Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Billy Elliot - I will dance

Billy Elliot - I will dance

Titel: Billy Elliot - I will dance
Autoren: Melvin Burgess
Vom Netzwerk:
Billy
     
     
     
    Mein Bruder ist ein Idiot, ich hasse ihn. Aber gute Musik hat er. Wenn ich da bin, setzt er immer die Kopfhörer auf, damit ich nichts hören kann. Als ob ihm die Luft gehört oder was. Der würde sich seine Musik einwickeln und sie sich in den Arsch schieben, wenn er könnte. In letzter Zeit kann ich kaum noch für mich alleine sein, nur noch früh am Morgen, wenn mein Dad und Tony auf Streikposten sind. Als sie noch gearbeitet haben, war es besser. Ich kam aus der Schule und konnte stundenlang alles hören, was ich wollte. Nan mag die Musik auch. Dad meint, das ist moderner Müll, aber Nan ist zu alt, der ist das egal. Sie verpetzt mich nie. Wahrscheinlich kann sie sowieso nicht behalten, was wir beide immer gerade gemacht haben. Sobald Dad und Tony aus dem Haus sind, stelle ich die Musik an und mache dabei Frühstück. Nan liegt noch im Bett, da höre ich sie schon mitsingen. Sie kann ihre Füße nicht still halten. Manchmal steht sie auf und wir beide hopsen im Zimmer herum. Oder sie stellt sich in Position, reckt die Arme, versucht auf einem Bein zu balancieren und sich wie eine Balletttänzerin zu drehen – bloß, sie geht auf die achtzig zu, kann nicht mehr besonders gut gehen und tanzen schon gar nicht.
    »Na los, Nan! Boogie-Woogie!«
    Mein Dad und Tony lassen sie nicht tanzen, weil sie meinen, Nan macht sich zum Affen. Bloß – wer sieht sie schon? Sind doch nur wir, und wir sind ihre Familie. Wenn sie nicht mal vor ihrer Familie rumalbern kann, wo denn sonst?
    Sie sollte den ganzen Tag lang tanzen und Musik hören dürfen, wenn sie das will, aber mein Bruder, der ist so gemein, bei dem kriegt niemand was anderes zu hören als dem seine Stimme. »Cosmic Boogie« dröhnte durchs Haus.
     
    I danced myself right out the womb,
    I danced myself right out the womb.
    Is it strange to dance so soon?
    Is it strange to dance so soon?
     
    Kannst du dir das vorstellen? Das ganze Haus bis oben hin voll mit Musik. Und, Mann, eh, das war einfach… schön.
    Ich tanzte um den Tisch, tat so, als spielte ich Gitarre, und setzte dabei die Frühstückseier auf. Solche Musik bringt einen in Schwung.
    Mein bester Freund Michael und ich, wir haben früher immer gespielt, wir sind Rockstars. Michael hat sich den Satin-Pyjama seiner Schwester angezogen – so glamrockmäßig –, sich geschminkt und so, dass er aussah wie Bowie oder Marc Bolan. Mir war egal, wie ich aussah, ich mochte einfach die Musik. Toll war das. Zu Michael habe ich immer Tunte gesagt, und er ist dann jedesmal auf mich los und wollte mir Prügel verpassen.
    »Cosmic Boogie« dauert so lange, wie die Eier brauchen, um so weich zu werden, wie Nan sie mag. Ich holte die Eier raus, versenkte sie in die Eierbecher und stellte alles schön ordentlich aufs Tablett. Dann nahm ich das Tablett hoch, drückte mit dem Fuß die Schiebetür zu Nans Zimmer auf und boogiete in ihr Zimmer. »Halli, hallo, Nan, hier kommt der tanzende Kellner!« Ich wirbelte durch die Tür, gab mir dabei große Mühe, dass die Eier stehen blieben und… verdammt, die Alte war nicht da.
    Scheiße! Ich knallte das Tablett auf den Tisch und rannte aus der Tür. Mein Dad bringt mich um, wenn mir meine Nan wegkommt. Einmal war sie einen ganzen Vormittag lang verschwunden. Schließlich hatte die Polizei Nan in der Nähe des Bahnhofs von Jesmond aufgesammelt, wo sie herumirrte. Gott weiß, wie sie dahin gekommen war. Dad meinte, sie wollte wahrscheinlich jemanden besuchen, der vor etwa fünfzig Jahren gestorben ist. Ich stürzte aus der Hintertür, raste die Straße lang und brüllte, so laut ich konnte: »Nan! Nan!« Sie jagt mir schreckliche Angst ein, meine Nan. Sie kann sich nicht mehr selber versorgen. Du brauchst ihr nur eine Minute lang den Rücken zuzudrehen und paff! – weg ist sie. Dabei ist sie gar nicht so besonders schnell, aber es ist schon erstaunlich, wie weit sie kommt. Wenn sie erst mal unterwegs ist, bleibt sie einfach nicht mehr stehen. Ich hätte sie umbringen können! Ich musste zur Schule. Aber gut, ist ja nicht ihre Schuld, dass sie alt ist, oder? Wohin ist sie, wohin bloß, verdammt noch mal? Könnte sein, sie ist zum Meer. Von uns aus kann man das Meer sehen. Manchmal geht sie runter und guckt die Wellen an. Ich blieb stehen und guckte in die eine Richtung, dann in die andere. Wo lang? Ein paar Türen weiter saß die kleine Alison und knabberte an einem Zwieback oder so was, und die zeigte mit dem Finger den Hügel rauf. Ich brauste los. Wenn Nan in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher