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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz
Autoren: M Bomm
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so, wie ich mir das nach dem damaligen Engagement bei den Friedensgebeten vorgestellt habe. Der Bruch kam, nachdem uns klar geworden war, dass Alexanders Bruder Anton damals meine Frau unter fadenscheinigen Behauptungen festgenommen hat.«
    »Und der Streit im Martin-Luther-Haus?«, wollte die Dekanin noch wissen, während sie ein Fenster öffnete, um die laue Sommernachtluft hereinzulassen.
    »Ein Wort hat das andere gegeben. Auch der Alkohol hat sicher eine Rolle gespielt. Es ging mal wieder um die dubiose Rolle seines Bruders kurz vor der Wende«, sagte Korfus.
    »Aber auch um Ihre Vergangenheit?«
    »Natürlich. Auch meine«, bestätigte er erschöpft und schwieg.
    Sie wechselte das Thema. »Und dass man Sie umbringen wollte, daran haben Sie keinen Zweifel?«
    »Keinen. Schon gar nicht, nachdem auf mich und meine Frau geschossen worden ist. Es war doch bekannt, dass ich regelmäßig im Turm nach den Glocken geschaut hab. Natürlich konnte niemand den Tag und die Stunde vorhersehen, wann ich während des Läutens die Metallkonstruktion anfassen würde. Aber nachdem ich meine Kontrollgänge immer zum Läuten gemacht hab, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich mal mit dem Körper drankomme.«
    »Sie meinen, Simbach war eher ein Zufallsopfer?«
    Korfus erwiderte nichts. Die Dekanin musterte den Mann, der wie ein Häufchen Elend vor ihr saß.
    »Wer einsichtig und reumütig ist, kann mit seiner Vergangenheit irgendwann Frieden schließen«, versuchte sie ihn zu trösten.
    »Wenn das so einfach wär. Die werden mich nicht in Ruhe lassen. Sie können sich nicht vorstellen, welche Kräfte drüben noch am Werk sind. Nicht nur die alten Stasileute. Auch der russische Geheimdienst KGB hat dort noch seine Leute, von denen sich einige verselbstständigt haben.« Und er fügte vorsichtig hinzu: »Alexander Simbachs Bruder Anton betreibt einen Sicherheitsdienst. Man munkelt, dass mehr dahintersteckt als die Bewachung von Firmen und Privathäusern.«
    »Alte Seilschaften?«
    »Wenn dieser Kommissar in dieses Räderwerk geraten ist, werden sie ihn verschwinden lassen. Er wäre nicht der Erste.«
     
    Das Spezialeinsatzkommando hatte sich in den umliegenden Gebäuden aufgehalten und auf das vereinbarte Zeichen gewartet. Je mehr Zeit verstrich, desto unruhiger wurden die Beamten, die in ihren Kampfanzügen auf gestapelten Paletten saßen und sich in der Dunkelheit nur noch schemenhaft sehen konnten. Ein Teil der Gruppe war in den anderen Gebäuden untergebracht. Es war eine logistische Herausforderung gewesen, innerhalb kürzester Zeit und so unauffällig wie möglich an das Zielobjekt heranzukommen. Mit Einbruch der Dämmerung hatten die letzten Männer vollends ihre vereinbarten Stellungen bezogen. Dann, kurz vor 22 Uhr, hatte ein Beobachtungsposten das Annähern einer Person gemeldet. Ein junger Mann offenbar. Er war mit einem Auto gekommen, hatte es draußen auf der Straße hinter Häberles Audi abgestellt und war zielstrebig zu Fuß zu der blauen Eingangstür gegangen, hinter der sich den polizeilichen Erkenntnissen zufolge der Treffpunkt der alten Stasiseilschaft befand.
    Inzwischen war es Mitternacht und die Luft in dem alten Gebäude stickig und warm. Noch immer gab es kein Zeichen von diesem westdeutschen Kommissar. Einsatzleiter Lars Holler, ein kräftiger Mann, der kurz vor der Pensionierung stand, richtete den schmalen Strahl seiner kleinen Halogenlampe zum wiederholten Mal auf das Display seines Handys, das er auf dem rauen Holz einer Palette liegen hatte. Das Gerät war eingeschaltet und zeigte den schwachen Empfang eines Funknetzes.
    »Wenn die im Keller sitzen, wirds schwierig«, sprach jetzt einer der jungen Beamten aus, was viele andere schon gedacht hatten.
    Holler sagte nichts. Woher hätte er auch innerhalb kürzester Zeit in Erfahrung bringen können, wie die Örtlichkeiten da drunten aussahen?, überlegte er. Niemand würde ihm jemals einen Vorwurf machen können. Schließlich hatte dieser Häberle erst um 17 Uhr den Ort benennen können. Da war keine Zeit geblieben, ihn sich noch in Ruhe anzusehen. Es war viel wichtiger gewesen, die Männer in Position zu bringen.
    Holler wurde schlagartig aus seinen Gedanken gerissen. Ein Geräusch hatte die Stille zerrissen – ein kurzes nur. Ein dumpfer Hall, ein Schlag. Ein Schuss? Die Männer sprangen auf. Ein leise gedrehtes Funkgerät begann zu piepsen. Holler drückte eine Taste und meldete sich mit gedämpfter Stimme. »Ja?«
    »Im Zielobjekt ist ein Schuss
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