Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

SCHLANGENWALD

Titel: SCHLANGENWALD
Autoren: Ilona Mayer-Zach
Vom Netzwerk:
eine beträchtliche Summe Geld verdienen wollte. Ich habe keine Ahnung, wie er es angestellt hat, aber es hat anstandslos geklappt. Die Maschine war völlig zerstört und von den Verunglückten wurde nur das bisschen gefunden, was die Tiere übrig gelassen hatten.“
    Paula fiel das Bild aus dem Zeitungsbericht ein, das die Trümmer der Unglücksmaschine gezeigt hatte.
    Kandin sprach so selbstverständlich über seine Mordaufträge, als wäre er stolz auf seine vermeintliche Macht über Leben und Tod. Er war mit sich und der Welt vollkommen im Reinen. Nicht er hatte etwas Unrechtmäßiges getan, sondern die anderen waren die Bösen, die nichts anderes im Sinn hatten, als seine Projekte zu durchkreuzen.
    Er erzählte Paula, dass die Ferienanlage für ihn von Anfang an nur ein Tarnprojekt gewesen war, um sein eigentliches Geschäft abzuwickeln. Er hatte schon vorher Absprachen mit jener Firma getroffen, die ihren Giftmüll loswerden wollte, und er machte sich auf die Suche nach einem Gebiet, wo er den tödlichen Schlamm unauffällig von der Bildfläche verschwinden lassen konnte. Das Freizeitprojekt bot sich als idealesDeckmäntelchen an, um gleichzeitig ein unterirdisches Depot bauen zu lassen, in das die chemischen Reststoffe für immer hätten verschwinden sollen. Alles natürlich auf Kosten der Firma Qualistant Ltd. Es war Pech, dass es beim Transport und bei der Lagerung zu einigen Zwischenfällen gekommen war. Am meisten aber amüsierte er sich über seine Idee, eine Müllverarbeitungsanlage entwickeln zu lassen, die Müll in Humus verwandeln konnte. Die Studenten an der Universität für Bodenkultur in Wien hatten voller Eifer das Projekt entwickelt, nur hatte Kandin nie daran gedacht, die kostspielige Anlage nach ihren Angaben bauen zu lassen. Er begnügte sich mit dem äußeren Schein: Die Anlage sah tatsächlich so aus wie auf den Plänen. Allerdings fehlten die teuren Geräte, die für die Umwandlung nötig gewesen wären. Es ging ihm nur darum, die Umweltschutzgegner zu besänftigen und zusätzliche Gelder auf sein Konto zu transferieren.
    Der Fisch stinkt vom Kopf, dachte Paula. Wenn die, die alles kontrollieren, selbst die Täter sind, waren alle angeschmiert. Und wenn man ihnen irgendwann auf die Schliche kam, dann waren sie bereits über alle Berge.
    „Stellen Sie sich diese aberwitzige Situation vor: Tagtäglich protestierten Umweltschützer, weil der Bau zum Teil auf Naturschutzgebiet liegt, während sie keine Ahnung hatten, was noch alles um sie herum nicht mit rechten Dingen zuging.“
    Alles sei bestens gelaufen, bis ein Aktivist eines Nachts in die Anlage eindrang und die Fässer fand. Er hatte versucht zu entkommen, doch Kandins Männer waren schneller gewesen.
    „Dieser Dummkopf dachte, dass er meine Pläne vereiteln könnte. Pech für ihn, dass er nicht mit sich reden ließ und mein großzügiges Geldangebot ausschlug. Stattdessen sprach er immer nur von seiner Gruppe, die wüsste, wo er sich im Moment aufhielte, und die kommen würde, um ihm zu helfen.“ Kandin schüttelte den Kopf und grinste.
    Paula fragte sich, ob er das deshalb tat, weil sie den Mann geschnappt hatten oder weil er nicht nachvollziehen konnte, warum für jemanden die Natur eine höhere Bedeutung haben konnte als schnelles Geld und Besitz.
    „Manuel löste das Entsorgungsproblem. Er spritzte ihm Schlangengift. Wie passend, finden Sie nicht auch? Ein Umweltschützer, der am Gift eines seiner Schützlinge stirbt. Da niemand die Möglichkeit in Betracht ziehen sollte, dass es ihm gelungen war, in die Anlage einzudringen, schaffte ihn Manuel aus Tico World hinaus und legte ihn auf einem weit entfernten Straßenstück ab, wo ihn seine Freunde schließlich fanden.“
    Wenn Paula sich vorstellte, dass sie fast mit Kandin im Bett gelandet wäre, wurde ihr übel. Im Hintergrund baute das Faxgerät eine Verbindung auf. Es rauschte und dröhnte eine Zeit lang, dann ertönte das lang gezogene Signal als Zeichen, dass die Übertragung erfolgreich stattgefunden hatte. Es war Jahre her, dass Paula dieses Geräusch zum letzten Mal gehört hatte.
    Kandin beugte sich vor und begutachtete die beiden Seiten. Paula konnte nur das Firmenlogo von Qualistant Ltd. erkennen. Arbeiteten die auch sonntags? Kandins Gesicht verfinsterte sich zusehends, als er das Geschriebene überflog. Fluchend warf er die Seiten auf den Tisch und donnerte zornig die Heftmaschine auf den Boden. Hektisch erhob er sich und lief im Raum auf und ab. Seine Euphorie war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher