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Schattenwandler 01. Jacob

Schattenwandler 01. Jacob

Titel: Schattenwandler 01. Jacob
Autoren: Jacquelyn Frank
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einladenden Gegenden der Bronx laufen? Kein Wunder, dass der Vollmond dafür berüchtigt war, die Menschen verrückt zu machen. Sollte irgendjemand im Moment ihre Gedanken lesen können, würde er die ruhige, gebildete Isabella, die alle kannten und liebten, nicht wiedererkennen. Und zu ihrer eigenen Sicherheit würde man sie wahrscheinlich am Boden festnageln.
    Isabella fragte sich immer wieder, ob die Leute, die sie kannten und liebten, überhaupt wussten, wer sie wirklich war. Wie sollten die anderen sie kennen, wenn sie sogar daran zweifelte, ob sie sich selbst kannte?
    Sie führte ein angenehmes, ruhiges Leben, fast mitleiderregend stereotyp für eine alleinstehende Bibliothekarin. Sie besaß sogar die typischen zwei Katzen. Sie liebte ihre Bücher. Es gab eine solche Fülle an Informationen, es gab so vieles zu lernen, so viele Geschichten zu erzählen. Ihr Appetit hatte nicht einen Tag nachgelassen, seit sie begonnen hatte zu lesen. Wahrscheinlich hatte sie schon mehr vergessen, als die meisten Leute überhaupt jemals gelesen hatten.
    Und obwohl Bücher immer der Schlüssel zu Isabellas Glück gewesen waren, jetzt war sie irgendwie … unzufrieden.
    Sie riss das Fenster auf und lehnte sich weit hinaus in die kühle helle Nacht. Alles sah so anders aus. Im Gegensatz zur Sonne mit ihrem goldenen Schein ließ der Mond alles blass und silbrig erscheinen. Die Schatten waren lang und geheimnisvoll, der langweilige schwarze Asphalt wurde zu einem Highway aus strahlendem Grau.
    „Wenn du rausfällst und auf den Kopf knallst, geschieht dir das nur recht“, bemerkte Corinne sarkastisch hinter ihr. „Ich dachte, du hättest das Fliegenfenster wieder davorgesetzt.“
    „Wolltest du nicht ins Bett gehen?“, fragte Isabella, ohne sich umzudrehen.
    Sie hörte, wie ihre Schwester einen verächtlichen Laut ausstieß. Das tat Corr immer, wenn ihr keine schlagfertige Antwort einfiel. „Ja, ich gehe ins Bett. Denk dran, die Tür abzuschließen, bevor du schlafen gehst. Starr nicht so lange in die Sterne. Du hast gesagt, du müsstest morgen früh arbeiten.“
    „Ich weiß. Gute Nacht“, erwiderte Isabella und winkte ihrer Schwester zu, ohne sich umzudrehen. Sie sah nicht, wie Corinne die Augen verdrehte, bevor sie den Flur hinunter zu ihrem Schlafzimmer ging.
    Isabella lehnte sich weiter aus dem Fenster und stützte sich auf ihre Arme, die sie unter der Brust verschränkt hatte, während sie die fünf Etagen bis zum Bürgersteig hinunterblickte. Ihr Haar glitt wie eine schwarze seidene Schlange langsam über ihre Schultern und über ihre Brust nach vorn, bis es frei in der Nachtluft hing.
    Sie ließ ihren Blick schweifen, bis sie einen dunkel gekleideten Mann entdeckte, der würdevoll auf ihr Haus zukam. Seine Schritte waren lang und selbstsicher und nur leise durch die Nacht zu hören. Sie wusste nicht, wieso, aber selbst aus dieser Entfernung spürte sie, dass sein lässiger Gang nur Fassade war. Irgendetwas an dieser geschmeidigen männlichen Gestalt wirkte sehr wachsam und sehr … rücksichtslos.
    Sie schätzte, dass er ziemlich groß war. Sein Haar war ungewöhnlich schwarz, trotzdem schimmerte es im Mondlicht. Es war wahrscheinlich schwarz oder dunkelbraun und möglicherweise zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Er trug seinen langen grauen Mantel offen und ohne Gürtel, die Hände lässig in den Taschen. Der Stoff schwang um seine Beine, während er ging, und klaffte hin und wieder auf, wobei er ein graublaues Hemd und schwarze Hosen enthüllte. Teuer, elegant und selbst auf die Entfernung sehr beeindruckend.
    Gut gekleidete Männer sah man in dieser Gegend nicht oft, denn sie war alles andere als vornehm.
    Isabella hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als der Mann abrupt stehen blieb. Im blassen Licht des Mondes sah sie etwas in seinem Gesicht aufblitzen, und sie hatte das seltsame Gefühl, dass er gerade gelächelt hatte. Er sah sich um, offensichtlich suchte er etwas.
    Dann hob er den Blick.
    Isabella keuchte leise auf, als er sie direkt ansah. Ihr Herz machte einen unerklärlichen Sprung. Diesmal lächelte er unübersehbar, ein weißes Blitzen im sonst dunklen Gesicht. Er trat einen weiteren Schritt vor, sah einmal die Straße hinauf und hinunter. Dann lehnte er sich lässig gegen einen Telefonmast und blickte wieder zu ihr herauf.
    „Sie werden hinausfallen.“
    Isabella blinzelte, als die wohlklingende Stimme zu ihr heraufdrang und sie einzuhüllen schien. Er hatte seine Stimme nicht einmal erhoben,
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