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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende
Autoren: Val McDermid
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was womöglich ihre Zukunft gewesen wäre, ließ einen Vulkan heißer Hoffnungen ausbrechen, in dessen Lavastrom die Worte nur so aus ihr heraussprudelten. Preise beim Karaoke im Jugendklub … und eine sehr gute Tänzerin, das könne ihm jeder bestätigen … und wenn sie in der Schule aus Romeo und Julia vorlas, hielten alle den Atem an …
    Er grinste. »Na gut, du hast mich überzeugt.« Er sah ihr mit gesenktem Kopf tief in die Augen. »Aber kannst du auch ein Geheimnis für dich behalten?«
    Sie nickte, als hinge ihr Leben davon ab. Daß es tatsächlich so war, konnte sie nicht wissen. »O ja.« Donnas dunkelblaue Augen funkelten, ihre Lippen brachen auf, die winzige pinkfarbene Zunge zappelte aufgeregt zwischen ihnen. Er wußte, daß sie einen trockenen Mund hatte. Nur – und auch das wußte er – es gab andere Körperöffnungen, in denen in diesem Augenblick völlig entgegengesetzte Reaktionen abliefen.
    Er sah sie nachdenklich an. Ein abschätzender Blick, der ihr nichts zu rätseln, aber alles zu hoffen aufgab. »Nun ja«, sagte er, und es hörte sich fast wie ein Seufzen an, »dann bleibt nur die Frage … kannst du dich morgen früh mit mir treffen? Sagen wir, um neun Uhr?«
    Einen Moment lang runzelte sie die Stirn, dann glättete sich ihr Gesicht, ihre Augen spiegelten Entschlossenheit wider. »Ja, das kann ich«, sagte sie und verbannte damit die Schule in den Bereich, der für ihr Leben irrelevant geworden war. »Und wo?«
    »Kennst du das Plaza Hotel?« Er mußte sich beeilen. Die Reihen seiner Fans rückten schon wieder näher. Sie hatten alle irgendein Kreuz zu tragen, und da sie sich nichts sehnlicher wünschten, als daß er ihnen dabei half, mußten sie beim Gerangel um ihren persönlichen Platz an der Sonne notfalls die Ellbogen einsetzen.
    Sie nickte.
    »Die haben dort eine Tiefgarage. Benutze den Eingang Beamish Street. Ich werde im Parkdeck zwo auf dich warten. Und laß nirgendwo etwas verlauten. Kein Wort, ist das klar? Nicht bei deiner Mum, nicht bei deinem Dad, nicht bei deiner besten Freundin, nicht mal bei deinem Hund.« Sie kicherte. »Wirst du das schaffen?« Wieder ein tiefer Blick in ihre Augen. Der hundertmal erprobte Blick des Fernsehprofis, der selbst der mißtrauischsten Seele Vertrauen einflößen mußte.
    »Parkdeck zwei, um neun«, wiederholte Donna, fest entschlossen, um keinen Preis diese einmalige Chance zu verpassen, der Enge ihres Lebens zu entrinnen. Dafür hätte sie alles hergegeben, selbst ihre unsterbliche Seele. Hätte ihr aber jemand zugeflüstert, daß sie auf dem besten Wege dazu sei, hätte sie ihn nur verständnislos angestarrt.
    Gut so. Sie war fasziniert vom Glanz all dessen, was er ihr in Aussicht stellte und was die Verwirklichung ihrer Träume bedeutete. Konnte es eine idealere Ausgangsposition geben?
    »Und kein Wort, versprochen?«
    »Ich verspreche es«, versicherte sie mit feierlichem Ernst. »Meine Lippen sind versiegelt bis zum Tod.«

[home]
    TEIL EINS
    T ony Hill lag im Bett und sah das langgezogene Wolkenband über einen Himmel wandern, dessen Farbe irgendwie an Enteneier erinnerte. Wenn es etwas gab, was ihn mit diesem schmalgeschnittenen, eng ans Nachbargrundstück grenzenden Haus versöhnte, dann das im Dachgeschoß gelegene Schlafzimmer mit den beiden schrägen Oberlichtern, die ihm, wenn er wach im Bett lag, spektakuläre Ausblicke boten. Ein neues Haus, ein neuer Wohnort, eine neue Aufgabe, und doch fiel es ihm noch immer schwer, abzuschalten, und sei’s auch nur für acht Stunden.
    Er hatte nicht gut geschlafen, wie üblich. Heute beginnt der Rest deines Lebens, ermahnte er sich mit einem verkniffenen Lächeln. Das Netz aus Falten, das sich dabei um seine tiefblauen Augen zog, hätte nicht mal sein bester Freund als Lachfältchen gedeutet. Für Lachfältchen lachte er zu selten. Und solange es sein Job war, sich mit Morden zu beschäftigen, würde sich daran wohl nichts ändern.
    Sicher, es war immer die beste Ausrede, alles auf den Job zu schieben. Er hatte sich zwei Jahre hart darauf vorbereitet, im Auftrag des Innenministeriums eine landesweit operierende Spezialgruppe aus psychologisch geschulten Profilern aufzustellen, die bei komplexen Mordfällen die Sokos der Polizei durch die Erstellung von Täterprofilen unterstützen und dadurch die Aufklärungsrate erhöhen und die Ermittlungen beschleunigen sollte. Eine Aufgabe, in die er nicht nur seine fachlichen Erfahrungen einbringen mußte, sondern auch sein in vielen Jahren
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