Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenlaeufer und Perlenmaedchen - Abenteuer Alltag in Japan

Schattenlaeufer und Perlenmaedchen - Abenteuer Alltag in Japan

Titel: Schattenlaeufer und Perlenmaedchen - Abenteuer Alltag in Japan
Autoren: Christine Liew
Vom Netzwerk:
der 15 eine Reise wert. In der Geschichte springt ein typischer, in sich gekehrter Otaku über seinen Schatten und beschützt eine Frau im Zug vor einem betrunkenen Rüpel. Wie es sich in Japan gehört, bedankt sie sich später mit Brief und Geschenk. Wie reagieren? In seiner Unsicherheit wendet „Train“ sich ans Internet und erhält die Ratschläge unzähliger Menschen. Am Ende bekommt er die schöne Unbekannte und hat obendrein die Verwandlung vom Geek in einen ansehnlichen jungen Mann geschafft. Der besondere Reiz der Geschichte? Sie begann als Thread im Internet. Es wurde nie geklärt, ob die Story Erfindung oder Realität ist. Der authentische Stil des Buches, das Mitfiebern der vielen Forenbesucher und die Anstrengungen des Otaku, wieder Anschluss ans normale Leben zu gewinnen, machten das Buch in kurzer Zeit zum Besteller. Und verhalfen Akihabara mitsamt seiner Otaku-Population – von den landesweit 100 000 Otakus lebt immerhin ein Viertel in Tokyo – zu neuer Attraktivität.
    Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet dieses Stadtviertel ein weiteres japanisches Kuriosum hervorgebracht hat. Maid Cafés sind das neueste Teilchen in der innigen Symbiose zwischen Anime, Manga, Otaku und Cosplay. Cosplay ist eine Art ernsthaft betriebener Karneval rund ums Jahr, allerdings beschränkt auf Hardcorefans, die sich in Figuren aus Comicheft und Zeichentrickfilm verwandeln. Das Mekka der zumeist weiblichen Cosplayer liegt in Harajuku, Akihabara bietet den männlichen Fans in Maid Cafés eine ganz besondere Art der Begegnung, für die sich nur wenige weibliche Gäste erwärmen können.
    Schon an der Eingangstür begrüßen kulleräugige Hostessen im Alice-im-Wunderland-Kostüm die Männer mit einem unterwürfigen „Willkommen daheim, mein Gebieter!“ ( Gosh ū jin-sama, o-kaerinasaimase! ), geleiten sie an ihren Platz und lassen sie bis zum Abschied keine Minute allein. In dieser kleinen Welt zwischen Fantasie und Realität sitzen die zu Mensch gewordenen Trickfilmfiguren scheinbar leibhaftig ihren Fans gegenüber und verwöhnen sie nach Strich und Faden. Der Gast übernimmt in diesem Spiel den Part des Herrn und Meisters. Kaffee umrühren? Nicht nötig, das macht die junge Dame für ihn. Das bestellte Omelett wird mit Ketchupherzchen verziert, dann folgt noch ein köstlicher Zauberspruch und nun darf zugelangt werden. Während des Essens wird munter Konversation betrieben, dabei achtet die Kellnerin im Kostüm sorgfältig darauf, nicht aus ihrer Rolle einer bestimmten Anime-Heroine zu fallen. Sie redet mit piepsiger Stimme und findet auf alles, was der Gast so von sich gibt, bewundernde Worte. Wenn er Glück hat, lockt sie ihn noch auf die kleine Bühne, und gemeinsam singen sie ein Lied oder spielen einfache Spiele. Oben leuchtet die Diskokugel, unten steht der Gast mit Hasenohren und klatscht etwas verlegen in die Hände. Spätestens jetzt wünscht sich jeder Durchschnittsmensch einen richtigen Zauberspruch, um flugs zu verschwinden. Nicht so die jungen Männer mit den auffallend altmodischen Haarschnitten. Sie genießen die kurze Zeit intensiver weiblicher Aufmerksamkeit. Bevor es wieder in die Wirklichkeit hinausgeht, wird gegen Aufpreis noch mit der Polaroid ein Erinnerungsfoto gemacht, mit Glitzerstift verziert und das war's dann auch. Auf die Meedo (Maid) wartet schon der nächste Gast, und alles beginnt von Neuem.
    Vor der nächsten Runde darf ich Musubi und Uno, zwei Hostessen im größten Maid-Café in Akihabara, ein paar Fragen unter der strengen Aufsicht der Managerin stellen. Die Mädchen sehen sich zum Verwechseln ähnlich.
    Beide haben ihr Haar hellbraun getönt, beide tragen die gleiche Uniform mit Häubchen und Rüschenschürze. Sie unterscheiden sich nur in der Farbe ihrer vielen glitzernden Anhänger. Musubi liebt alles in kräftigem Pink, bis hin zu den Fingernägeln bleibt sie ihrer Farbe treu. Die Anfängerin Uno – bei ihr herrscht Babyblau als Farbe vor – ist ihrer „großen Schwester“ zur Seite gestellt worden. „In etwa drei Monaten darf ich alleine Gäste betreuen“, freut sich Uno. Bis dahin gibt es allerdings einen geringeren Lohn und von der Managerin immer wieder die Ermahnung, zu lächeln und die Hände korrekt vor dem Körper zu halten. Ihr Alter ist schwer zu ergründen, auf die entsprechende Frage antworten beide wie aus der Pistole geschossen: „Forever 17!“ So wollen es zumindest die Männer glauben, und das genügt.
    „Wir mussten uns gegen 50 Mitbewerberinnen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher