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Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)

Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)

Titel: Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)
Autoren: Andrew Grey
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Kapitel 1

    D AS Pferd wiegte sich sanft unter ihm, und Dakota konnte spüren, wie seine Anspannung und der Druck mit jedem Schritt des Braunen mehr von ihm abfielen.
    „Also, wie war dein erstes Jahr als Medizinstudent? Und erzähl‘ mir jetzt bloß nicht denselben Unsinn, den du immer in deinen Briefen schreibst, nur damit ich mir keine Sorgen mache.“
    Dakota konnte nicht anders und lächelte seinen Vater an, der aufrecht im Sattel seiner grauen Stute saß. Seit Jahren versuchte er schon, ihn dazu zu bringen, ein anderes Pferd zu reiten. Doch Sadie war sein Liebling. Die beiden kannten sich so gut, dass es schon fast unheimlich war.
    Dakota atmete tief durch, und ihm wurde noch ein wenig leichter ums Herz. „Es war viel anstrengender, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Vorlesungen, der Unterricht am Krankenbett, mündliche und schriftliche Prüfungen ...“ Bei dem Gedanken an die langen Arbeitstage und die anspruchsvollen Professoren musste er doch tatsächlich lächeln.
    „Du hast es geliebt, oder mein Sohn?“
    In der Stimme seines Vaters lag definitiv Stolz. Doch das war nicht ungewöhnlich. Jefferson Holden hatte noch nie ein Hehl daraus gemacht, wie stolz er auf Dakota war. Der Mann war nicht nur sein Vater – er war sein bester Freund. Sie hatten keine Geheimnisse voreinander und teilten alles. Na ja, fast alles.
    „Das habe ich, Dad. Es ist das, was ich wirklich tun möchte.“ Sie ritten über weites, offenes Gebiet, und Dakota genoss den Ausblick über die sanften Hügel bis hin zu den schroffen Bergen in der Ferne. „Aber hierher zurückzukommen, das ist…“ Er wusste nicht, wie er seine Gefühle in Worte fassen sollte, doch sein Vater sah ihn an und nickte. Der Ausdruck auf seinem Gesicht sagte ihm, dass er verstand und Worte nicht nötig waren. Jefferson Holden lag das Land im Blut. Er lebte und atmete jedes bisschen davon. Dakota hatte nicht geahnt, wie sehr es auch ihm im Blut lag, oder wie sehr er es in der Ferne vermissen würde. „Ich dachte, wir könnten doch zum Fluss reiten“ Ehe er den Blick wieder nach vorne richtete, sah Dakota das Aufblitzen in den Augen seines Vaters.
    „Wusste ich’s doch. Als du noch klein warst, dachte ich, ich müsste dich an die Veranda ketten, um dich vom Wasser fernzuhalten.“ Das vertraute, kräftige Lachen wurde vom Wind zu ihm geweht. „Komm schon. Lass mal sehen, was du so drauf hast.“ Jefferson trieb sein Pferd in den Galopp und zog davon, Dakota war direkt hinter ihm.

    „K OMM schon, Roman, wir lassen uns doch nicht von den beiden Alten da abhängen.“ Leicht trat Dakota seinem Pferd in die Seiten und zog davon. Er galoppierte über die Wiese, die Hufe donnerten über den Boden, sein Atem stieg wie eine Dampfwolke in der klaren Morgenluft auf. Dakota spürte die Kraft des Tieres unter sich; so wie Roman, sprühte auch er vor Lebensfreude. Monatelang war er in Vorlesungsräumen und Krankenhäusern eingesperrt gewesen. Der Duft des Hochlands, nach Erde und einem Hauch von Wasser, drang in seine Seele und erweckte zu neuem Leben, was die Stadt hatte ersterben lassen. „Ich bin direkt hinter dir, alter Mann“, rief er, als er seinem Vater näher kam. Dakota überholte und zügelte dann sein Pferd, als das Laubwerk in der Nähe des Wassers in Sichtweite kam.
    Sein Vater hielt direkt neben ihm. Zusammen ritten sie ans Flussufer, bevor sie abstiegen und ihre Pferde im flachen Wasser an der Flussbiegung trinken ließen. Dakota blickte zum anderen Ufer hinüber. Das Seil hing immer noch von dem alten Ast herab. Immer noch konnte er die Schreie und das Gekreische seiner Freunde hören, wie sie daran hin und her schwangen, bevor sie sich in das eiskalte Wasser fallengelassen haben ließen. „Das Gute daran war ...“, holte ihn die Stimme seines Vaters aus seinen Erinnerungen, „ich wusste immer, wo ich dich finden konnte.“ Dakota spürte eine Hand auf seiner Schulter. „Wenn ich dich gelassen hätte, wärst du auch im tiefsten Winter schwimmen gegangen.“
    „Heute nicht mehr.“ Dakota konnte nicht anders und lächelte. Als Kind war ihm das Wasser nie zu kalt gewesen, aber heute wäre wahrscheinlich das Gegenteil der Fall.
    „Das glaub’ ich dir.“ In angenehmer Stille standen sie zusammen und beobachteten gemeinsam die dunklen Flecken auf den Weiden am anderen Ufer. Das Herzblut der Ranch, ihre Rinderherde, bewegte sich dort gemächlich voran, während die mächtigen Tiere nach Futter suchten.
    „Es ist merkwürdig, Dad. Bevor ich
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