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Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
Autoren: Daniel Wiechmann
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Franz Josef war natürlich Franz Josef Strauß gemeint, dessen Geist auch zwanzig Jahre nach seinem Tod immer noch über dem Freistaat schwebt. Und das nicht nur, weil der Flughafen Münchens nach ihm benannt ist. Während normale Menschen nicht verstehen, wie aus dem grobschlächtigen Metzgersohn ein erfolgreiches Politikgenie werden konnte, harrt man in Bayern mit geduldiger Sehnsucht der Wiederkunft eines Mannes seines Formats.
    »Der Franz Josef, der hätt sich hieg’stellt und g’sagt: Liebe Leit, des Geld is dahie. Aber hier hab i oa Idee, wie wir in den nächsten zwei Joarn des Doppelte von dem verdienen, wos mir jetzt grod verloren ham. Und des machen mir jetzt a so … Und dann hätt der des genau so gmacht. Und schon wär wieder alles im rechten Maß gwesen … Ja mei, der Franz Josef … a Hund war er scho«, sinnierte Max. Und in der Feststellung der Durchtriebenheit des ehemaligen Landesvaters schwang auch eine gehörige Portion Anerkennung mit. Aus den schnellen Hellen wurden zwei und Max sehr redselig. Voller Eifer begann er mich über die seiner Meinung nach großen Bayern-Irrtümer aufzuklären. Einer zum Beispiel sei es, dass die Leute immer glaubten, in Bayern sei alles schon immer so gewesen wie jetzt.
    »Wennsd des dir oaschaust, vor dreißig Joarn ham mir noch kassiert beim Länderfinanzausgleich. Und heut? Ham sieben von dreißig Dax-Unternehmen ihren Sitz in München. Sieben von dreißig! Und mir zoahln sogar für euch Berliner«, beantwortete Max seine Frage selbst. »Aber kaufn könn mir uns davon nix, weil wiars morgen ausschaut, des woiß ja koaner. Woißt, was der Michi und der Seppi grad machen müssen?«
    Ich musste schmunzeln beim Gedanken an meine beiden dem Würfelspiel verfallenen Oktoberfestgäste.
    »Die müssen jetzt Gentechnik lernen. Und entscheiden, ob sie des Zeug irgendwann amoi aufs Feld packen oder net. Weil dem Bauern nützt a grüne oder a schwarze Ideologie am Ende nix. Für den is wichtig, ob des Genzeugs ihm den Boden kaputt macht oder ob’s die Leit oder des Vieh krank macht, wenn die des fressen. Aber des sagt dir ja koaner. Also müssen’s der Seppi und der Michi selba rausfinden. Und jetzt hocken’s da und lesen Bücher und schreiben an Fachleute in der ganzen Welt, die hoffentlich noch net von oanem Lobbyisten kauft wordn sind. Mein Vater schüttelt nur den Kopf, wenn er die beiden reden hört«, sagte Max mit nachdenklicher Miene.
    Der zweite große Irrtum über die Bayern sei, dass viele Menschen glaubten, die Bayern seien alle gleich. Doch das stimme nicht, es gebe große Unterscheide und das nicht nur, weil die Franken eigentlich rausgeschmissen gehörten aus dem Freistaat, wie Max unmissverständlich formulierte. Nein, man müsse ja nur Stadt und Land vergleichen. Die Unterscheide seien fundamental.
    »Ganz klar, München ist nicht Bayern. Und Bayern ist nicht München. Aber …« Max hob den Zeigefinder. »Beides gehört trotzdem zusammen. Ja, ich glaub sogar, dass das eine ohne das andere undenkbar wäre. München und Bayern sind quasi symbiotisch miteinander verbunden.«
    Die Natur kennt bei einer Symbiose ja verschiedene Formen der Abhängigkeiten. Mal profitieren beide Parteien, mal ein Teil der symbiotischen Lebensgemeinschaft mehr als der andere. Und in einigen Fällen ist es sogar so, dass die symbiotischen Partner derart eng miteinander verbunden sind, dass der eine Teil ohne den anderen nicht mehr lebensfähig wäre. Und genau dies sei beim Freistaat Bayern und seiner schönen Landeshauptstadt München der Fall. Behauptete jedenfalls Max:
    »Das ist wie beim Einsiedlerkrebs und der See-Anemone«, sagte er mir. Ich hatte mal etwas darüber gelesen, dass die Einsiedlerkrebse ihre Behausungen mit den Blumentieren besetzen und so einen besseren Schutz vor Feinden haben. Sogar beim Umzug in ein neues Gehäuse schleppen die Einsiedlerkrebse ihre Anemonen mit sich, was für die Anemone wiederum eine viel größere Mobilität bedeutet und mehr Futter.
    »Ist Bayern dabei die Anemone? Und München der Krebs? Oder umgekehrt?«, wollte ich von Max wissen.
    »Darum geht es doch gar nicht. Es geht ums Prinzip«, sagte Max und fuhr mit seinen Erläuterungen fort. Dass München und Bayern verschiedene Welten sind, ließe sich ja schon allein daran ablesen, dass in Bayern traditionell die CSU an die Macht gewählt würde. Wohingegen die Münchner die meiste Zeit über die SPD bevorzugten. Das mochte für Außenstehende und Zugereiste wie mich einen
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