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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz
Autoren: M Bomm
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dem Ernst der Lage bewusst werden. Sonst werd ich mich morgen mit Ihrem Vorgesetzten unterhalten.« Das saß.
    Der Beamte sicherte zu, sofort das Landeskriminalamt in Dresden zu informieren. Als sie aufgelegt hatte, schien es Korfus besser zu gehen. Offenbar war eine große Last von ihm gefallen. »Vorgestern Abend ist mir bewusst geworden, dass die mich ausschalten wollen. Mich und meine Frau«, begann er zu erzählen. »Ich weiß zu viel. Auch wenn ich selbst mitten im Schlamassel stecke – und das tue ich wirklich, glauben Sie mir -, so könnte ich doch Details schildern, die manchen dieser Herrschaften äußerst unangenehm sein könnten. Nicht nur diesem Simbach oder seiner ganzen Clique, die noch immer in Hohenschönhausen ihr Unwesen treiben. Allerdings …« Er strich sich über den Bart. »Der Preis, den ich persönlich dafür bezahlen müsste, wäre hoch. Sehr hoch. Soweit ich weiß, hat man bisher nirgendwo etwas davon gelesen, dass die Vollstrecker der DDR frei herumlaufen.«
    Die Dekanin schüttelte den Kopf. »Es gibt vieles, was sich uns im Westen nicht erschließt.«
    Dann sah sie die Gelegenheit zu einer Frage gekommen, die ihr seit Minuten auf den Nägeln brannte: »Und wer hat auf Sie geschossen und bei mir eingebrochen?«
    »Dieser Russe natürlich«, erwiderte Korfus. »Sergije. Antons Spitzel. Seine rechte Hand. Ich und meine Frau sollten beseitigt werden und bei Ihnen hat man wahrscheinlich Akten gesucht.«
    »Nur eines ist mir immer noch nicht klar«, hakte die Theologin nach. »Wer hat Alexander Simbach mit dieser raffinierten Schaltung umgebracht?«
    »Derjenige, der eigentlich mich umbringen wollte«, war sich Korfus sicher.
     
    »Lass das«, fuhr Simbach den Deutschrussen von der Seite an.
    »Das ist meine Sache«, fauchte der und richtete die schwarze Waffe auf Häberle, der sich von Sekunde zu Sekunde der Gefahr stärker bewusst wurde. Die drei anderen Männer wagten kaum, sich zu bewegen.
    Häberle ließ seine Arme neben die Oberschenkel baumeln. Wenns drauf ankam, würde er seine Waffe blitzschnell aus der Hosentasche ziehen können. Aber möglicherweise vielleicht doch den Bruchteil einer Sekunde zu langsam. Und so ein Bruchteil konnte über Leben und Tod entscheiden.
    »Ich mach Ihnen einen Vorschlag«, begann er, wurde aber brüsk unterbrochen: »Sie können sich Ihre Vorschläge sparen«, zischte Sergije. »Heute entscheide ausnahmsweise ich, was zu geschehen hat. Nicht Herr Simbach und nicht Herr Kissling – sondern einzig und alleine ich. Bisher haben die Herrschaften mich die Drecksarbeit machen lassen. Deshalb wird es an der Zeit, dass auch ich mal Zeichen setze.«
    »Sergije«, meldete sich Simbach noch mal, »auch wenn du ihn erschießt, wird nichts besser.«
    »Doch. Wir haben dann einen imperialistischen Staatsfeind weniger.«
    Häberle erschrak. Gegen verblendete Politfanatiker war schwer mit Vernunft anzukommen. Wo, verdammt noch mal, blieb eigentlich der Kollege Lars Holler, mit dem er das Handysignal als Zeichen für den Zugriff vereinbart hatte? Plötzlich beschlich den Ermittler das Gefühl, Holler habe diese Art der Kommunikation bewusst vorgeschlagen. Weil er vielleicht wusste, wo das Treffen stattfinden würde – in einem Keller ohne Mobilfunknetz? Hatte man ihn bewusst in diese Falle gelockt? Er hatte den rechten Arm vorsichtig angewinkelt, um jetzt mit der Hand in die Hosentasche greifen zu können. Der Tisch schottete Sergijes Blicke ab.
    »Wir können die Angelegenheit sauber aus der Welt schaffen«, erklärte Häberle, um überhaupt etwas zu sagen. Sich auf ein Gespräch zu konzentrieren, fiel ihm schwer. Er musste jetzt so tun, als suche er ein Taschentuch.
    »Sauber aus der Welt schaffen?«, höhnte Sergije. »Wenn wir etwas aus der Welt schaffen wollen, müssen wir dies selbst in die Hand nehmen.«
    Häberles rechte Hand glitt langsam in Richtung Hosentasche. »Egal, was Sie jetzt tun, Sergije«, sagte er und behielt den jungen Mann fest im Auge, als wolle er ihn daran hindern, die Bewegung seines rechten Armes zu verfolgen. »Sie machen alles nur viel schlimmer. Ich kann Ihnen versichern …«
    »Sie versichern gar nichts«, zischte Sergije scharf, während die vier anderen die Szenerie atemlos verfolgten. »Das war Ihr letzter Fall, Herr Häberle. Oder warten Sie darauf, dass noch ein Wunder geschieht?«

46
    Linkohr und Fludium waren in den Lehrsaal zurückgefahren, wo die gesamte Sonderkommission fieberhaft auf eine Nachricht aus Bischofswerda
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