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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung
Autoren: Louis Begley
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gediehen und blühten üppig. Der Gärtner Bogard paßte auf, daß keine Wespennester entstanden. Bis jetzt hatten sie Glück gehabt: Weder Wespen noch Bienen waren zu Besuch gekommen. Schmidt prüfte mit der Hand die Wassertemperatur. Für ihn gerade richtig, aber für Carrie eher zu kalt. Es war Juli, ein schöner, aber kühler Juli. Widerstrebend – teils weil er die Bemerkung eines Verlegerfreundes von Mary nicht vergessen konnte, der gesagt hatte, den Pool einen Morgen lang zu heizen koste so viel wie die teuersten Plätze in der Oper, teils auch, weil er selbst kaltes Wasser schätzte und nichts dagegen hatte, wenn alle anderen außer Carrie draußen blieben, und schließlich, weil er den Lärm haßte – schaltete Schmidt die Heizung an, zog sich in der Umkleidekabine seitlich am Poolhouse aus, tauchte ins Wasser und fing an, seine Bahnen zu schwimmen. Er zählte sie schon lange nicht mehr. Wenn er sich auf das Mitzählen konzentrieren mußte, konnte er an nichts anderes mehr denken. Statt dessen richtete er sich nach der Uhr an der Backsteinmauer. Er hatte sich vorgenommen, jeden Tag eine halbe Stunde lang schnell zu schwimmen, es sei denn, der Regen fiel so heftig, daß es absurd war, ins Wasser zu gehen, oder er hörte es in unmittelbarer Nähe donnern.
    Wirklich schade, daß Gil und Elaine Blackman die einzigen waren, die man einladen konnte, wenn man Lust auf Gesellschaft hatte, und für Schmidts und Elaines Geschmack gab sich Gil manchmal allzu vertraut mit Carrie. In alten Zeiten hatte Schmidt Marys Verleger- und Schriftstellermilieu sehr geschätzt, er war sogar stolz darauf gewesen. Auf jeden Fall war es ihm lieber gewesen als die genauso geschlossene Welt der Wallstreet-Anwälte; aber in Bridgehampton und Umgebung kannte er außer den ewigen Blackmans so gut wie niemanden. Lange vor Carries Zeit hatten ihm Marys Freunde das Gefühl gegeben, es sei allein dem Ansehen und der Beliebtheit seiner Frau zu verdanken, daß er als meist schweigender Gast mit eingeladen worden sei, ohne Mary aber hätten sie keine Verwendung mehr für ihn. Die meisten Anwälte, die er kannte, praktizierten als Sozii in führenden New Yorker Kanzleien, die seiner alten Firma vergleichbar waren, eine Handvoll lehrte Rechtswissenschaften an der Columbia oder New York University, und eine noch kleinere Gruppe, ein paar Studienfreunde und ein ehemaliger Sozius aus seiner Kanzlei, war Bundesrichter geworden. Die Verbindung zu ihnen hatte er nicht aufrechterhalten. Und die Ehefrauen, diese öden Ehefrauen! Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, jenen alternden Schönheiten mit dem Kapital an Selbstbewußtsein und heiterer Gelassenheit, das sie in der Jugend durch das Glück ihres sehr guten Aussehens gewonnen und nie aufgezehrt hatten, konnte man von den Gattinnen nur ein Gutes behaupten: Sie waren Frauen. Und Frauen zog Schmidt ganz entschieden Männern vor.
    Hatte er denn ehemalige Kollegen, aktive und pensionierte Sozii von Wood & King, die ihn mochten und mit denen er wieder Verbindung aufnehmen konnte? Er meinte, alles in allem seien sie ihm gegenüber freundlich und wohlwollend. Abgesehen natürlich von Charlottes Ehemann, Jon Riker. Wenn dieser Kerl Zugang zu einem Wunderwerk hätte und nur auf einen Knopf zu drücken hätte, um seinem Schwiegervater im eigenen Schwimmbecken einen tödlichen elektrischen Schlag zu versetzen, dann könnte ihn keine Macht der Welt, nicht einmal der oberste Chef der Kanzlei, davon abhalten, mit seinen dicken fetten Fingern auf den Knopf zu drücken. In Wirklichkeit stimmte das natürlich nicht. Seine alten juristischen Kollegen verbrachten ihre Ferien oder Wochenendennicht in seiner Gegend, und als Schmidt Carrie vorschlug, zusammen mit ihm eine Wohnung in New York zu nehmen, war sie nicht interessiert; das überraschte ihn zuerst, aber dann dämmerte ihm, daß sie keinen Wert darauf legte, in nächster Nähe zu Brooklyn und ihren Eltern zu wohnen. Und wenn sie nun nach New York zögen, wie sollte er ihr Leben als Paar in Gang bringen? Mit einer Runde Cocktails, kleinen Abendessen und Theaterbesuchen? Mit seinen Sozii hatte er sich normalerweise zu Arbeitsessen verabredet. Die Ehefrauen sah er nur zweimal im Jahr, bei den großen Abendeinladungen der Kanzlei für die Gesellschafter und deren Begleitung – seit auch Frauen in die Sozietät aufgenommen wurden, waren die Begleitpersonen nicht mehr notwendigerweise Ehefrauen – und auf den Betriebsausflügen für alle Anwälte und deren Konkubinen
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