Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rache ist lavendelblau

Rache ist lavendelblau

Titel: Rache ist lavendelblau
Autoren: Fannie Ennser
Vom Netzwerk:
Inhaltsverzeichnis
Beim Notar – 1
     
Jahre zuvor
     
Familienalltag
     
Unerwartet
     
Die Galerie
     
Desider
     
Der Befund
     
Auf Reisen mit Annette
     
Wieder daheim
     
Solveigh
     
Der Plan
     
Massimiliano
     
Nur nichts anmerken lassen …
     
Ist etwas passiert?
     
Wichtige Termine
     
Letzte Stunden
     
Beim Notar - 2
     
 
     

Beim Notar – 1
 
     

    Der Sessel war unbequem. Romana rutschte nervös hin und her auf der Suche nach einer angenehmeren Sitzposition. Das Möbel war zu tief, Seitenlehnen nicht vorhanden, sodass sie sich nicht richtig abstützen konnte. An die Rückenlehne kauern und die Beine von sich strecken? Zu unelegant - das kam für Romana nicht in Frage. Ihre schwarzen Manolo Blahniks kämen in dieser Stellung nicht zur Geltung und erst gar nicht die Sohlen, diese krebsroten, aufreizenden Zungen, deren Zweck nur darin bestand, die Männer unverzüglich in Schlepptau zu nehmen.
Irgendwie hatte Romana es geschafft, ihre langen Beine so anzuordnen, dass auch der Blick eines zufällig Vorbeieilenden ihre eleganten Schuhe streifen musste, und nur ein Tölpel von einem Mann das Signalrot ihrer lockenden Sohlen nicht wahrnahm.
„Notariat, Rechtsanwalt und Verteidiger in Strafsachen Dr. Desider Angerbauer“ stand auf einem blank polierten Messingschild, das ihr erst jetzt auffiel, und an dem ihr Blick für einige Sekunden hängen blieb.
„Mein Gott, wie lange dauert das noch“, dachte Romana und streifte unabsichtlich den Arm ihres Bruders Claus, der gelangweilt in einem Motorjournal blätterte, das er von einem Beistelltischchen geangelt hatte. Romanas Nervosität war offensichtlich, sie wechselte ständig ihre Sitzposition, ihre Absätze scharrten am Teppichboden und ihre Handtasche ließ sie unentwegt von einer Seite zur anderen wandern.
„Irre, diese Warterei“, murmelte sie gereizt.
„Für Reichtum, liebe Schwester, muss man sich schon ein wenig Zeit nehmen.“ Claus grinste süffisant und blätterte weiter. Sein Khakianzug in hellem Schilfgrün saß perfekt. Anzug, Hemd und Schuhe aus Meisterhand waren für den jungen Architekten selbstverständlich, das schuldete er sich und seinen Kunden, der sogenannten „besseren Gesellschaft“. Er pflegte seinen Dreitagebart und das blonde, gewellte Haar, das er kinnlang trug, eine Verpflichtung seinem künstlerischen Beruf gegenüber, wie er dachte.
Romanas Gedanken schlugen inzwischen Purzelbäume. Wie kann man nur Desider heißen? Der alte Trottel hat Mutter einmal den Hof gemacht. Ob er sie gevögelt hat? Ob Claus und ich gleich viel bekommen? Anschließend sofort zur Bank, Mamas Konten auflösen, Banktresor öffnen, dann zu Oliver Dys, der schon die geilsten Bademoden aus Israel auf Lager hat. Anna wird Augen machen. Ich habe das Verdeck beim Wagen nicht zugemacht, hoffentlich kommt kein Regen. Wohin gehe ich heute Mittag essen, soll ich Freunde einladen? Ob die Hasiba auch zu mir putzen kommt? Mamas teurer Schmuck, ob Claus davon für sich und Katrin etwas fordert? Himmel, das gibt noch Stress heute.
„Frau und Herr Estermann, bitte, treten Sie ein, Dr. Angerbauer erwartet Sie“. Die Sekretärin des Notars, eine ältere Dame in Gesundheitssandalen, grauem Faltenrock, ebenso grauem Seidenpulli und Perlenkettchen, bat sie ins Büro.
„Die schaut wie Maggie Thatcher aus, bis auf die Sandalen“, stellte Romana fest.
Die Geschwister erhoben sich fast gleichzeitig von ihren ungemütlichen Plätzen. Claus warf das Journal achtlos auf den kleinen Zeitungstisch zurück und zupfte mit spitzen Fingern an seinem Krawattenknopf herum, wobei er seinen Kopf unnatürlich in die Höhe reckte.
„Den habe ich noch nie mit Krawatte gesehen“, dachte Romana, während sie noch schnell ihr figurbetontes, schwarzes Satinkleid zurechtzog, hastig ihre neue Jimmy-Choo Handtasche aufnahm und ihre glatte, schwarze Mähne in den Nacken warf. „Die rote Clutch hätte besser zum Kleid gepasst“, kritisierte sie sich noch während des Eintretens.
Die Sekretärin schloss lautlos die Tür hinter ihnen.
„Dr. Angerbauer“, stellte sich der Notar knapp vor und musterte mit seinen flinken, grauen Augen das soeben eintretende Paar.
Er stand hinter einem riesigen Schreibtisch, dem eine Tischlampe mit poliertem Messingfuß und grünem Glasschirm gleichmäßiges Licht spendete.
„Bitte, nehmen Sie Platz“, forderte sie der ältere Herr mit Nickelbrille, die etwas schief auf einer schmalen, langen Nase saß, auf. Kaum der Aufforderung nachgekommen, legte sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher