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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung
Autoren: Louis Begley
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einen Bodensatz aus Salz und Pfeffer, man braucht nur zu schütteln und die Mischung über die Tomaten oder den Blattsalat und die Ruccola zu gießen, die ebenfalls für einen Dollar pro Blatt in kleinen Säckchen erhältlich sind; vorgebräunte Würstchen, die man zum Essen nur aufwärmen muß (vorausgesetzt, es finden sich zwei Hände, die sie in eine Bratpfanne legen und auf den Herd setzen; wenn nicht, auch kein Problem, serviert man sie einfach »bei Raumtemperatur«); Mineralwasser und Fruchtsaft in Piccolo-Flaschen; man kann sie im Geschäft oder im Range Rover beim Warten trinken. Bündelweise Hundertdollarnoten. Geben Sie mir drei Pfund hiervon, geben Sie einen Liter davon. Man schleudert den immerzu höflichen jungen Männern und Frauen Kommandos über den Ladentisch ins Gesicht, als sei die Befehlsform die einzige Möglichkeit der Anrede. Die jungen Leute notieren alles gewissenhaft. Ein hagerer alter Kauz mit schmalem Mund und blauen Augen, die bessere Tage gesehen haben – er könnte Schmidtie sein –, nimmt zaghaft zwei Croissants aus dem Korb. Er zögert. Der Kauf ist zu kümmerlich. Ob er die Ware einfach in die Tasche seiner Baumwolljacke stopfen und hinausgehen soll, statt die Verkäufer mit einer Transaktion von vier Dollar zu belästigen? Unfug, er wird keinen Ladendiebstahl begehen, sondern Achtung zeigen. Eine der knochigen Frauen zieht ihn zurück in die Warteschlange. Er legt die Croissants auf den Ladentisch, bittet um einen frischen Ziegenkäse aus Vermont und, des Geschmacks und des hohen Preises wegen, um ein Stück englischen Blauschimmelkäse.
    Aber Schmidt schreibt seine Version von Ali Babas Höhle nicht auf und erzählt auch seinem Freund Gil nichts davon. Denn dessen Bulligkeit ist nur Bluff, in Wahrheit ist Mr. Blackman sehr sensibel. Schmidt fürchtet, seine Sicht der allmorgendlichen Prozedur, an der sie beide so regelmäßig teilnehmen, könnte Gil verletzen.
    Wieder in der eigenen Küche, beim Frühstück mit Carrie. Ihre Gegenwart ist ein Wunder. Ihr Anbeter Schmidt weiß, daß sie nackt ist unter dem hinreißenden Männermorgenmantel aus rubinroter Seide, den ein von Schmidts Vater hochgeschätzter Hemdenmacher an der Place Vendôme für sie maßgeschneidert hat. Schmidt hatte ihr in den Frühjahrsferien in Paris Maß nehmen lassen. Alle Schätze ihres blaßbraunen, siegesgewissen Körpers hat er mit Augen, Mund und Händen erkundet, keiner ist ihm verborgen geblieben. Ihre Stimme, heiser und müde und doch zärtlich wie die einer Mutter, wenn sie ein Kind in den Schlaf summt und wiegt, diese Stimme besetzt sein Gedächtnis. Wenn der Jazz-Sender, den er in seinem Autoradio hört, einen Song von Billie Holiday spielt, ist Carrie so vollkommen präsent, daß ihm das Blut in den Kopfsteigt. Kühlen Verstand bewahren, das vor allem. Aber nachdem er sie auf beide Wangen geküßt hat, stiehlt sich seine Hand irgendwie unter die Seide, berührt die Unterseiten und dann die Spitzen ihrer Brüste, die sofort hart werden. Die Hand will weiter nach unten gleiten, Carries flachen Bauch suchen. Aber Schmidt hält sie zurück; er hat seine Bestätigung schon. Wenn Carrie noch weiß, wie es letzte Nacht im Bett lief, hat sie ihm verziehen. Oder sie hat es schon vergessen – sie war längst vor ihm eingeschlafen.
    Hey, Schmidtie, eine Frau hat angerufen. Sie ist Mr. Mansours Sekretärin, hat sie gesagt, und sie wollte wissen, ob wir ein Fax haben. Sie möchte eine Wegbeschreibung schicken, wie man zu seinem Haus kommt. Du rufst zurück, habe ich gesagt. Wer ist Mr. Mansour?
    Ein steinreicher Mann, ein Freund von Gil. Du hast ihn bei Blackmans gesehen. Glatze, eher klein und braungebrannt. Ein ägyptischer Jude, glaube ich. Könnte aber auch Marokkaner sein.
    Ja, den habe ich gesehen. Der fast die ganze Zeit neben Gil stand? Der Typ, der alle Mädchen mit den Augen auszieht?
    Genau – und besonders dich. Er hat gleich heute morgen angerufen und uns zum Lunch am Samstag eingeladen. Ich sagte, ich würde dich fragen, ob du hingehen möchtest. Er ist frisch geschieden. Er wird sein neues Gesellschaftsleben mit ein paar neuen Gesichtern anreichern wollen; und vielleicht gehört diese Einladung dazu. Er hat so viel Geld, daß er sich Gäste beim Partyservice bestellen kann.
    Er denkt, wir sind verheiratet?
    Das dachte er. Ich habe ihm erklärt, daß es nicht so ist.
    Und er möchte uns immer noch beide? Mr. Schmidt und seine puertoricanische Freundin?
    Natürlich. Den öden Mr. Schmidt will er
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