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Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz
Autoren: Clay und Susan Griffith
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Blut.
    Durch einen langen Riss in der Bordwand des Schiffes konnte Adele den Nachthimmel über ihnen sehen. »Dort hinauf«, sagte sie zu Simon. »Lass uns hinaufklettern.« Sie half dem Jungen, das schiefe Deck zu erklimmen. Dabei klammerten sie sich an alles, was ihnen als Haltegriff dienen konnte. Wrackteile verrutschten unvermittelt unter ihnen und drohten sie abzuschütteln. Doch schließlich erreichten sie das gezackte Loch und stiegen hinaus auf die abfallende Hülle des umgestürzten Rumpfes.
    In tiefen Zügen sog Adele die frische Luft ein, dann wandte sie sich zu ihrem stummen Bruder um. »Bist du verletzt?« Sie tastete seinen Kopf und seine Gliedmaßen ab. Sie wollte, dass er etwas sagte, wollte, dass er reagierte.
    Der junge Prinz beugte Ellbogen und Knie, dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Alles funktioniert.«
    »Bei mir auch.« Adele lachte und küsste ihren Bruder auf den Scheitel. »Alles kommt wieder in Ordnung.«
    Das Prunkstück der kaiserlichen Flotte war in einen provenzalischen Wald gestürzt und hatte eine Schneise aus entwurzelten Bäumen hinterlassen. Das Luftschiff lag schief auf der Steuerbordseite, der Lenkballon und seine Metallhülle zerfetzt. Masten waren gebrochen und über die großen Erdhügel verstreut, die das abstürzende Schiff zusammengeschoben hatte. Männer krochen aus klaffenden Rissen entlang des Rumpfes und wanderten über den riesigen, gestrandeten hölzernen Wal. Adele half mehreren von ihnen und sprach dabei so ruhig und ermutigend auf sie ein, wie sie konnte. Darin bestand ihre Pflicht während einer Krise. Auch auf dem Boden bewegten sich Männer. Sie sah überlebende Weißgardisten unter ihnen und suchte ohne Erfolg nach Colonel Anhalt und Mitgliedern ihrer Haustruppe. Sie betete, dass Anhalt noch am Leben war.
    Adele hob den Blick zum wolkenverhangenen Himmel und suchte nach dem Leuchten der anderen Schiffe der Flotte. Kurz glaubte sie, einen schwachen gelben Schimmer zu sehen, war sich aber nicht sicher. Dann bemerkte sie winzige, huschende Gestalten, die sich von den grauen Wolken abhoben.
    Wie war das möglich? Am Boden war es sogar noch wärmer. Warum kamen sie dennoch? Was trieb sie an?
    Adele versuchte, Simon zurück in den Rumpf des Schiffes zu schieben, als ein Vampir in ihrer Nähe landete. Die Kreatur packte Adele am Arm, doch sofort ließ sie mit einem fauchenden Schrei wieder los. Eindringlich starrte der Vampir die junge Frau an und wiegte dabei den Kopf wie ein Tier. Er trug ein Durcheinander aus militärischen Uniformen, einschließlich der Jacke eines Generals mit angelaufenen Medaillen und Ehrenplaketten. Doch die seltsame Kleidung bedeutete nichts. Vampire trugen, was immer sie von Leichen oder aus zerstörten Häusern plündern konnten.
    Er fauchte weiter in dieser Sprache, die kein Mensch je ergründet hatte. Adele erkannte, ohne zu verstehen wie, dass das Ding über sie redete. Sie konnte keine Einzelheiten in dieser schrecklichen Sprache ausmachen, doch plötzlich wurde ihr klar, dass es bei diesem ganzen Angriff um sie ging. Die Vampire suchten nach ihr!
    Und was noch unglaublicher war, dieser »Vampir-General« hatte Angst, sich ihr zu nähern. Adele spürte seine Furcht und machte sie sich zunutze. Angriffslustig ging sie auf ihn zu, und das Ding wich zurück und zeigte die Krallen. Dann hörte Adele ein kurzes, aber erkennbares Ächzen hinter sich. Sie wirbelte herum und sah einen weiteren Vampir, der seine blassen, knochigen Arme um ihren traumatisierten Bruder schlang. Sie tat einen Satz auf die beiden zu, doch das Ding sprang mit Simon in seinem Griff vom Rumpf des Schiffes. Adele erstickte einen Schrei, als sie zusah, wie sie zur Erde fielen. Der Vampir landete hart auf den Füßen und trug Simon davon, durch das hohe Gras in den dunk len Wald hinein.
    Schnell kletterte Adele den geborstenen Rumpf des Luftschiffs hinunter. Sie ignorierte den Vampirgeneral, der weiter drohend über ihr schwebte. Ein paarmal verlor sie den Halt und rutschte aus, geriet jedoch nicht in Panik. Die fest entschlossene Prinzessin bemerkte ihre blutigen Hände nicht einmal, als sie sich zu Boden fallen ließ und hinter Simon herrannte, vorbei an verwirrten Soldaten und Matrosen, die versuchten, sich der auf sie herabstürzenden Vampire zu erwehren. Sie hielt nur lange genug an, um einem toten Soldaten einen Säbel aus den Händen zu winden. Dann stürzte sie in den Wald, ohne auf die Zweige und Dornen zu achten, die ihr Gesicht und Körper zerkratzten. Ihr
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