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Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert
Autoren: brisbin
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sein Blick, dass sie versuchte, sich von ihm abzuwenden. Doch es gelang ihr nicht. Er betrachtete ihr Gesicht, als suche er etwas darin. Dann ließ er den Blick über ihren Körper gleiten. Trotz des weiten Gewands und des Schleiers war Margriet, als würden seine Hände über ihre Haut streichen. Bei dieser Prüfung schien jeder Zoll von ihr Feuer zu fangen. Ihre Blicke trafen sich, und der Augenblick dehnte sich ins Unendliche. Schließlich hüstelten die Männer, die hinter ihm standen. Margriet riss sich zusammen und räusperte sich.
    „Das ist Lady Margriet Gunnarsdottir aus Kirkvaw. Um ihrem Vater ihre Lage zu erklären, hat sie diesen Brief hier vorbereitet. Wenn Ihr so gut sein wollt, ihn ihm bei Eurer Rückkehr zu übergeben
    “
    Ihr Stolz darüber, dass sie ihm die Botschaft so fließend übermittelt hatte, fiel in sich zusammen, als er einfach das Siegel erbrach, mit dem sie den Brief versehen hatte, und begann, seinen Inhalt zu lesen. Dann lachte er so laut, dass sein Gelächter von den Bäumen widerhallte, die sie umgaben, und bis in den Wald hineinschallte. Schließlich reichte er einem der Männer neben ihm das Pergament. Der las es und gab es zurück. Der Mann sagte zwar nichts, aber er schüttelte den Kopf, als könne er es nicht glauben.
    „Sirs, Ihr spottet über das gottgefällige, geistliche Leben, das diese Dame führen möchte. Werdet Ihr den Brief Lord Gunnar aushändigen?“
    „Nein, Schwester. Überbrächten wir ihm statt seiner Tochter diesen Brief, so müssten wir alle dem Tod ins Auge blicken.“
    Er ließ den Brief zu Boden fallen und trat ihn mit seinem Stiefel in den Dreck. Margriet schnappte nach Luft angesichts einer solchen Verschwendung von Pergament und versuchte, das Blatt zu retten. Da packte der Soldat sie am Arm und zog sie hoch. Margriet sah die raue Hand an, die sie gefasst hielt. Dann blickte sie in sein Gesicht. Noch nie hatte jemand sie so angefasst. Keiner würde es je wagen, sie auf diese Art zu berühren. Doch im Moment war sie nur eine einfache Schwester, die dem Auftrag dieses Kriegers im Weg stand. Ihm schien sein unangemessenes Betragen plötzlich bewusst zu werden, und er ließ sie los.
    „Ich bitte um Verzeihung, Schwester“, meinte er zuvorkommend. „Ich werde ersetzen, was ich zerstört habe und dem Kloster eine großzügige Schenkung zukommen lassen, um mein Benehmen wiedergutzumachen. Natürlich erst, nachdem die Dame sich mit uns auf die Reise begeben hat.“ Dass er lächelnd seine Rede beschloss, besänftigte Margriets Furcht keineswegs. Und es lenkte sie auch nicht davon ab, wie ernst er seine Worte meinte.
    Schon längst hätte Margriet die schwere Lektion über die männliche Arglist gelernt haben sollen. Aber sie war wie gebannt von der Art, wie seine festen Lippen sich zu diesem Lächeln verzogen. Es ließ seine Gesichtszüge weich werden, ohne ihnen die Männlichkeit zu nehmen. Als sein Lächeln sich vertiefte, zeigte es ihr einen Mann, der anziehender war, als sie es bei ihren ersten Begegnungen für möglich gehalten hatte.
    Er überragte sie an Größe. Er machte jetzt einen Schritt auf sie zu. Margriet wich zurück. Mit einem Mal wurde sie sich der wahren Gefahr dieser Nähe bewusst. Sie griff nach Elspeths Hand und zog das Mädchen zurück durchs Tor, bevor er sie packen konnte. Die beiden Frauen stemmten sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Torflügel, ließen den Riegel herab und sicherten ihn. Margriet wagte gerade wieder, Luft zu holen, als seine Worte an ihr Ohr drangen. Er sprach ganz ruhig, aber was er sagte, war gefährlicher als alles, was er bis dahin von sich gegeben hatte.
    „Lady Margriet, ich weiß nicht, wer dieses Mädchen ist. Aber wenn Ihr Euch mir nicht bei Sonnenaufgang außerhalb dieses Tors präsentiert, werde ich das Kloster niederbrennen.“
    „Sir
    “, begann sie, stockte aber, als er sie unterbrach.
    „Glaubt nicht, dass Ihr mich noch einmal zum Narren halten könnt. Seid bei Sonnenaufgang vor dem Tor. Wenn ich Euch sonst erst einmal an mein Pferd gefesselt habe und heim zu Eurem Vater schleppe, bleiben hier nur noch Asche und jammernde Frauen zurück.“
    Margriet schauderte bei seiner Drohung. Sie blickte zu Elspeth, deren Gesicht alle Farbe verloren hatte. Ihre Taktik war fehlgeschlagen. Auch wenn sie ihn nicht kannte, so zweifelte sie doch nicht an seiner Entschlossenheit. Wortlos lief sie, Elspeth hinter sich herziehend, zur Kapelle. Am Ende war Mutter Ingrids Wunsch nach Abgeschiedenheit und Gebet eine bessere
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