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Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Schleich di!: ...oder Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
Autoren: Daniel Wiechmann
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anrechnen … Im Grunde war der Kini ein armer Hund, ein Entrückter … Mei, wir Bayern haben halt was übrig für Getriebene, die keiner versteht und die sich vielleicht nicht einmal selbst verstehen.« Max schaute mir fest in die Augen, und ich hatte das Gefühl, dass er mit seinem letzten Satz nicht nur den Kini gemeint hatte.

29. Kapitel: In welchem die Bibel als das einzig wahre Vornamenbuch gepriesen wird
    Ich hatte gerade nach dem Laufen geduscht, als ich mich zu Francesca auf die Couch warf, die im Fernsehen »Germany’s Next Topmodel« anschaute. Auf mich wirkt die Sendung, in der Heidi Klum mit sehr viel Peitsche und ganz ohne Zuckerbrot jungen Mädchen das Modeln verleidet, immer wie die Neuverfilmung des Märchenklassikers »Das kalte Herz«. Nur ohne Happy End. Die Kandidatinnen der Show kannten mal wieder nur zwei Gemütszustände. Heulen und Kreischen. Francesca folgte konzentriert dem Geschehen auf dem Bildschirm. Die Entscheidung stand an, und die Träume vieler Mädchen wurden im Sekundentakt entsorgt. Ein paar Minuten später hatte das Grauen endlich ein Ende. Francesca legte die Fernbedienung beiseite und sagte:
    »Ich bin schwanger.«
    Mein Herz machte einen Sprung. Ich blieb sitzen. Fassungslos, nicht in der Lage, mich auch nur zu bewegen oder etwas zu sagen. Ich glaube, ich bin der schlechteste Auf-die-Nachricht-ich-bin-schwanger-Reagierer der Welt. Keine Ahnung, warum, aber das ist einfach größer als ich. Schon bei Oskar hatte ich es versaut. Doch Francesca wusste Bescheid. Sie gab mir einen Kuss und vollführte einen Freudentanz.
    »Dann freu ich mich eben für uns beide zusammen«, jubelte sie.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich gefasst hatte. Ende des Jahres hatten wir uns entschieden, ein zweites Kind zu bekommen. Jetzt war es also so weit. Ich versuchte, die auf mich einstürmenden Gedanken an die Kosten für eine Million Windeln, ein größeres Auto und und und… beiseitezuschieben, damit sich die Freude über die Nachricht endlich Bahn brechen konnte.
    Als ich vier Wochen und ein paar Untersuchungen beim Frauenarzt später Max von der Schwangerschaft erzählte, strahlte er übers ganze Gesicht. »Ja, da schau her! Ein echtes Münchner Kindl. Glückwunsch … Des muss gfeiert wern.«
    Noch am gleichen Abend schleppte er mich in die Bar Corso in der Müllerstraße. Max bestellte für uns munter immer wieder ein Glas von den sogenannten »Homemade Infusions«, von denen er behauptete, dass man kein echter Münchner sei, wenn man die nicht kennen würde. Zwei Stunden später saß ich glücklich vor meinen vierten Glas Rosmarin-Salbei-Rum. Beim ersten Glas hatte Max mir erklärt, wie die eigenartigen hochprozentigen Drinks, die wir da tranken, hergestellt wurden. »Die macht der Barkeeper selber«, referierte Max kundig. »Da werden Kräuter und Früchte in Schnaps eingelegt, und schon kriegst du Banause so etwas Leckeres zu trinken.« Beim zweiten Glas tauschten wir uns über mögliche Namen für das Kind aus. Für Max stellte dieses schwierige Thema, an dem Paare sich zerstreiten konnten, noch bevor sie überhaupt ein Kind gezeugt hatten, kein Problem dar. Er hatte einen todsicheren Tipp parat:
    »Kauf dir um Himmels willen keins von diesen extra Vornamenbüchern. Die sind alle Mist. Es gibt nur ein einziges gutes Vornamenbuch. Die Bibel. Da stehen alle guten Namen drin. Zeitlose Klassiker.«
    Beim dritten Glas rief ich bei Francesca an, um ihr zu sagen, dass es etwas später werden könnte. Als sie von Max’ Vorschlag bezüglich der Namenssuche hörte und davon, dass wir in einer Bar saßen, in der es Sachen wie Blaubeer-Gin zu trinken gab, teilte sie diese Meinung. Jetzt, beim vierten Glas, hatte ich die Erklärung von Max, wie das, was da im Glas war, hergestellt wurde, bereits wieder vergessen. Stattdessen diskutierten wir hitzig darüber, welcher Spieler des FC Bayern der beste aller Zeiten gewesen sei. Ich tendierte zu Franz Beckenbauer, während Max sich nicht so recht zwischen Gerd Müller und Sepp Maier entscheiden mochte. Lothar Matthäus mochte keiner von uns beiden leiden. Beim fünften Glas – ich hatte bereits einen Zustand vollkommener wohliger Behaglichkeit erreicht – kam mir plötzlich wieder der Satz von Max in den Sinn. Ein echtes Münchner Kindl. Ich musste an die zurückliegenden Monate denken, an die Wanderung auf den Watzmann, ich dachte an die Sommertage an der Isar, an das Oktoberfest, an die Zeit auf der Hütte in den verschneiten Bergen, an Frau
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