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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende
Autoren: Val McDermid
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jedesmal. Sie kamen zu diesen Abendveranstaltungen mit ganz bestimmten Erwartungen, das Bild von Jacko Vance vor Augen, das das Fernsehen ihnen vermittelte: ungezwungen, fröhlich und so vertrauenswürdig, daß ihnen nie in den Sinn gekommen wäre, das Abgründige in ihm zu suchen. Warum auch, wenn die Medien ein so überaus positives Image von ihm zeichneten?
    In der Beziehung war Donna Doyle genau wie alle anderen. Sie verhielt sich, als folge sie einem eigens für sie geschriebenen Drehbuch. Nachdem er sie nun gewissermaßen in die Enge getrieben hatte, tat er, als sei es ihm nur darum gegangen, ihr eines der handsignierten Hochglanzfotos des Megastars Vance zu schenken. Dann jedoch folgte ein doppelbödiger Schachzug, den er so unübertrefflich natürlich auszuführen wußte, daß selbst De Niro vor Neid erblaßt wäre. »Mein Gott!« stieß er mit schwerem Atem hervor. »Ja doch! Natürlich!« Der verbale Ersatz für die flach an die Stirn geschlagene Hand.
    Ihre Finger – nur noch Zentimeter von dem Foto entfernt, das er ihr beinahe überreicht hätte – erstarrten. Sie runzelte rätselnd die Stirn. »Wie bitte?«
    Seine Mimik verriet, wie sehr er mit sich selbst haderte. »O nein, entschuldige. Du hast sicher interessantere Zukunftspläne als das, was jemand wie ich dir anbieten kann.« Beim ersten Mal hatte er den Satz nur mit schwitzenden Händen und hämmerndem Herzschlag über die Lippen gebracht. Weil es sich so plump anhörte, daß nicht mal ein Volltrunkener darauf reinfallen konnte. Und doch hatte er recht daran getan, auf seine Instinkte zu hören, obwohl es andererseits die waren, die ihn zum Abrutschen auf den Weg gemeingefährlicher Kriminalität verleitet hatten. Das Mädchen, bei dem er den dummen Satz zum ersten Mal erprobt hatte, war genauso darauf angesprungen wie Donna. Sie witterten, daß er ihnen etwas anbot, was für gewöhnliche Sterbliche – Leute wie die Fans, mit denen er vorhin geplaudert hatte – unerreichbar war.
    »Was meinen Sie?« Atemlos, auf der Hut und nicht bereit, zuzugeben, daß ihre Ahnungen sich bereits in eine bestimmte Richtung bewegten. Denn es war immerhin möglich, daß sie ihn mißverstanden hatte und am Ende beschämt, mit hochrotem Kopf irgendeine Erklärung zusammenstottern mußte.
    Sein Achselzucken war nicht mehr als eine Andeutung, so beiläufig, daß sich auf seinem maßgeschneiderten Anzug kein einziges Fältchen kräuselte. »Vergiß es.« Das strahlende Lächeln war erloschen, sein kaum merkliches Kopfschütteln galt unverkennbar ihm selbst.
    »Nein, sagen Sie’s mir.« Schon schwang verzweifeltes Drängen in ihrer Stimme mit. Schließlich wollten alle Fernsehstars werden, egal, ob sie’s zugaben oder nicht. Er konnte ihr doch nicht im letzten Moment den schon halb versprochenen Zauberteppich wegziehen, auf dem sie aus ihrem öden Alltag in die Wunderwelt seines Lebens geschwebt wäre.
    Er vergewisserte sich mit einem raschen Blick nach links und rechts, daß niemand zuhören konnte, dann legte er Eindringlichkeit in die Stimme, ohne den betörenden Ton zu vernachlässigen. »Ein neues Projekt, an dem wir arbeiten. Du wärst dem Aussehen nach wie geschaffen dafür. Wirklich, du bist perfekt. Ich habe auf den ersten Blick gesehen, daß du die Richtige wärst.« Ein bedauerndes Lächeln. »Nun, zumindest trage ich bei den Vorstellungsgesprächen mit all den – wie ihre Agenten glauben – vielversprechenden Talenten jetzt dein Bild im Kopf mit mir herum. Vielleicht haben wir mit einer anderen Glück ….« Seine Stimme brach, ein feuchter Film legte sich auf seine Augen. Sie sollte ruhig merken, wie schwer es ihm fiel, auf sie zu verzichten.
    »Könnte ich nicht … ich meine, nun ja …« Ein Hoffnungsschimmer huschte über ihr Gesicht, mischte sich mit Verblüffung über ihre eigene Kühnheit und dann mit Angst, als ihr klar wurde, daß sie eine einmalige Chance verpaßte, wenn sie nicht sofort mutiger wurde.
    Ungeduld floß in sein Lächeln. Wäre sie älter gewesen, hätte sie’s für herablassend gehalten, aber sie war zu jung, um empfindlich zu reagieren, wenn sie von oben herab behandelt wurde. »Ich glaube nicht. Es wäre ein immenses Risiko. Bei einem solchen Projekt, in einem so frühen, heiklen Stadium … Ein einziges Wort in ein unberufenes Ohr könnte zu einem kommerziellen Desaster führen. Und du hast doch keinerlei Erfahrung in diesem beruflichen Umfeld, oder?«
    Der Hinweis auf diese Klippe, an der alles scheitern konnte,
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