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Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Titel: Schattengreifer - Die Zeitenfestung
Autoren: Bastei Lübbe
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Christian konnte nicht einschätzen, wie lange der Schattengreifer ihn in diesem Verließ gefangen halten wollte. Und er konnte ja nicht Stunden oder gar Tage an diese Wand gelehnt stehen bleiben.
    Die Fackel!, schoss es ihm durch den Kopf. Vielleicht gelang es ihm, wieder Licht zu entfachen.
    Er ließ sich langsam auf die Knie sinken und spürte, wie erneut Wasser in seine Kleidung eindrang. Mit den Händen tastete er den Boden ab, strich über Steine und durch Matsch und Pfützen hindurch.
    Ihn schauderte.
    Er rutschte ein Stück vor und versuchte es weiter. Dann noch einmal ein Stück. Und endlich bekam er etwas zu fassen. Doch es war nicht die Fackel, wie er erhofft hatte. Es war etwas Weiches, Pelziges. Und noch bevor der Säbelzahntiger wütend aufbrüllte, zog Christian seine Hand entsetzt zurück.
    An den Vorderpfoten hatten alle Krallen gefehlt. Christian war sich sicher, dass er in uralte Wunden gegriffen hatte, dort, wo er Spitzen von Raubtierkrallen hätte ertasten müssen.
    Und seine Angst vor dem, was ihn womöglich in dieser Umgebung erwarten würde, wuchs.

In frühester Zivilisation
I N FRÜHESTER Z IVILISATION

Es knirschte laut, und ein gewaltiger Ruck ging durch das Schiff. Sie mussten auf Sand aufgelaufen sein.
    Simon schlug die Augen auf und sah sich um. Seine Freunde standen, ebenso wie er selbst, noch mit den Händen in den Mulden an der Steinplatte der Zeitmaschine. Auch die anderen hoben gerade ihre Köpfe und versuchten, sich zu orientieren.
    »Sind wir dort, wo wir hinwollten?«, erkundigte sich Moon.
    Caspar nahm die Hände von der Maschine und stellte sich an die Reling. »Was meinst du, Simon? Sind wir in Nin-Sis Nähe? Du kennst dich doch am besten aus, mit deinem Wissen aus all den Büchern.«
    Simon kam zu ihm an die Reling, und auch Neferti stellte sich an Caspars Seite. Nur Moon benötigte wohl noch einen Moment, um die Strapazen der Reise zu verarbeiten.
    Sie blickten auf eine karge, hügelige Wüstenlandschaft. Eine Steinwüste. Nichts als Geröll und Gesteinsbrocken, wohin das Auge reichte.
    »Einladend wirkt das nicht«, gab Caspar von sich. »Hier soll es eine Stadt geben?«
    Simon beugte sich weit über die Reling und sah an der Bordwand hinunter auf das Ufer, auf das sie aufgelaufen waren. Sie befanden sich an der Küste eines Meeres, nur wenige Meter von der Mündung entfernt, in der ein Fluss seinen Weg in das Meer fand.
    »Wenn wir richtig angekommen sind und ich mich nicht täusche, dann ist das dort der Fluss Euphrat«, erklärte Simon. »Ihm müssen wir nur folgen, denn zwischen diesem Fluss und dem Fluss Tigris liegt die Stadt Ur, aus der Nin-Si stammt. Und ihr werdet staunen. Wenn alles stimmt, was in meinen Büchernsteht, dann haben wir es mit einer der ersten Hochkulturen der Menschheit zu tun.«
    »Hochkultur?« Moon kam nun endlich auch zu ihnen an die Bordwand. »Was bedeutet das?«
    »Die Bewohner der Stadt Ur, die Sumerer, haben die Schrift erfunden, eine Keilschrift. Sie waren gebildet, hatten eine klare Gesellschaftsstruktur mit festen Gesetzen, trieben wohl mit der halben Welt Handel und besaßen sogar astronomisches und mathematisches Wissen.«
    »Oh, hört nur: Gesellschaftsstruktur«, frotzelte Caspar. »Astronomisches Wissen. Du klingst manchmal sehr merkwürdig.«
    Simon lachte etwas verlegen auf. »Ja. Das liegt wohl daran, dass ich die Artikel aus meinen Büchern regelrecht auswendig gelernt habe.« Er nickte in Richtung der Steinwüste. »Kommt, lasst uns keine Zeit mehr verlieren. Es kann nicht weit sein. Hinter einem dieser Hügel sollten wir die Stadt schon finden.«
    Gemeinsam gingen sie von Bord.
    Einzig die kleine Krähe blieb zurück auf dem Schiff. »Ich gebe auf den Seelensammler acht«, schlug sie krächzend vor. »Und natürlich auf den Krummschnabel in seinem neuen Zuhause.« Und damit wies sie kichernd auf den modrigen Sack, der neben der Kajüttür lag und in dem sich hektisch etwas bewegte.
    Während sie sich in der Hitze über das Geröll kämpften, dachte Simon nach. »Schade, dass wir so wenig von ihr wissen«, sagte er. »Keinem von uns hat Nin-Si verraten, was ihr geschehen ist, als der Schattengreifer sie mit sich nahm. Niemand weiß, aus welcher Gefahr er sie damals befreit hat.«
    »Wir wissen auch nicht, wie sie lebte«, gab Moon zu bedenken. »War sie arm oder reich? Haben ihre Eltern Vieh gehütet oder gehandelt?«
    »Ein wenig wissen wir schon von ihr«, warf Neferti ein. »Denkt an ihre Kleidung, an ihre Körperhaltung
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