmen. Die Beispiele für diese Sturheit im Kleinen häuften sich. Als er den Frühstückstisch abräumte, eine Arbeit, die er durchaus nicht unangenehm, aber zeitraubend fand, sann er darüber nach, wie vorteilhaft es wäre, eine Wirtschafterin oder irgendwelche anderen Hausangestellten zu beschäftigen – das Wort »Dienstboten« war inzwischen so nachdrücklich aus der Sprache verbannt, daß sogar Schmidt sich dem Bann beugte –, Hilfskräfte, die ihm das Geschirrspülen und andere Arbeiten abnehmen würden, sogar das Bettenmachen und Badaufräumen, wenn Carrie so wie heute morgen alles stehen und liegen ließ und aus dem Haus stürzte; auch einkaufen, Tisch decken und vielleicht sogar kochen sollten sie! Er
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