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Schatten im Park

Schatten im Park

Titel: Schatten im Park
Autoren: Walter Thorwartl
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Das alte Lusthaus im Park
    „Komm heraus, wenn du dich traust! Komm heraus, wenn du dich traust!“ Der Stock klapperte gegen das alte Lusthaus. Sie hielten den Atem an. Sie glaubten nicht an Geister, aber … In einem gewissen Abstand saßen Issi, Moritz und Micha im Gras und schauten gespannt auf Benji. Der grinste, hob den Stock noch einmal und schlug fester gegen die Holzwand des Pavillons. Nichts rührte sich. Benji drehte sich um und verkündete großspurig: „Entweder ist er nicht drin, oder er hat Angst.“
    „Der ist schon lange tot! Der kann nicht herauskommen. Dort nicht und da nicht. Du hast sie ja nicht mehr alle!“ Moritz schüttelte den Kopf.
    Benji baute sich drohend vor ihm auf und hob leicht den Stock: „Ich und spinnen? Sag das noch einmal!“
    „Ist schon okay!“ Moritz wich zurück. Warum sich Benji immer gleich so aufregen musste!
    „Wer soll denn drin sein?“, fragte Issi zaghaft.
    „Na, der Geist, wer sonst?“ Benji warf den Stecken gegen die Wand. Es rumpelte. Das Stück Holz fiel zu Boden. Sonst geschah nichts.
    Die Erwachsenen hatten gesagt, sie sollten einen großen Bogen um das alte Lusthaus machen, dort wohne ein Gespenst. Der Geist eines Spinners, eines Außenseiters, der vor Jahren in diesem Lusthaus umgekommen sei. Keines der Kinder hatte gewusst, was ein Lusthaus ist. Der Gemeindearbeiter Hofer hatte sie das letzte Mal aus dem Park vertrieben. „Verschwindet, aber flott. Das ist kein Spielplatz!“ Micha hatte ihn trotzdem gefragt, was ein Lusthaus sei. „Hast du das nicht in der Schule gelernt? Was lernt ihr dort überhaupt? Das ist ein Pavillon, und macht, dass ihr davon wegbleibt“, war die Antwort vom Hofer gewesen.
    Issi hatte es genauer wissen wollen: „Was ist ein Pavillon?“
    Darauf ein mürrisches Kopfschütteln. „Ein Lusthaus! Ist das jetzt klar? Und wehe, wenn ich euch hier noch einmal erwische! Dann könnt ihr was erleben!“
    Benji hatte den Hofer im Gasthof Artner gesehen. Wenn er dorthin ging, blieb er lange. Den mussten sie heute nicht mehr fürchten. „Pfeif auf den Geist, an dem Märchen ist nichts dran!“ Benji spuckte aus und stand auf. Er war der Kleinste der Bande, schmächtig und dürr, hatte es aber faustdick hinter den Ohren. Benji fürchtete sich vor nichts und war jähzornig. „Wie der Tasmanische Teufel!“, fand der rundliche Moritz, der ein Ass in Biologie war. Benji konnte ganz schön ausrasten. Dann fauchte und knurrte er – genau wie das kleine Beuteltier aus Tasmanien. Wehe, wenn man Benji zum Beispiel wegen seiner brennroten Haare anredete! Das tat nur einer, der ihn noch nicht kannte.
    Da rumpelte es wieder. Leise, aber es rumpelte. Diesmal hatte jedoch niemand einen Stock gegen die Holzwand geworfen. „Ihhh!“, quietschte Issi.
    Moritz riss die Augen auf. „Hast, hast du das …?“
    „… gehört?“, ergänzte Micha flüsternd.
    Benji schluckte, dann grinste er wieder. „Blödsinn. Da drin ist was umgefallen. Oder ich hab eine Ratte aufgeweckt. Die soll sich nur raustrauen!“
    Einen Moment waren alle still, nur die großen Kastanien rauschten leise. Es roch nach faulenden Blättern. Es roch nach Verwesung. „Da stinkt’s!“ Issi schüttelte sich.
    „Ja, da verfault einer!“, sagte Benji spöttisch. „Die Ratten fressen gern Verwestes. Die machen den Lärm, das ist alles!“
    „Geh doch nachschauen, wenn du so mutig bist!“ Moritz hatte genug von Benjis Prahlerei. Sollte Benji doch beweisen, was er draufhatte.
    Niemand rührte sich. Auch im Pavillon blieb es still. „Zu still“, dachte Issi. „Als ob da drin etwas wartet. Wartet, dass einer unvorsichtig ist und in die alte Hütte hineingeht, um nachzusehen.“
    Der Herbsthimmel hatte sich zugezogen, es sah nach Regen aus. Micha stand langsam auf. „Ich geh jetzt. Mir ist kalt.“ Ruhig sah er seine Freunde an. Das Lusthaus begann ihn zu langweilen.
    „Ah, Hosensausen?“, fragte Benji abfällig. „Du hast recht, da drin ist nichts. Hundert Pro.“ Er drehte sich zu Moritz. „Oder glaubst du an Geister, Dicker?“
    „Und warum gehst du nicht rein?“, fragte Moritz ärgerlich.
    Benji zuckte mit den Schultern. „Jetzt will ich nicht. Ich schau nach, wenn ihr nicht dabei seid. Allein ist es spannender.“ Er starrte auf den verkommenen Pavillon. „Ich komme wieder! Verlasst euch drauf.“
    „Was habt ihr bei dem Lusthaus zu suchen? Ich möchte eine Antwort haben!“
    Micha wusste, wenn seine Mutter so redete, war Ärger in Sicht. Er senkte den Kopf.
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