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SCHLANGENWALD

Titel: SCHLANGENWALD
Autoren: Ilona Mayer-Zach
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klapprigen Renault. Wahrscheinlich wusste auch niemand von seinen Kollegen, dass er schwul war. Einmal hatte er Paula anvertraut, dass es hierzulande noch immer besser war über seine Homosexualität zu schweigen, wenn man im Beruf vorwärtskommen wollte.
    „Schön, dass du da bist“, begrüßte ihn Paula, „dann können wir endlich wieder einmal eine gemütliche Nachmittagsjause machen. Magst du Tee oder Kaffee? Ich habe Apfelstrudel vom Bäcker mitgebracht. Sei doch so lieb und starte meinen Laptop. Ich möchte im Internet etwas nachsehen.“ Paula stellte die Tasche vor Kurt hin. Auf dem Weg zur Küche hörte sie den Anrufbeantworter ab. Ihre Eltern waren endlich wieder aus dem Urlaub zurück und wollten wissen, ob sie Lust hätte, am Wochenende zu ihnen nach Krems zu kommen. Die andere Mitteilung war von Markus, der ihr einen Kuss schickte und es später nochmals versuchen wollte.
    „Was willst du denn im Internet nachschauen? Ich könnte schon mal anfangen“, rief Kurt ihr nach und nahm den Laptop aus der Tasche.
    „Informationen über Costa Rica.“
    „Costa Rica? Wieso das denn?“
    „Weil Santo mich dorthin schickt.“
    Augenblicklich stand Kurt in der Küche.
    „Dein Agentur-Santo? Ist das dein Ernst?“
    „Ja. Er war so angetan von meiner heutigen Präsentation, dass er mir einen zweiwöchigen Urlaub angeboten hat.“ Paula lachte.
    „Das ist aber nett.“ Kurt wunderte sich bei ihr über nichts mehr.
    „Ganz so ist es freilich nicht“, winkte Paula ab. „Vielmehr ist die Projektverantwortliche für Santos Tourismusprojektausgefallen, und er hat mich gebeten, für sie einzuspringen. Die Kunden waren anscheinend von meinem Vortrag angetan. Daraufhin hat er ihnen vorgeschlagen, dass ich mich vor Ort um das Projekt kümmern könnte.“ Paula setzte das Teewasser auf.
    „Aha“, kommentierte Kurt Paulas Bericht lakonisch und ging zurück ins Wohnzimmer.
    „Was hast du gesagt?“, rief Paula ihm nach.
    „Ich suche dann schon einmal …“, antwortete er.
    Als Paula wenig später mit zwei Schalen Kräutertee und dem Apfelstrudel ins Arbeitszimmer kam, surfte Kurt bereits im Internet.
    „Costa Rica, auf Deutsch: reiche Küste, ist die Schweiz Mittelamerikas. Mit rund 51.000 Quadratkilometern ist das Land noch kleiner als Österreich und liegt auf der mittelamerikanischen Landbrücke“, las er vor. „Nationalparks, biologische Reservate, tropische Wälder, über achthundert Vogelarten, über tausend Baumspezies, hunderte Arten von Orchideen und Schmetterlingen, unberührte Strände. Scheint ein richtiges Urwaldparadies zu sein, in das dich Santo diesmal schickt. Ich habe alle möglichen statistischen Daten über das Land gefunden. Aber dein Drucker verlangt nach Tinte.“ Kurt deutete auf den Drucker. Dort lagen einige viel zu blasse Seiten. Paula hatte bei all der Hektik wieder vergessen, Druckerpatronen zu kaufen.
    „Interessant sind auch die unterschiedlichen Gebiete: die Kordilleren mit aktiven Vulkanen, die Schwemmlandebenen, Hügel, Strände, Höhlen, tropischen Regenwälder. Das Land ist eines der wirtschaftlich und touristisch am weitesten entwickelten in Mittelamerika“, fuhr Kurt fort.
    Bald würde er sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen vor Ort auseinandersetzen und einen seiner langatmigen Vorträge über die dortige Rechtsprechung halten, befürchtete Paula.
    „Wenn es dir dort gefällt, kannst du dir ein Grundstück kaufen. Steht alles da, wie viel es kostet, was du dazu brauchst undso weiter“, informierte er Paula, während er seine Augen mit juristischem Weitblick über die Webseiten schweifen ließ.
    Klar, das würde sie tun. Paula wusste ohnehin nicht, was sie mit dem vielen Geld, das sie nicht besaß, anfangen sollte.
    „Großartig. Also werde ich dort wohl zwei Wochen unbeschadet überleben können. Nur vor der langen Flugreise fürchte ich mich schon. Und ich stehe auch nicht unbedingt auf Urwälder und die Begegnung mit deren giftigen Bewohnern.“
    „Was genau musst du dort eigentlich tun?“
    „Ich soll die Öffentlichkeitsarbeit für ein großes Tourismusprojekt auf die Beine stellen. Aber was genau auf mich zukommt, werde ich erst nächste Woche erfahren. Da treffe ich mich mit den zuständigen Leuten.“
    „Klingt interessant. Vielleicht kenne ich ja jemanden von ihnen. Wenn du möchtest, können wir morgen Abend weitere Infos aus dem Internet abrufen. Jetzt muss ich leider weg. Ich bin mit einem Freund verabredet.“ Kurt war aufgestanden und trank die
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