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SCHLANGENWALD

Titel: SCHLANGENWALD
Autoren: Ilona Mayer-Zach
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nicht, dass sich diese skrupellosen Männer in Pfadfinder verwandeln, um einer Dame zu Hilfe zu eilen?“, entgegnete Blanco.
    „Gut, dann bleibt uns nur die Tür“, sagte Ricarda.
    „Das hat keinen Sinn. Die Türstöcke sind aus Metall, da haben wir keine Chance, und auch sonst können wir nicht viel ausrichten, weil die Mauern aus Beton sind“, machte Blanco die letzte Hoffnung zunichte. „Es tut mir leid euch sagen zu müssen, wir sitzen hier in der Falle.“
    Sie lauschten eine Weile, ob jemand kam. Aber es war und blieb still. Niemand brachte ihnen frisches Wasser oder etwas zu essen. Die Maisfladen, die man ihnen hingestellt hatte, waren längst aufgegessen. Das Wasser tranken sie nur schluckweise, um so lange wie möglich damit auszukommen. Paula musste dringend aufs Klo, aber sie verdrängte ihr Bedürfnis. Doch irgendwann musste sie alle Hemmungen über Bord werfen und es Blanco gleichtun, der sich in einem Winkel erleichtert hatte.

     
    2.
    Es mussten Stunden vergangen sein, bis die Männer endlich wiederkamen. Einer mit dem Gewehr im Anschlag. Der andere war Manuel. Als der Lichtstrahl seiner Lampe das Gesicht Ricardas traf, lachte er verächtlich. „Gut ausgeschlafen, Indianermädchen? Nette Gesellschaft hast du da bekommen.“
    Weder Ricarda noch die anderen würdigten ihn eines Blickes, sondern starrten zur geöffneten Tür hinaus.
    „Steh auf!“, herrschte er Paula an. „Ein bisschen rascher, wenn ich bitten darf! Ihr anderen könnt noch eine Weile über euer Leben nachdenken.“
    Sie führten Paula in Kandins Büro. So absurd ihr das Gefühl auch vorkam, sie genoss den Spaziergang an der frischen Luft nach den vielen Stunden in ihrem Gefängnis, in dem es immer mehr wie in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt gerochen hatte.
    Kandin erwartete sie schon und deutete den Männern sich zurückzuziehen. Die zwei postierten sich vor dem Bungalow.
    „Mein Gott, was sind Sie doch für eine dumme Gans!“, fuhr Kandin Paula an, nachdem er die Tür geschlossen hatte. „Was haben Sie sich dabei gedacht, schon wieder gegen meine Anweisungen zu verstoßen? Ich sagte Ihnen doch, Sie sollten von hier verschwinden und so rasch wie möglich das Land verlassen. Und was machen Sie? Sie stecken Ihre Nase schon wieder in Dinge, die Sie nichts angehen. Nun wird Ihnen keiner mehr helfen können.“
    Paula schwieg. Was hätte sie darauf auch sagen sollen? Wehmütig betrachtete sie das Telefon, das auf dem Tisch stand. Wie schön wäre es doch gewesen, zum Hörer greifen zu können und jemanden anzurufen. Eine vertraute Stimme zu hören, um Hilfe zu bitten und nicht mehr das Gefühl haben zu müssen, in Lebensgefahr zu sein.
    Kandin setzte seinen Monolog fort: Er hatte Blanco beschatten lassen. Dadurch hatte er auch von Paulas Besuch bei dem Journalisten erfahren. Als sie ihm gegenüber das Treffen mit Blanco verschwiegen hatte, war ihm klar geworden, dass sie gegen ihn intrigierte.
    „Und deswegen haben Sie Blancos Redaktion angezündet?“ Paula war am Boden zerstört.
    „Wo denken Sie hin? Natürlich nicht wegen dieser Lappalie. Was hätten Sie schon ausrichten können? Ich bin vielmehr dahintergekommen, dass der unverbesserliche Zeitungsfritze wieder neue Recherchen anstellte.“
    Dann erzählte Kandin, wie er Blanco auf die Schliche gekommen war, als dieser Kontakt mit dem Umweltpolitiker aufgenommen hatte. Als er dann auch noch die Bodenuntersuchungen durchgeführt hatte, war sein Schicksal besiegelt gewesen.
    Kandin genoss seinen Auftritt. Paula hatte das Gefühl, als würde er für sie eine Vorstellung geben: Kandin, das Superhirn, der Mann, dem keiner gewachsen war. Warum erzählte er ihr Dinge, die sie nichts angingen und von denen besser niemand erfuhr? Die naheliegende Antwort ließ Paula erschauern: Er hatte nicht vor, ihr die Gelegenheit zu geben, etwas weiterzuerzählen.
    „Niemand hat mich jemals aufhalten können, und von einem fanatischen Blanco und einer neugierigen Blondine lasse ich mich gewiss nicht von meinem Weg abbringen. Das haben schon ganz andere vor euch probiert, zum Beispiel diese verrückten Umweltfreaks, die sich ernsthaft einbilden, dass es irgendjemanden interessiert, wie die Welt in einigen hundert Jahren aussehen wird. Die sollten lieber die Leute fragen, die hier leben. Denen ist es egal, ob es sich um ein Naturschutzgebiet handelt, ob ein paar Hektar Urwald zerstört werden oder nicht. Dieses nutzlose Land, das zu nichts anderem zugebrauchen ist, als Unterschlupf für
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