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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende
Autoren: Val McDermid
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nicht zur Rechenschaft gezogen wird, will ich kein Cop mehr sein. Leute wie Vance sind wandelnde, gemeingefährliche Waffen. Wenn wir die nicht unschädlich machen können, sind wir nicht mehr als überbezahlte Politessen.«
    »Und wenn wir es können?«
    Sie zuckte die Achseln. »Dann kommen wir wenigstens unserer Verpflichtung denjenigen gegenüber nach, die wir verloren haben.«
    Sie nippten schweigend an ihrem Kaffee. Bis die Tür aufging und Phil Marshall, der Superintendent der zuständigen Division, den Kopf hereinstreckte. »Dr. Hill? Könnte ich Sie einen Augenblick sprechen?«
    »Kommen Sie rein«, sagte Carol, »wir haben keine Geheimnisse.«
    Marshall schloß die Tür hinter sich. »Vance möchte mit Ihnen sprechen. Unter vier Augen. Aber er hat nichts dagegen, daß wir das Gespräch auf Band aufnehmen.«
    »Was ist mit seinem Anwalt?« fragte Carol.
    »Er will lediglich mit Dr. Hill sprechen.« Der Superintendent sah Tony fragend an. »Sind Sie bereit, mit ihm zu reden?«
    »Wir haben ja nichts zu verlieren, oder?«
    Marshall zuckte zusammen. »Wie ich das sehe, haben wir viel zu verlieren. Offen gesagt, ich sehe keine Möglichkeit, einen Haftbefehl zu erwirken, solange ich mich nur auf Ihre Analyse stützen kann. So wie die Dinge liegen, muß ich ihn nach vierundzwanzig Stunden freilassen.«
    Tony zog das Notizbuch aus der Tasche, riß ein Blatt heraus, kritzelte einen Namen und eine Nummer darauf und gab es Carol. »Ruf dort an und erklär ihr, worum’s geht. Willst du das tun?«
    Carol ahnte, was Tony vorhatte. »Natürlich.«
    Tony folgte Marshall den Flur hinunter. Marshall blieb vor einem Vernehmungszimmer stehen, öffnete die Tür und nickte dem uniformierten Officer zu. Als der Uniformierte den Raum verlassen hatte, trat Tony ein und starrte seinen Widersacher an. Weder Vance’ arrogantes Gehabe noch sein öliger Charme schienen unter der Festnahme gelitten zu haben. »Dr. Hill«, begrüßte er Tony in liebenswürdigem Ton. »Ich würde gern behaupten, daß es mir ein Vergnügen ist, aber ich glaube nicht, daß Sie mir das abkaufen. Dafür haben Sie sich viel zu sehr in Ihre hirnverbrannten Anschuldigungen verrannt.«
    »Ich weise nochmals darauf hin, daß wir dieses Gespräch aufzeichnen«, unterbrach ihn Marshall. »Und nun lasse ich Sie allein.«
    Vance deutete einladend auf einen Stuhl, aber Tony schüttelte den Kopf, lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme. »Was wollen Sie? Sich irgendwas von der Seele reden?«
    »Dann hätte ich einen Priester rufen lassen. Nein, ich wollte Ihnen mitteilen, daß ich Sie und DCI Jordan wegen Verleumdung verklagen werde, sobald ich hier raus bin.«
    Tony lachte. »Bei uns ist nichts zu holen, wir verdienen zusammen nicht mal einen Bruchteil von dem, was Sie jährlich einstreichen. Aber es kommt ohnehin anders. Sie kriegen Ihre Verpflegung in Zukunft auf Staatskosten, und mir wird es ein Vergnügen sein, Sie im Zeugenstand unter Eid zu befragen.«
    Vance lehnte sich zurück. »Das denken Sie nur. Was haben Sie denn gegen mich in der Hand? Das mit absurden Behauptungen gespickte sogenannte Täterprofil, eine Handvoll verfälschter Fotos und ein paar kümmerliche Indizienbeweise. ›Hier, meine Damen und Herren Geschworene, sehen Sie Jacko Vance am Abend der Mordnacht auf der M1 bei Leeds.‹ Nun, und das erklärt sich dadurch, daß ich in Northumberland ein zweites Zuhause habe und der schnellste Weg von London dorthin über die M1 führt.« Seine Stimme triefte vor Sarkasmus.
    »Wie wär’s mit ›Jacko Vance mit einer Leiche in seinem Keller‹? Oder ›Ein Foto von Jacko Vance mit dem toten Mädchen in seinem Keller, als es noch geatmet, gelacht und ihn angehimmelt hat‹?« fragte Tony in leidenschaftslosem Ton. Wenn hier jemand die Nerven verlor, wollte er Vance den Vortritt lassen.
    Vance grinste spöttisch. »Die Erklärung haben mir Ihre Offi-cer bereits abgenommen. Die haben doch die Theorie von dem Unbekannten aufgestellt, der mir überallhin folgt. Für den kann es nicht allzu schwierig gewesen sein, mein Haus in Northumberland auszukundschaften. Jeder im Dorf weiß, daß Doreen Elliott den Schlüssel hat. Und sie schließt die eigene Tür nicht ab, wenn sie nur mal auf einen Sprung bei der Nachbarin auf einen Becher Tee reinschaut oder im Garten ein paar Kartoffeln ausgräbt. Ein Kinderspiel, rasch einen Wachsabdruck zu nehmen und sich einen Nachschlüssel zu feilen.«
    Er badete in der eigenen Eloquenz, sein Lächeln wurde breiter
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