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Schattenbruch

Schattenbruch

Titel: Schattenbruch
Autoren: Markolf Hoffmann
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Sie erblickten eine breitschultrige Gestalt - ein Mann in einem Kapuzenmantel, der auf sie zuschritt; obwohl das Gesicht verdreckt und sein Bart geschnitten war, erkannten sie ihn sofort.
    »Binhipar!« In Darnas Stimme mischten sich Freude und Unglauben. Sie stürzte auf ihren Gemahl zu und fiel ihm um den Hals. Die Umarmung des Fürstenpaars hatte etwas Sanftes, zeugte von dem Vertrauen ihrer langjährigen Ehe.
    Als Binhipar sich schließlich von seiner Gattin löste, fiel sein Sohn Blidor vor ihm auf die Knie. Die anwesenden Ritter taten es ihm gleich.
    »Vater … es ist also wahr, du lebst!« Blidors Stimme zitterte. »Unsere Hoffnung war nicht vergebens.« Wieder grollte der Untergrund. Putz rieselte von der Decke.
    »Hoffnung!« fauchte Binhipar. »Was kann sich der Mensch in diesen Tagen noch erhoffen?« Er bedeutete seinem Sohn, sich zu erheben.
    »Die Nachricht von Eurem Tod habe ich nie geglaubt«, sagte Blidor. »Als Eure Botschaft aus Vara uns erreichte, fiel uns ein Stein vom Herzen.«
    Darna Nihirdis Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. »Wir hatten zuvor nur Gerüchte vernommen und jenen schrecklichen Brief des Kaisers erhalten, in dem er mit der Zerschlagung des Silbernen Kreises prahlte und uns zur Unterwerfung aufrief. Niemand konnte Ulimans Behauptung widerlegen; alle Berichte aus Vara bestätigten vielmehr, daß dort Schreckliches geschehen war.« »Uliman … dieser Mörder! Ich sehe ihn vor mir auf dem Thron sitzen, als er sich die Fürstenkette vom Hals riß, seine Hand um die silberne Plakette schloß.« Binhipar atmete schwer. »Die Ketten der Ahnen brachten uns den Tod! Das Silber gehorchte Uliman, die Glieder zogen sich zusammen und schnürten uns die Luft ab. Scorutar und die anderen gingen zu Boden … und dieses gräßliche Kind lachte, es lachte uns aus!« Sein Gesicht färbte sich kalkweiß, er tastete nach seiner Kehle. Deutlich war die verschorfte Wunde an seinem Hals zu erkennen. »Nur mir gelang es, die Kette zu zerreißen und aus dem Thronsaal zu fliehen. Ulimans Ritter verfolgten mich durch den Palast, doch ich konnte mich verbergen und ins Freie gelangen. Ich floh aus der Stadt. Dort hielt ich mich eine Weile verborgen; Uliman ließ alle Straßen, alle Wälder auf der Suche nach mir durchkämmen. Erst nach Tagen konnte ich die Klippenritter um mich sammeln und euch eine Botschaft senden.« Seine Augen verdüsterten sich. »Uliman hat die Macht der Ahnen mißbraucht! Er hat sich des Silbernen Kreises entledigt, um allein in Vara zu herrschen - an der Seite der Kirche. Denn die Tathril-Priester stecken hinter dieser Verschwörung! Sie waren es, die den Prinzen in Troublinien erzogen und gegen uns Fürsten aufgehetzt haben. Ich glaubte, mit Uliman besteige ein Hoffnungsträger den Thron - ein Herrscher, der in dieser chaotischen Zeit dem Volk neuen Mut einhaucht. Wie sehr habe ich mich getäuscht!«
    »Sind die anderen Fürsten allesamt tot?« fragte Darna beklommen.
    »Alle bis auf einen. Sie sanken zu Boden, rangen nach Luft und wälzten sich im Todeskampf. Er aber stand aufrecht, ohne daß Ulimans Zauber ihm etwas anhaben konnte - Baniter Geneder! Seine Kette widerstand dem Angriff; er sah zu, wie wir vor dem Thron verreckten!« Binhipar ballte die Faust. »Der Luchs von Ganata hat seinen Kopf aus der Schlinge gezogen! Uliman hat ihn verschont, aus welchem Grund auch immer.« Er blickte zur Decke des Saals, von der sich wieder Mörtelsteinchen lösten. »Warum haben die Ahnen mich verlassen? Seit die Kette zersprungen ist, schweigen sie. Warum warnten sie mich nicht? Warum retteten sie Baniter?«
    »Wir werden es herausfinden«, beruhigte ihn Darna. »Doch jetzt, Binhipar, müssen wir uns in Sicherheit bringen! Das Erdbeben wird Nandar verschlingen.«
    Binhipar nickte. »Ich habe dem Waffenstillstand der Weißstirne von Anfang an mißtraut. Nhordukael will uns seine Macht vor Augen führen. Damit ist Nandar verloren - doch das Kaiserreich längst nicht!« Mit rauher Stimme erteilte er Befehle. »Die Klippenritter sollen sich am Südtor sammeln. Führe sie aus der Burg, Darna, und vergiß auch die Hunde nicht. Du hingegen, Blidor« - er wies auf seinen Sohn - »bleibst bei mir. Ich muß noch das Schwert unserer Vorväter aus dem Südturm retten … und unseren hohen Gast. Er ist doch hoffentlich wohlauf?«
    »Er lebt«, antwortete Blidor, »doch wohlauf ist er nicht. Sein Geist ist noch immer verwirrt.« »Das dachte ich mir. Wir brauchen ihn dennoch; nur mit seiner Hilfe
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