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Romanze im spanischen Schloss

Romanze im spanischen Schloss

Titel: Romanze im spanischen Schloss
Autoren: Rebecca Winters
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1. KAPITEL
    „Darf ich Ihnen einen Cognac zur Feier des Tages anbieten, Don Remi?“
    Remigio Alfonso de Vargas y Goyo lehnte sich in dem Ledersessel zurück, streckte die langen Beine aus und schlug die Füße übereinander. Obwohl es ihm nicht gefiel, mit seinem Titel angesprochen zu werden, hatte er sich daran gewöhnt. Er war der Meinung, dass es nicht in die heutige Zeit gehörte. Nachdenklich sah er seinen ihm treu ergebenen Steuerberater an. „Was gibt es denn zu feiern?“
    Der ältere Mann, der auf die siebzig zuging, schenkte sich einen Drink ein. „Nun, Ihr Betrieb steht jetzt wesentlich besser da, als …“ Er verstummte und trank einen Schluck der bernsteinfarbenen Flüssigkeit, ehe er fortfuhr: „Lassen Sie es mich so ausdrücken: Soleado Goyo steht wieder einmal kurz davor, die gesamte Konkurrenz zu schockieren.“
    „Sind Sie da nicht etwas zu voreilig, Luis? Wir befinden uns schon wieder mitten in einer Trockenperiode, und niemand weiß, wann es wieder regnet. Bekanntlich trifft die Dürre die Olivenhaine immer am stärksten“, wandte Remi ein, der seinen Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen musste, weil das sagenhafte Vermögen seiner Vorfahren, der Duque von Toledo, längst aufgebraucht war.
    „Verlassen Sie sich neuerdings auf Ihr Gefühl?“
    Remis spöttisches Lachen hallte in dem Raum wider. „Wie damals mein Vater? Es war der teuerste Fehler seines Lebens, der ihn und meine Mutter leider viel zu früh unter die Erde gebracht hat. Nein, ich stütze mich lieber auf Fakten.“
    Luis zuckte die Schultern. „Es war ja auch nur eine Frage, Remi. Sie sind der Experte, eine solche Bemerkung zu machen steht mir nicht zu.“
    „Doch, dazu haben Sie das Recht, nachdem Sie so lange mit meinem Vater zusammengearbeitet haben.“
    „Ich kann gut mit Zahlen umgehen, das ist alles.“
    „Sie sind ein perfekter Steuerberater und ein Glücksfall für mich“, erwiderte Remi.
    „Danke.“
    Remi stand auf. Nach zwei äußerst schwierigen Jahren hatte er es endlich geschafft, die Schulden seines verstorbenen Vaters zurückzuzahlen. Damit hatte er zugleich die Familienehre und seinen Ruf gerettet. Vor dem Treffen mit Luis hatte er sich unbehaglich gefühlt, denn jedes Mal, wenn er geschäftlich nach Toledo fuhr, wurden schmerzliche Erinnerungen wach.
    So auch jetzt wieder. Voller Verbitterung dachte er daran, wie schändlich man ihn verraten und betrogen hatte. Die quälenden Gedanken ließen sich nicht verdrängen, doch auch das war nichts Neues. Ihm war bewusst, dass er in solchen Momenten ein schlechter Gesprächspartner war, was ihm ganz besonders für Luis leidtat. Der ältere Mann, der ihm immer wieder Mut gemacht hatte, verdiente etwas Besseres.
    Plötzlich hatte Remi es eilig, nach Hause zurückzufahren, und durchquerte mit großen Schritten den Raum.
    „Remi?“
    Er drehte sich zu Luis um. „Ja?“
    „Ihr Vater wäre stolz auf Sie.“
    Glücklicherweise hatte dieser nicht mehr mitbekommen, dass sein dreiunddreißigjähriger Sohn beinahe alles verloren hätte, was die Familie Goyo in fünf Generationen aufgebaut hatte. Er hatte sich in seinem Privatleben einen verhängnisvollen Fehler erlaubt, dessen Folgen immer noch wie ein dunkler Schatten auf seiner Seele lasteten.
    Mit einem kurzen Nicken in Luis’ Richtung verließ er das Büro und eilte die Treppen hinunter auf die Straße, wo er seine schwarze Limousine geparkt hatte. Toledo hatte sich verändert, seit er als Junge durch die engen Gassen mit den vielen Kolonnaden gelaufen war. Jetzt bevölkerten Touristenströme aus aller Welt die Stadt zu jeder Jahreszeit. Diese Menschenmengen fand er noch bedrückender als die Hitze, die seit Wochen herrschte. In diesem Jahr schien die Sonne noch erbarmungsloser vom Himmel als sonst im Juli, sodass bei einem der häufigen Trockengewitter ein Blitzschlag genügte, um einen der alten Olivenbäume in Flammen aufgehen zu lassen.
    Immer weniger Großgrundbesitzer fanden Gefallen an einem so risikoreichen Leben. Doch für Remi gab es nichts anderes. Alle seine Träume waren zerstört, nur das Landgut seiner Vorfahren war ihm geblieben und der einzige Grund für ihn, morgens aufzustehen.
    Er zog das Jackett seines perfekt sitzenden Leinenanzugs aus, nahm die Krawatte ab und legte beides achtlos auf die Rückbank, ehe er sich auf den Fahrersitz schwang und den Wagen startete. Dann steuerte er ihn durch die winkligen Gassen der zum Weltkulturerbe gehörenden Altstadt mit den vielen maurischen, jüdischen
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