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Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz
Autoren: Clay und Susan Griffith
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dieser reglos auf dem Deck zusammenbrach.
    »Karree bilden!«, brüllte Anhalt über das Stakkato des Gewehrfeuers hinweg, das überall an Deck ausbrach. »Bajonette aufpflanzen! Vor und hoch! Vor und hoch!« Soldaten hasteten aufs Achterdeck und sammelten sich zu einem groben Quadrat um die Hauptluke. Die Männer hantierten mit Bajonetten und versuchten ihre Gewehre zu bedienen, wie man es ihnen eingedrillt hatte, zielten abwechselnd nach vorne und nach oben, um sowohl Angriffe vom Boden wie auch aus der Luft abzuwehren. Manche der jungen Gesichter waren ausdruckslos, andere von Entsetzen und Blut entstellt.
    Adele schickte ihren Bruder den Niedergang hinunter. Die Takelage über ihr wimmelte vor Vampiren, vielleicht hundert von ihnen, die darauf herumkrabbelten. Der Mast wirkte wie ein toter Baum voll kriechender Raupen. Dann waren die beiden Geschwister unter Deck, wo Soldaten und Matrosen hektisch durch die Gänge rannten. Offiziere riefen Befehle und Gegenbefehle, die im Getöse trampelnder Füße untergingen. Anhalt sprang schnell durch die Luke und wies fünf Soldaten an, Adele und Simon in den Bauch des Schiffes zu geleiten.
    Sie stiegen tiefer und tiefer, am beißend riechenden Chemikalienraum vorbei hinunter ins stinkende Orlopdeck. Sie wurden zu einer kleinen, dunklen Kammer gebracht – ob im Bug oder Heck des Schiffes vermochte Adele nicht mehr zu sagen –, in der Ziegen, Schweine und Hühner in Käfigen lebten.
    »Hier sind Sie in Sicherheit, Eure Hoheiten.« Ein Soldat schob die kaiserlichen Geschwister in den Stall, dann schlug er die Tür zu.
    Lange Zeit sprachen weder Adele noch Simon in der Dunkelheit ein Wort. Adele hielt ihren Bruder fest im Arm und bemerkte, dass er zitterte. Ohne zu blinzeln, starrte er eine kleine Ziege an, die im Stroh neben ihnen stand. Angestrengt lauschten sie auf Geräusche der Schlacht in der Hoffnung, Anzeichen für einen Sieg zu hören. Die besten Truppen des equatorianischen Reiches konnten doch sicher vampirische Wegelagerer besiegen. Die Vampire würden wie Ungeziefer die Flucht ergreifen, sobald sie erkannten, dass dies kein träges Handelsschiff war, das sich zu weit nach Norden verirrt hatte.
    Der Raum erbebte und machte einen Übelkeit erregenden Satz nach Steuerbord.
    Simon kreischte auf und klammerte sich an Adele, als sie durch den kleinen Stall taumelten. Im Versuch, Simons Körper zu schützen, prallte sie gegen die Schottwand und in einen Stapel Hühnerkäfige. Adele hob einen Käfig von ihrem Bruder und zog Simon enger an sich.
    Nach mehreren angsterfüllten Minuten in der Dunkelheit flog die Tür auf und Colonel Anhalt erschien mit einer grauenhaften Schnittwunde, die sein dunkles Gesicht entstellte. Sein Uniformrock war zerrissen und blutdurchtränkt. Er trug den Karabiner eines Soldaten und seinen Säbel, der von kochendem Blut dampfte. »Hoheit, bitte schnell. Das Schiff sinkt.«
    Adele mühte sich auf die Füße. »Rettungsboote?«
    »Nein.« Anhalt führte das kaiserliche Geschwisterpaar aus der Kammer. »Zu unsicher.« Die Rettungsboote eines Luftschiffs waren kleine Gondeln, die an chemisch aufgeblasenen Ballons hingen – leichte Beute für Vampire. Drei Soldaten gingen vor ihnen her, und vier bildeten die Nachhut. Als die Gruppe das Kanonendeck erklomm, erlosch die chemische Beleuchtung und tauchte das Schiff in pechschwarze Dunkelheit. Der Gang neigte sich in einem starken Winkel, was es schwermachte, Halt zu finden. Vor ihnen füllten Matrosen einen Raum mit Matratzen und zusammengerollten Hängematten. Anhalt bedeutete Adele und Simon, hineinzugehen. »Bleiben Sie hier, Hoheiten. Und machen Sie sich keine Sorgen!«
    Adele schob Simon zu Boden, wo er gehorsam blieb. Dann ließ sie die steife Schulter ihres Bruders los und wandte sich wieder ihrem zuverlässigen Gurkha-Colonel zu. »Wie ist unsere Lage?«, flüsterte sie.
    Anhalt zögerte, doch nachdem er in die ruhigen Augen der jungen Frau geblickt hatte, die er verehrte, und ihm erneut bewusst wurde, warum er sie verehrte, antwortete er: »Die Vampire haben den Großteil der Segel zerstört und den Lenkballon beschädigt. Wir können uns nicht länger in der Luft halten. Die Weiße Garde verliert den Kampf um das Deck.«
    »Wie ist das möglich?«, fragte sie ungläubig. »Wegelagerer können doch nicht …«
    »Das sind keine Wegelagerer, Hoheit. Das ist ein ausgewachsener Angriff durch Clanrudel. Sie beabsichtigen, dieses Schiff zu zerstören. Vielleicht sogar den ganzen Konvoi.«
    »Das
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