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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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Prolog
    Rumail Deslucido hatte dem Tod schon oft ein Schnippchen geschlagen, aber diesmal gab es kein Zurück mehr. Er lag auf einem Bett, so gebeutelt und verschlissen wie sein gebrechlicher Körper, in dem schmutzigen Zimmer, das lange seine Zuflucht und sein Gefängnis gewesen war, und wartete. Jeder Atemzug war ein Ringen nach Luft geworden, um die vernarbten Lungen zu füllen. Mit jedem verstreichenden Augenblick taumelte sein Herz mehr, als zittere es aufgrund der Anstrengung, zu lange gelebt zu haben.
   Die Tür öffnete sich, und ein Mädchen aus dem Dorf trat ein. Es trug einen Korb mit Brot und einen irdenen Krug. Er nippte an der Brühe, die sie ihm Löffel für Löffel reichte, dann legte er sich zurück. Sie sprach mit ihm, belangloses Zeug, das die Mühe des Zuhörens nicht wert war. Ihre Stimme verklang, ging unter in der Erinnerung an andere Stimmen. Manchmal sprach er mit längst verstorbenen Menschen - seinem königlichen Bruder…
   Ah! Da war wieder das unbeugsame goldene Haupt, der Blick, in dem der Wille zum Sieg brannte. Seite an Seite standen sie auf einem Balkon, während unter ihnen Deslucidos schwarz-weiße Banner mit dem Diamantenmotiv im Wind wehten. Die Morgensonne ließ das braune Haar des Königs wie eine Krone erstrahlen. Er sprach, und seine Worte riefen Bilder vor Rumails geistigem Auge wach, die Hoffnung auf eine Zeit, in der die Hundert Königreiche zu einem einzigen harmonischen Reich vereint sein würden. Keine ständigen Kriege, kein kleinliches Gezänk mehr, während Männer auf den verwüsteten Schlachtfeldern ihr Leben aushauchten. Rumails Laran -Talente würden endlich gefeiert werden; sein Platz als Bewahrer eines eigenen Turms, den ihm diese mental blinden Puristen so lange verwehrt hatten, wäre ihm sicher…
   Der helle Himmel verdunkelte sich, die Vision verwehte wie winterdürres Laub, und nun stand Rumail auf dem Schlachtfeld von Drycreek, wo die Armee seines Bruders auf die von König Rafael Hastur getroffen war. Die Soldaten seines Bruders hielten inne, um zum Himmel zu schauen. Über dem Feind schwebend, ließen Rumails mechanische Vögel Schauer leuchtend grüner Teilchen herabregnen, so unheimlich schön wie tödlich: Knochenwasserstaub , durch die konzentrierte Macht talentierter Geistesarbeiter geschaffen, zu einem horrenden Preis einem abtrünnigen Kreis abgekauft.
   Als Rumail zusah, wie das leuchtende Gift zu dem ahnungslosen Feind trieb, wünschte er, es hätte einen anderen Weg gegeben, den Hastur-König und seine Nichte, die Hexe Taniquel Hastur-Acosta, aufzuhalten. Durch Verrat und eigene psi-begabte Diener hatten sie das Schlachtenglück gewendet.
   Mir blieb nichts anderes übrig. Keinem von uns blieb etwas anderes übrig .
   Rumail hatte diese Szene schon tausendmal durchlebt, vom ersten Augenblick an, da ihnen der Sieg entglitten war, weil der Wind jäh umschlug und den Knochenwasserstaub zu ihren eigenen Streitkräften zurücktrieb. Als wäre es gestern gewesen, erinnerte er sich an den panischen Rückzug, an die Männer und Tiere, die binnen eines Herzschlags starben, und die tausende, denen ein langsamer Tod bevorstand. Er selbst war nur mit knapper Not entronnen. Verletzt, kaum im Stande, einen psychischen Abwehrschirm gegen den giftigen Staub aufrechtzuerhalten, hatte er sich an den kleinsten Hoffnungsschimmer geklammert.
   Er hätte dort sterben sollen, reglos und hilflos. Aber er starb nicht. Damals war er dem Tod entronnen, wie schon frühere Male und auch bei späteren Gelegenheiten. Die Götter hielten ein anderes Schicksal für ihn bereit, nicht das einer weiteren namenlosen Leiche auf einem Schlachtfeld, das für eine Generation oder länger niemand mehr zu überqueren wagte.
   Nun stand er in seiner Erinnerung hoch oben auf einem Balkon des Turms, in das scharlachrote Gewand eines Bewahrers gehüllt. Endlich befehligte er einen eigenen Kreis, und wie sehr seine Arbeiter ihn auch verabscheuten, sie würden ihm gehorchen. Ihr Turm hatte seinem königlichen Bruder einen Treueeid geleistet, und auf sein Geheiß führten sie jetzt diesen Angriff auf einen Hastur-Turm durch.
   Schreie hallten in dem Labyrinth von Rumails Gedanken wider. Um ihn herum erzitterten die Mauern unter Blitzschlägen, als die Türme einander mit ihren schrecklichen Waffen bekämpften. Steine zerbarsten in einem unnatürlichen Licht. Er spürte die Sterbegedanken seiner Arbeiter und in weiter Ferne die ihrer Feinde. Blaue Flammen schossen
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