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PR 2663 – Der Anker-Planet

PR 2663 – Der Anker-Planet

Titel: PR 2663 – Der Anker-Planet
Autoren: Christian Montillon
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1.
    Im Shikaqin
     
    Seit tausend Jahren trinke ich etwas.
    Ich treibe in die Höhe, aber ehe ich die Oberfläche erreiche, werde ich erlöschen. Ich weiß es, weil ich es schon zu oft versu...
    Ich tanzte gerade, als ich starb. – Ich weinte. – Und ich lief in einem Park.
    Shikaqin war alles, war das ganze Universum und das Nichts. Gedanken trieben in und um Shikaqin, blitzten auf und erloschen. Manche währten eine Sekunde, andere vergingen in einem Bruchteil dieser Zeitspanne; aber sie alle verwehten, um sich zu vermischen und neu zu formen.
    Sie stammten von einer Unzahl Individuen, von den Überresten ihrer Seelen, die noch existierten. Sie waren zu klein, um zu leben, aber zu groß, um zu sterben. Shikaqin trieb auf seiner Bahn durchs All, mitten im Chaos und doch im Zentrum der Ruhe.
    Der Planet dachte, lebte und fühlte.
    Vor allem eine Empfindung vertrieb alle anderen: Trauer. Mit ihr ging die ewige Einsamkeit einher.
    Ein Schiff flog ganz in der Nähe.
    Es hieß RADONJU.
    Hör mich! So hör mich doch endlich! Und sprich mit mir!
    Aber die RADONJU schwieg, und sie würde schweigen für ewige Zeiten.
    Also blieb alles beim Alten: Seit tausend Jahren und einer Minute trinke ich etwas.
    Ich treibe in die Höhe, aber ehe ich die Oberfläche erreiche, werde ich erlöschen.
    Ich tanzte gerade, als ich starb. – Ich weinte. – Und ich lief in einem Park.
     
    *
     
    QIN SHI hatte Kaowen sein Gesicht gezeigt. Wenn der Xylthe die Augen schloss, sah er es wieder vor sich.
    Es starrte ihn an.
    Die Superintelligenz starrte ihn an.
    Der Blick durchbohrte ihn, wühlte sich durch sein Bewusstsein und fraß sich in seinen Verstand. Er trennte Fühlen und Wollen voneinander, legte das Innere bloß und durchleuchtete es bis zum Herzen der Empfindungen.
    Doch das war Vergangenheit. QIN SHI war nicht mehr präsent. Die Superintelligenz hatte sich zurückgezogen, und sie hatte Kaowen aus ihrem Machtgefüge ausgespuckt. Er diente ihr nicht mehr als Protektor.
    Oder doch?
    Sie hatte ihn an diesen Ort geschickt, mit seinem Flaggschiff, der RADONJU. Der Befehl war eindeutig gewesen: Geh nach Shikaqin.
    Nach Shikaqin ...
    Ins Herz der Ruhe, die sich mitten im Chaos ausbreitete.
    Zu dem Planeten, dessen Geheimnis niemand kannte. Der verborgen hinter einem Tarnfeld inmitten einer umgekehrten Anomalie lag, dem einzigen Ort der Ruhe am Rand der hyperenergetischen Hölle des Shikaqin-Viibad-Hypersturms.
    Alles veränderte sich, und es ging fast zu schnell, als dass Protektor Kaowen Schritt halten konnte. Der Xylthe musste nachdenken.
    Sein letzter Ersatzklonkörper war zerstört worden ... Er musste nachdenken.
    QIN SHI verließ Chanda ... Er musste nachdenken.
    Zehn Prozent der xylthischen Flotte standen nun unter seinem Befehl in einer Galaxis ohne obersten Herrn ... Er musste nachdenken.
    Perry Rhodan, mit dessen Auftauchen die Serie der Niederlagen begonnen hatte, lebte noch immer ... Er musste nachdenken.
    Kaowen hielt sich in seinem privaten Quartier in der RADONJU auf. Er kauerte nackt in einer Sitzmulde und ließ sich von bunten Strahlenschauern berieseln, die die Hyperfrequenz seines Heimatsterns imitierten – die Sonne, die den Planeten Xylth beschien.
    Bislang war sein Bewusstsein nach dem Tod stets in einem Klonkörper in der Werft APERAS KOKKAIA wieder erwacht. Nun war diese Werft zerstört. Es gab keinen Ersatzkörper mehr – nur seinen Originalkörper auf Xylth, konserviert im Zustand der suspendierten Animation.
    Ein gutes System, seine wohl wertvollste Belohnung für die Dienste an QIN SHI, hatte sein Ende gefunden. Wenn Kaowen ein weiteres Mal starb, würde er endgültig tot sein. Oder gab es eine Möglichkeit, dass sein Bewusstsein in den Originalkörper wechselte, als letzten Ausweg vor dem Tod?
    Er wusste es nicht. Aber diese Hoffnung war seine einzige Überlebensalternative.
    »Wärmer!«, befahl er.
    Die Sitzfläche in der Mulde erhitzte sich.
    »Wärmer!«
    Die Temperatur stieg erneut. Kaowens Haut schien zu brennen. Der Mund fühlte sich trocken an.
    Er schloss die Augen. Die Lider waren warm, viel zu warm, wie im Fieberglühen. Gut so – Hitze spülte unnötige Gedanken hinweg.
    »Wärmer!«
    »Achtung!«, warnte die seelenlose Positronikstimme des Bordsystems. »Bei erneuter Anhebung der Temperatur besteht eine große Gefahr, dass Verletzungen ...«
    »Sicherheitsprotokoll ignorieren!«
    Die Stimme schwieg.
    Kaowen schwitzte. Die Haut an seinem Rücken, wo er auflag, brannte. Es mochte sein, dass
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