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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung
Autoren: Louis Begley
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erwiderte, das sei doch Unsinn, schließlich lebten sie im selben Haus und äßen dieselben Mahlzeiten wie ein Ehepaar. Daß er ihr die Möglichkeit gebe, die Privilegien zu genießen, die seiner Frau selbstverständlich zustünden, sei doch wohl das mindeste. Darauf schüttelte sie den Kopf und sagte: Ich bin nicht deine Frau. Charlotte und dein Schwiegersohn werden sagen, daß sie mich von Anfang an durchschaut haben. Ich wäre hinter deinem Geld her!
    Am Ende einer dieser öden Auseinandersetzungen kam ihm die Erleuchtung. Er würde sie mit einem besonderen Geschenk an die Angel locken – einem schnuckeligen BMW Cabrio, dem für sie coolsten Auto der Welt. Der Autoverkäufer lieferte es persönlich zur Mittagszeit vor dem Haus ab und ließ, wie besprochen, die Schlüssel auf dem Sitz liegen. Sobald sie mit dem Essen fertig waren, sagte Schmidt: Sieh mal nach, in der Einfahrt ist etwas, das ich dir gern zeigen möchte.
    Zuerst stand sie einfach nur da und starrte das kleine Auto tiefernst an. Erst als er zweimal wiederholte, na los, es ist deins, sah sie ihn endlich, wie um Erlaubnis bittend, an, öffnete zögernd die Fahrertür, schob sich ganz behutsam hinein, als könnte das Chassis bei der kleinsten falschen Bewegung zerbrechen, und strich mit den Händen über das Steuerrad, das glänzende Armaturenbrett, das schwarze Leder.
    Möchtest du nicht eine Proberunde fahren? fragte er sie. Kaffee trinken wir, wenn du wiederkommst.
    Aber sie stieg wieder aus. Als sie ihn wieder und wieder geküßt hatte, auf Zehenspitzen, die Arme um seinen Hals, flüsterte sie, O Schmidtie, es ist so kraß, ich kann einfach nicht nein zu diesem Wagen sagen. Fahr mit. Komm, wir führen das Baby spazieren.
    Sie klappte das Verdeck auf. Irgendwo auf einem leeren Stück der Route 114, zwischen Sag Harbor und East Hampton, hinter der Straße nach Cedar Point, machte sie ein Gesicht wie ein Kind vor dem Weihnachtsbaum im Rockefeller Center und trat das Gaspedal ganz durch. Der Wagen schoß vorwärts. Schmidt wartete, bis die Tachonadel wieder auf neunzig gefallen war, und rückte dann mit seinem Vorschlag heraus: Hättest du nicht Lust, immer mit diesem Auto zum Southampton College und zurück zu fahren? Mich würdest du damit sehr glücklich machen. Ich möchte eine College-Studentin im Haus haben. So könnten wir weiter hier wohnen. Die Psychologiekurse sollen ziemlich gut sein. Du könntest im Hauptfach Psychologie studieren und das Diplom bekommen, das du brauchst, wenn du Sozialarbeiterin werden willst – falls du das noch interessant findest. Kurse für Schauspiel und kreatives Schreiben bieten sie auch an. Wie wär’s damit?
    Sie schnitt eine Grimasse, er hielt den Atem an. Langsam wurde aus der Grimasse ein Lächeln, und sie sagte:
    Hey, dann hättest du ’ne WG mit ’ner Studentin! Hört sich gut an. Besser als ’ne Kellnerin ficken, oder? Mist, Schmidtie! Klar, daß du mich ausgerechnet jetzt fragen mußt. Da kann ich doch nicht nein sagen, oder?
    Eine fabelhafte Idee, weil sie aufgegangen war. Carrie ging gern aufs College, ließ sich sogar bei ihren Hausarbeiten von ihm helfen. Eine Einladung von Mr. Mansour war allerdings nicht die denkbar günstigste romantische Ausgangslage zur Erneuerung seines Antrags. Trotzdem konnte er es nicht lassen, wieder damit anzufangen.
    Carrie, mein Liebes, sagte er und schluckte den letzten Bissen seines Croissants herunter. Ich habe dich gerade wieder gefragt, ob du mich heiraten willst. Willst du gar nichts dazu sagen?
    Doch, schon. Vielen Dank, Schmidtie, aber gib’s auf, bitte. Wir sind doch ganz okay. Nichts hat sich geändert. Du bist zu alt. Ich bin zu jung. Charlotte würde wegen uns einen Herzanfall kriegen. Deine Freunde würden ausflippen.
    Die Blackmans finden dich wunderbar, wagte Schmidt einzuwenden. Und sie sind praktisch meine einzigen Freunde.
    Das stimmte. Alle anderen hatten ihn fallengelassen, nachdem Mary tot war, oder er hatte die Verbindung abgebrochen.
    Keine Antwort.
    Aber was machen wir nun mit dem werten Mr. Mansour? Soll ich zusagen?
    Es war ein Fehler gewesen, Carrie zu erzählen, daß Mansour sehr reich sei. Das hatte sie nur eingeschüchtert, nicht neugierig gemacht. Vielleicht war es weniger beängstigend für sie, diesem Menschen auf vertrautem Boden zubegegnen. Deshalb fragte er sie: Möchtest du ihn lieber zum Dinner hierher einladen? Oder zum Lunch, wenn du deinen kursfreien Tag hast?
    Schmidtie, was ist los mit dir? Hast du nicht alle Latten am Zaun?
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