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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz
Autoren: M Bomm
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misstrauisch ins Gesicht. Dieser jedoch wich seinen Blicken aus. »Deshalb gabs nur eine Chance – und zwar, diesem Sergije die Waffe abzunehmen. Ich bin ihm da drüben am Tisch gegenübergesessen, während er hier an der Tür stand.« Die Kollegen hörten ihm aufmerksam zu. »Tja, es stellte sich die Frage, ob ich auf ihn schießen soll. Er hat nämlich nicht bemerkt, dass ich die Hand bereits an meiner Waffe hatte.« Häberle ließ seinen Kollegen Holler nicht aus den Augen. »Es blieb nur die eine Wahl – es zu riskieren. Die anderen Herrschaften schienen wie gelähmt zu sein, wie das Kaninchen vor der Schlange.« Der Kriminalist hatte sich vom Schock der vergangenen Minuten bereits wieder erholt. »Alles nur eine Frage des Angriffs«, lächelte er. »Dieser Tisch hier«, er deutete auf das umgestürzte Möbelstück, »war ideal. Zwar ein leichtes Modell, aber für meine Zwecke ausreichend.« Häberle grinste jetzt zu den umstehenden Kollegen. »Ein kräftiger Ruck, das Ding gegen den Kerl gestoßen und gleichzeitig die Tischplatte hochgehoben. Ein kritischer Moment, natürlich. Da hat sich bei unserem Freund der Schuss gelöst – bewusst oder unbewusst, das kann ich nicht sagen.« Er deutete zur Decke, wohin sofort ein Lichtstrahl gerichtet wurde: »Da hat sich die Kugel reingebohrt. Wir können von Glück sagen, dass das Bauwerk so marode ist, sonst hätts womöglich einen gefährlichen Querschläger gegeben.«
    »Und dann?«, wollte Holler ungeduldig wissen. Seine Stimme verriet Unsicherheit.
    »Ich hab ihn mit dem senkrecht gestellten Tisch in die Ecke gedrückt und die Hand, mit der er die Waffe hielt, gegen die Wand gequetscht.« Wieder lächelte Häberle, als sei für ihn alles nur Routine gewesen. »Noch bevor sich die anderen von dem Schreck erholt hatten, hat er die Pistole fallen lassen – und ich hab sie untern Schrank gekickt.«
    Die Kollegen verfolgten seine Schilderungen, als halte er eine Vorlesung in der Polizeischule. »Ich hab ihm seinen Arm noch kräftig gequetscht und dann den Tisch auf die drei anderen Jungs geworfen – und dem auf der anderen Seite eine übergezogen.« Häberle sah wieder zu Holler: »Alles natürlich in der Hoffnung, dass nun endlich Sie auftauchen würden. Denn die drei anderen, die bis dahin, wie gesagt, wie die Ölgötzen dagesessen sind, haben mich nach der ersten Schrecksekunde dann so heftig attackiert, dass ich nicht mehr dazu kam, meine Waffe aus der Hosentasche zu ziehen. Die Jungs haben richtig zu prügeln begonnen«, grinste er erneut, als habe es ihm Spaß gemacht, mal wieder kräftig zulangen zu können. »Sergije hat dann den Tisch in meine Richtung geschleudert – und die vielen Scherben hier …« Er deutete auf den Fußboden, der mit zerschlagenen Gläsern und Flaschen übersäht war und auf dem sich eine klebrige Pfütze aus Mineralwasser und Cola gebildet hatte. »Das war gefährlich. Sie haben dann mit Stühlen auf mich eingedroschen und mich festhalten wollen. Aber«, er sah in die Runde und wollte jetzt endlich klarstellen, dass er nicht der Behäbige war, für den sie ihn gewiss alle hielten, »als alter Judokämpfer hab ich mir natürlich keine Blöße gegeben.« Er betrachtete seine blutverschmierten Hände. »Ich hab mich wohl an den Scherben verletzt«, meinte er und sah an sich hinab. Am Jeanshemd fehlten drei Knöpfe. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass ihm der Schädel brummte.
    Er versprach dem Einsatzleiter, sofort im Polizeirevier vorbeizukommen, denn er wollte dringend mit einem der Festgenommenen reden. »Ach ja, noch etwas«, sagte er im Weggehen, während er sich noch mal zu Holler drehte: »Ist Ihnen eigentlich Holzapfel ein Begriff?«
    Holler verengte die Augenbrauen. »Holzapfel?«
    »Mhm«, machte Häberle und ließ den Anflug eines verschmitzten Lächelns erkennen.
    »Ne«, entgegnete Holler mit heißer Stimme. »Ne, was solln das denn sein?«
    Der Chefermittler zuckte mit den Schultern, nickte den SEK-Beamten freundlich zu und verließ das Gebäude. Droben im Freien sog er die jetzt kühler gewordene Nachtluft in sich auf, griff zum Handy und rief zuerst Susanne an, die seit Stunden auf den erlösenden Anruf gewartet hatte. Anschließend löste er bei den Kollegen der Sonderkommission das lähmende Entsetzen auf und unterhielt sich ausführlich mit Fludium.

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    Anton Simbach war der Einzige, mit dem Häberle an diesem Abend noch reden wollte. Die SEK-Beamten hatten ihn in das Vernehmungszimmer des Polizeireviers von
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