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Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Titel: Schattengreifer - Die Zeitenfestung
Autoren: Bastei Lübbe
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und an ihre stets perfekte Frisur. Das könnten Hinweise darauf sein, dass sie aus einer höheren Schicht stammt, wo auf ein gutes Äußeres viel Wert gelegt wird.«
    Simon gab ihr recht: »Auch ihre Sprache und ihre gute Erziehung deuten darauf hin, dass sie aus einem reichen Zuhause stammen könnte.«
    Caspar nickte. »Ihre gute Erziehung – das ist der Grund, warum niemand etwas von ihr weiß. Es war ihr unmöglich, etwas von ihrer Familie preiszugeben.«
    »Ihre eigene Familie ist ihr also gefährlich geworden«, grübelte Neferti. »Ich denke, das hilft uns vielleicht weiter. Wenn man alles zusammenfasst, was wir wissen, dann sind wir doch nicht ganz so …« Sie blieb abrupt stehen und starrte in die Ferne. »Was ist das?«
    Hinter der Hügelkuppe vor ihnen erkannten sie die ersten Gebäude der Stadt Ur mit ihrer gewaltigen Stadtmauer.
    Der gigantische Anblick dieser Stadt ließ sie beinahe vergessen, dass sie sich hier in einer Zeit um 2500 vor Christus befanden. Mit einer solchen Anlage hatte keiner von ihnen gerechnet: Die Außenmauer, die das gesamte Zentrum der Stadt umschloss, war dreistöckig angelegt. Hohe, herrschaftliche Gebäude lagen innerhalb der Mauern nebeneinander, und zwischen diesen Gebäuden gab es unzählige Häuser. Es reihte sich Haus an Haus, auf deren Flachdächern Menschen zu sehen waren,die sich dort mit Tischen, Strohmatten und Krügen eingerichtet hatten.
    Überall in der Stadt wurde weiterhin gebaut. Die Menschen formten Lehmziegel und schichteten diese aufeinander. Die Stadt wuchs noch immer.
    Auf den Plätzen dieser Stadt herrschte reges Treiben. Menschen gingen durch die runden Torbögen ein und aus. Sie führten Wagen mit sich, die von Ochsen oder Maultieren gezogen wurden und auf denen Obst, Stoffe oder Krüge zu sehen waren.
    Staunend blickte Simon auf die beiden Hafenanlagen, die an zwei Seiten der Stadt, außerhalb der Mauern, errichtet worden waren. Niemals hätte er geglaubt, dass Menschen dieser Epoche zu solch einer Leistung fähig gewesen waren: Zwei riesige künstliche Kanäle führten vom Fluss Euphrat an dem Hügel vorbei, auf dem sie gerade standen, zu den beiden Häfen der Stadt. Schwer beladene Handelsschiffe befuhren diese Wasserstraße.
    Weiter außerhalb dieser ganzen Anlage, ebenfalls nahe dem Fluss Euphrat, gingen Menschen dem Ackerbau nach. An manchen Stellen standen die Arbeiter bis zu den Knien in schlammigem Land, um ihre Saat zu pflegen. Simon konnte erkennen, dass sie Weizen anbauten.
    Neferti riss Simon aus seinen Überlegungen. »Ist das eine Pyramide dort?«, fragte sie überrascht und zeigte auf ein riesiges Bauwerk im Norden der Stadtanlage.
    »Das ist die Zikkurat des Mondgottes Nanna«, erklärte Simon. »Ein gewaltiger Tempel, der von den Sumerern errichtet wurde, also von den Bewohnern der Stadt Ur.« Er kannte die Anlage aus den Büchern seiner Schulbibliothek: Über sechzig Meter war sie breit und mindestens vierzig Meter hoch. DerHochtempel war zwar stufenförmig angelegt, ähnlich wie eine Pyramide. Doch die einzelnen Stufen hoben sich stark voneinander ab. Anders als bei den ägyptischen Pyramiden wirkte dieses Gebäude nicht wie ein einziges Monument. Vielmehr war es ein Komplex aus vier Stockwerken, die, wie Terrassen angelegt, sich gegenseitig trugen.
    Das unterste Stockwerk war das gewaltigste. Es war über zehn Meter hoch und wirkte wie eine uneinnehmbare Burg. Gleich drei Treppen führten an der Vorderseite über ein hohes Tor in das Bauwerk hinein.
    Auf das untere Stockwerk waren die drei weiteren gebaut worden. Die erste dieser drei Etagen war bedeutend kleiner als das tragende Stockwerk. Auch hier führten Treppenstufen von zwei Seiten in das Gebäude hinein.
    Obenauf schließlich erkannten die Freunde eine weitere Erhebung mit Treppenstufen, auf der das vierte Stockwerk thronte, das mit seinen Zinnen auf den Mauern wie eine Krone wirkte, die das gesamte Bauwerk schmückte.
    Über dem Eingang zu dem obersten Gebäude prangte der übergroße Kopf eines Stiers, dessen Hörner wie die Mondsichel gestaltet waren: Es handelte sich um die Darstellung des Mondgottes Nanna.
    Simon konnte kaum den Blick von diesem mächtigen Bauwerk abwenden. Hier, in der Realität, wirkte das alles noch beeindruckender und mächtiger als auf all den Bildern, die er in den Büchern gefunden hatte.
    Auch Caspar gingen fast die Augen über. »Das alles ist wunderschön«, sagte er. »Und nun glaube ich dir auch, dass wir es hier mit einer Hochkultur zu tun
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