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Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz
Autoren: Clay und Susan Griffith
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verärgert. »Na gut, darf ich dann das Schiff kommandieren?«
    »Nein, natürlich nicht«, versetzte Adele gereizt. Dann blinzelte sie und fügte sanfter hinzu: »Nicht jetzt. Vielleicht morgen, wenn es hell ist.«
    Adele wollte Simons jugendliche Neugier und Begeisterung fördern, nicht unterdrücken. Sein Enthusiasmus war wichtig. Das Reich brauchte Männer wie Simon, kühn und neugierig. Zu ihrer Betroffenheit gab es derzeit bei Hofe bereits viel zu viele Männer von der korrupten Sorte, wie er einer werden würde, wenn ihn die Hofschranzen des Palastes in die Fänge bekamen.
    »Warum nicht?« Simon schlenderte von ihr fort in der festen Absicht, das Steuerrad des Schiffes zu erkunden, wo hell glänzende Druckluftröhren aus Kupfer zusammenliefen und etwas bildeten, das einer barocken Orgel ähnelte. Prinz Simon sollte Offizier der kaiserlichen Armee werden, und diese Vorstellung begeisterte ihn.
    Colonel Anhalt hüstelte bestimmt, als die kleinen Hände des jungen Prinzen spielerisch über die pneumatischen Röhren strichen.
    Schnell eilte Adele von der Reling hinüber und ergriff den Arm ihres Bruders. »Simon, steh nicht im Weg!«
    »Ich mache schon nichts kaputt!«, erwiderte der Junge heftig.
    Sie wurden vom Klacken eines Pneumos unterbrochen, das von den Masttopps kam.
    Mit gestrafftem Rücken sagte Colonel Anhalt zu Simon: »Würden Hoheit gerne dieses Signal des Ersten Offiziers vom oberen Kreuzmast entgegennehmen?«
    Jauchzend vor Freude hob Simon eine runde Kupferklappe an, und ein Gummizylinder fiel in seine Hand, zusammen mit einem Spritzer dunkler Flüssigkeit »Igitt! Was ist das?« Er hob die befleckten Finger ins gelbliche Licht.
    Öl oder Schmiere, dachte Adele mit milder Verzweiflung und griff automatisch in ihre Tasche, um ein Taschentuch hervorzuziehen. Anhalt starrte Simons Hand mit gerunzelten Augenbrauen an. Dann entwand er dem Jungen den Pneumo-Zylinder und schnupperte daran.
    »Blut«, murmelte der raubeinige Soldat. Abrupt richtete er seinen ernsten Blick auf die entsetzte Prinzessin Adele. Seine Stimme war fest und streng. »Hoheit, bringen Sie Ihren Bruder unter Deck, wenn Sie so freundlich wären.«
    Instinktiv legte Adele eine Hand auf den Griff ihres Dolchs und zerrte Simon mit der anderen zur Hauptluke. Derweil starrte Colonel Anhalt zu dem riesigen Lenkballon dreißig Meter über seinem Kopf empor, als versuche er durch ihn hindurch die unsichtbaren Masttopps darüber zu erkennen. Auf dem Achterdeck unterbrachen mehrere Flottenoffiziere ihre Unterhaltungen und beobachteten ihn mit wachsendem Interesse.
    Plötzlich tat das Luftschiff einen Satz. Adele suchte an einer pneumatischen Röhre Halt und zog ihren Bruder wieder auf die Füße. In der Takelage hoch über ih nen sah sie eine Gestalt erschreckend taumeln, hin und her rudern, ohne sicheren Halt zu finden, bis sie schließlich am Deck vorbei in die schwarze Atmosphäre unter dem Schiff stürzte. Bevor Adele diese plötzliche Tragödie noch richtig begreifen konnte, fiel ein weiterer Mann und noch einer. Dann sah sie seltsame, schattenhafte Dinge, die sich mit unnatürlicher Gewandtheit an den Wanten zum Deck herunterhangelten.
    Zwei dunkle, kadaverhafte Gestalten landeten geräuschlos mittschiffs auf den Deckplanken und hoben ihre blutbefleckten Gesichter ins Licht. Zum ersten Mal in ihrem Leben erblickte Adele wahre Grausamkeit. Diese Vampire waren keine Geschichten oder Schreckgestalten in der Ferne, sie waren real, bedeckt mit Blut, das im Licht der Laternen glänzte. Eng drückte sie ihren Bruder an sich.
    Die Matrosen starrten die entsetzlichen Eindringlinge an. Ein Trupp Rotröcke hob die Gewehre und eröffnete unkontrolliert das Feuer. Ein Vampir wurde von den Beinen gerissen. Der andere schoss vorwärts, ein verschwommener Schatten im Zwielicht, und zwei Soldaten schrien. Dann sprang der verwundete Vampir auf die Füße und warf sich ebenfalls in den Kampf. Es war eine kurze, blutige Angelegenheit.
    Zwei weitere Vampire ließen sich aufs Achterdeck fallen, fauchend wie Katzen, nur wenige Schritte von Adele und Simon entfernt. Einer machte einen Satz in Simons Richtung, zu schnell, als dass Adele schreien oder reagieren konnte.
    Der Kopf des Vampirs explodierte, und sein Körper stürzte zu Boden.
    Mit einem rauchenden Revolver in der Hand und dem gezogenen Fahrenheit-Säbel in der anderen tauchte Anhalt an Adeles Seite auf. »Unter Deck! Schnell!« Er feuerte zweimal und traf den zweiten Vampir in den Kopf, woraufhin
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