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0023 - Die Geistervögel

0023 - Die Geistervögel

Titel: 0023 - Die Geistervögel
Autoren: Jason Dark
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Irgendwann in den nächsten Stunden würde es anfangen zu regnen. Darauf nahm George Kilrain jeden Eid. Aber bis es soweit war, wollte er zu Hause sein.
    Der Wind blies aus Südwesten, trieb dicke Wolkenberge vor sich hin und brachte die Wärme des Golfstroms mit. Staub tanzte über die blankgefegten Felsen, setzte sich in Spalten und Rinnen ab. Der Wind jammerte und heulte. Weit im Westen war die Sonne hinter den Hügeln verschwunden. Ein fahler, geisterhaft wirkender Schein lag über dem Land.
    Die schmale Straße war asphaltiert. George Kilrain mußte in den engen Kurven aufpassen, daß er nicht von der Fahrbahn rutschte und mit seinem Range Rover gegen einen Felsen oder Baumstamm prallte.
    Er kam aus Oxford und freute sich auf sein Zuhause. Kilrain studierte in Oxford Mathematik im zweitletzten Semester und wollte nach dem Studium heiraten.
    Kathy O’Neil, ein Mädchen aus dem Heimatdorf, hatte tatsächlich so lange auf ihn gewartet, obwohl sich die anderen Burschen bald um sie geschlagen hätten.
    Aber so war Kathy nun einmal. Treu, ehrlich und hübsch. Sie hatte das rote Haar ihrer Vorfahren geerbt. Wild und ungebändigt umwehte es ihren Kopf. Ihre herrlichen grünen Augen erinnerten George immer an verschwiegene irische Bergseen.
    Unwillkürlich fuhr er schneller, als er an seine Braut dachte. Er wollte sie noch an diesem Abend besuchen, um die Nacht mit ihr zu verbringen.
    Knapp zwanzig Meilen waren es noch bis Bantry. Oder Beanntraighe, wie die Alten sagten. Sie sprachen noch gälisch und wollten von allem Modernen nichts wissen. George lachte nur darüber, er war ein modern denkender junger Mann.
    Die Farbe des Himmels wechselte. Das Abendrot machte auch im Westen einem schwefelgelben Schein Platz.
    Das Gewitter kündete sich an.
    George Kilrain hoffte, daß es nicht bis zur Küste kam, sondern über den Bergen hängenblieb und sich dort austobte. Der Regen reichte dann immer noch.
    Der Range Rover tat sein Bestes. Manchmal ächzte er wie ein müder Gaul, aber das lag an den ausgeleierten Stoßdämpfern. George Kilrain fuhr jetzt in eine langgestreckte Rechtskurve. Er ging etwas vom Gas, denn die Kurve war ihm nicht ganz geheuer. Hier hatte es schon zahlreiche Unfälle gegeben, obwohl die Straße wenig befahren war. Und da sah George die Vögel!
    Krähen waren es. Schwarz wie die Nacht. Sie hatten ihre Flügel ausgebreitet, kamen hinter einer hohen Felsnase vorgeschossen und nahmen Kurs auf die Straße.
    »Teufel«, murmelte George. »Das sind ja mindestens zwanzig.« Und es wurden mehr.
    »Das ist bestimmt ein Nest«, sagte Kilrain grinsend. Wenige Sekunden später jedoch verging ihm das Grinsen. Die Krähen setzten zur Landung an. Mitten auf der Fahrbahn.
    »Hol’s der Henker!« fluchte Kilrain und schaltete zurück. Gleichzeitig trat er auf die Bremse. Er wollte die Vögel nicht überfahren. Er war ökologisch geschult, umweltbewußt und naturverbunden.
    Der Range Rover wurde langsamer. Im Zehn-Meilen-Tempo rollte er auf die Vögel zu. Die blieben sitzen.
    Sie hatten eine Reihe gebildet, von einer Seite der Fahrbahn zur anderen.
    »Das gibt’s doch nicht!« murmelte George. »Was ist denn mit den Krähen los?« Er trat auf das Bremspedal. Der Range Rover stoppte.
    George Kilrain beugte sich am Lenkrad vor und winkte aufgeregt mit den Armen.
    »Los, haut ab, ihr dämlichen Vögel. Weg da!«
    Die Krähen rührten sich nicht. Sie hockten auf der Straße und starrten ihn an. George Kilrain hatte ein komisches Gefühl in der Magengegend. Aber er konnte nicht warten, bis die Vögel die Straße räumten. Schließlich erwartete man ihn.
    Kurzentschlossen stieg George Kilrain aus.
    Er trat vor den Wagen, bückte sich etwas und wollte die Krähen verscheuchen.
    Da spürte er die Gefahr!
    Sie traf ihn wie ein kalter Hauch, und Kilrain wußte, daß mit den Krähen etwas nicht stimmte.
    Sie veränderten ihr Aussehen.
    Auf erschreckende, makabre Weise. Zuerst verschwanden die Köpfe mit den spitzen Schnäbeln. An ihre Stelle trat ein flimmernder Lichtkreis, dessen Strömungen in Georges Kilrains Hirn widerhallten und ihn das Gesicht verziehen ließen.
    Dann verschwanden die Kreise.
    Doch die Krähen blieben.
    »Ich… ich… werde verrückt!« keuchte der junge Mann. Er taumelte nach hinten und prallte gegen die Kühlerfront seines Rovers. Weit traten ihm die Augen aus den Höhlen. Was er sah, war so unwahrscheinlich, daß er es nicht begreifen wollte.
    Krähen mit reitenden Skeletten. Geistervögel! Geschöpfe der
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