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Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
Autoren: Daniel Wiechmann
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machen.«
    »Des is doch net dasselbe. Es geht ums Prinzip«, schnaufte Max. Genau. Max und seine Prinzipien. Diesmal sollte er mir aber nicht so billig davonkommen.
    »Komm schon, Max, es kann doch nicht angehen, dass Politiker bei irgendwelchen Bankendeals Insidergeschäfte begünstigen. Ich sag nur Hypo. Oder für die Unterstützung bei Waffengeschäften Provisionen kassieren. Herr Schreiber lässt grüßen. Und du kannst mir auch nicht erzählen, dass es ein Zufall ist, dass einen Tag vor einer Hausdurchsuchung die Festplatte eines Tatverdächtigen von einem Virus befallen wird, der das Laufwerk löscht. Und alles, was euch Bayern dazu einfällt, ist ein Schulterzucken und ein läppisches ›Ja mei‹.«
    »Wir Bayern sind halt sehr tolerant«, bremste mich Max.
    »Aber doch nicht Betrügern gegenüber.«
    »A geh, Betrug … Des ist jetzt aber scho oan sehr hartes Wort. Manchmal, da muss man im Leben einen Irrtum vorsätzlich begehen. Bei uns in Bayern kommt’s halt immer auf das rechte Maß an. Verstehst? Wie beim Bier und den Hochhäusern. Bier ist wichtig. Deshalb ham mir auch die großen Gläser. Hochhäuser sind unwichtig. Deswegen dürfen sie a net größer sein als die Türme der Frauenkirche. Nur weil sich oana in der Kassen bedient hat, is er noch lang koa Dieb. Es kommt halt immer auch drauf an, wie viel er gnommen hat. Und wofür. Auf das rechte Maß. Hast noch nie was oagestellt, in deinem Leben, was – laut Gesetz – verboten gwesen wär? … Zum Beispiel deine Haftpflichtversicherung für Freunde hergeliehen?«
    Ich überlegte. Natürlich gab es da schon ein paar Sachen, die ich lieber nicht hätte tun sollen. Und wenn ich dabei erwischt worden wäre, hätten die Strafen durchaus empfindlich sein können. Aber die Dimensionen waren doch ganz andere. Das konnte man nicht mit den Millionendeals von Managern oder Politikern vergleichen. Genau das sagte ich Max auch. Er schaute mich mit einem triumphierenden Lächeln an und sagte:
    »Siehst du, du rechtfertigst deine kleinen Gaunereien auch mit dem rechten Maß. Du setzt sie ins Verhältnis und versuchst, sie so zu rechtfertigen. Des is net richtig, was du da tust … aber es is menschlich. In Bayern derfst halt no a Mensch sein. Woaßt, ihr depperten Preißn glaubts immer, dass die Welt a bessre wär, wenn man sie nur richtig strukturieren dät. Wenn’s für alles a Institution gäbe, in der ois geregelt is, in der immer ois nach Plan läuft. Aber der Mensch, der is koa Struktur. Der Mensch säuft, er stinkt, er macht Fehler, er liebt, er lacht, … und manchmal, da weint er auch … Der Mensch, der passt net nei in oa Struktur, weil des Leben a einzige Ausnahme ist. Aber des versteht ihr Preißn net.«
    Bei seinen letzten Worten hatte Max sich in Rage geredet. Ich hatte ihn noch nie so wütend erlebt. Aber es war nicht seine Wut, die mir seine Worte derart eindringlich erschienen ließ. Ich wollte mich eigentlich gar nicht mit ihm streiten.
    »Okay, wie wär’s mit ’nem schnellen Hellen?«, schlug ich vor. »Ich glaub, zum Fraunhofer ist es nicht weit.«
    Max schaute mich mit einem ungläubigen Lächeln an. »Seit wann kennst du dich mit Münchner Wirtschaften aus?«
    »Ich habe mir einen Gastro-Guide gekauft. Und ihn auch gelesen. Ich bin eben ein strukturierter Mensch. Aber ich arbeite daran!« Ich war froh, dass Max sein ehrliches lautes Lachen lachte, mir auf die Schulter klopfte und sagte:
    »Na komm schon, du Strukturierter. Oa schnelles Helles geht immer.«
    Wenig später beim Versöhnungsbier meinte Max, dass ich schon auch ein bisschen recht hätte. Die Zeiten seien schwierig. Sogar in Bayern und in München, das gemeinhin als kleine Insel der Glücksseligkeit gilt. Das rechte Maß sei in Gefahr, was seiner Meinung nach auch einer der Gründe sei, warum die jahrelang zementierte Vormachtstellung der CSU mittlerweile ins Wanken geraten war.
    »Da sind in den letzten Jahren halt a paar Milliarden zu viel versenkt worden. Eine Milliarde? Okay. Des passiert amoi. Zwei Milliarden? Obacht. Da spitzen die Leit scho a bisserl die Oarn. Drei Milliarden? Mei, bei drei Milliarden, da möchtest scho a richtig gute Geschichten hörn, warum des ganze Geld futsch ist. Und den Leuten zu erzählen, dass der Sachverhalt rückhaltlos aufgeklärt wird, des is zu wenig. Des is koa gute Geschicht … Woißt, was der Franz Josef gemacht hätt, wenn er den Leuten hätt erklären müssen, was mit den ganzen Milliarden von der Landesbank passiert is?«
    Mit
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