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Schatten im Park

Schatten im Park

Titel: Schatten im Park
Autoren: Walter Thorwartl
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Die Methode ist harmlos, aber wirksam.“
    Der Buchhändler fuhr sich durch die schütteren weißen Haare. „Kann ich mich auf dich verlassen? Mach keinen Blödsinn. Ich brauche noch ein wenig Zeit, um mir etwas Vernünftiges zu überlegen. Wir dürfen nichts riskieren. Die leidige Geschichte muss endlich aus der Welt geschafft werden.“

Der Fledermausmann
    Moritz schwitzte bei seiner Arbeit. Er hatte den Luftballon mit einer Menge Papier und Kleister bearbeitet. Anschließend hatte er sich den Föhn geholt, weil er auf das Trocknen nicht so lange warten wollte. Jetzt musste er das große weiße Ei in Form bringen. Er schnitt es auseinander. Die größere Hälfte sollte der Hirnschädel werden, die andere der Gesichtsschädel. Dazu brauchte er noch einen Streifen für den Unterkiefer. Er schob die beiden Schädelhälften ineinander, verband sie mit Klammern, schnitt vorne Augen und Nase aus und versuchte, mit Klammern den Unterkiefer zu befestigen. Moritz sah in sein Biologiebuch. Dann betrachtete er zweifelnd seine Arbeit. Das sollte ein Totenschädel sein? Es sah eher wie das kaputte Ei eines Aliens aus. Also nahm er alles noch einmal auseinander und begann von vorn.
    Issi und Micha arbeiteten ebenfalls konzentriert, damit jedes der Leintücher exakt die gleiche Malerei verpasst bekam. Wenn sie die Laken umgehängt hatten, durfte niemand wissen, wer Issi und wer Micha war. Die schwarzen Augenflecken mit den winzigen Sehschlitzen und der blutverschmierte Mund mit den schwarzen Zähnen mussten genau gleich aussehen. Beide gingen als Maaru, das Polargespenst. An verschiedene Häuser klopfen, zur selben Zeit an verschiedenen Plätzen erscheinen, als schreckliches Gespenst, das an zwei Orten zugleich auftauchte …
    Benji war niedergeschlagen. Es war früher Nachmittag, doch keiner seiner Freunde ließ sich blicken. Die blieben lieber zu Hause und bastelten an ihren Halloween-Kostümen. Aber was sollte er daheim tun? Dort hockte nur sein missmutiger „Onkel“ bei einem Bier – und ließ sicher seinen Frust an ihm aus, wenn er zu Hause blieb. Nein, danke! Benji spazierte die lange Hauptstraße entlang. Nach dem ersten Frost war es wieder warm geworden. Der Oktober dauerte nicht mehr lang. Manche Leute hatten Kürbisköpfe neben ihren Haustüren aufgestellt. Benji dachte an die Geschichte von Jack O’Lantern: Das war das Gruseligste an dem ganzen Wirbel um Halloween. Er konnte sich beinahe vorstellen, dass diese Geschichte wirklich stimmte. In alle Ewigkeit umherwandern müssen … Ewigkeit war ein Wort, das ihm Angst machte. Kein Anfang, kein Ende, immer nur mit sich selbst unterwegs – ohne Freunde. Die ausgehöhlten Kürbisse grinsten ihn mit ihren zackigen Mäulern an. Am liebsten wollte er ihnen allen einen Tritt geben.
    „Na, sind sie nicht hübsch, die Kürbisse?“
    Benji fuhr zurück. Beinahe hätte er einen weggekickt. Ein großer Mann stand hinter ihm, mit Vollbart und längeren blonden Haaren. Der war nicht aus dem Ort, das wusste Benji gleich.
    „Eine tolle Zeit, Halloween.“ Der Mann lächelte. Dann kam er ganz nah und flüsterte: „Zeit der Hexen, Geister und Vampire!“
    Benji starrte den komischen Kerl an. Was wollte der von ihm?
    „Weißt du, wo es bei euch Vampire gibt? Echte Vampire?“
    Der hatte wohl einen harten Schlag über die Rübe bekommen. Vampire? Hielt er ihn für ein kleines Kind? „Sie glauben an Vampire? Ich nicht. Tut mir leid“, entgegnete Benji mürrisch.
    Der Mann lachte unnatürlich laut. „Du hältst mich wohl für bekloppt. Aber ich will wirklich wissen, wo es bei euch Fledermäuse gibt. Die studiere ich nämlich. Mich interessieren ihre Winterquartiere. Und wer weiß besser, wo sie zu finden sind, als so ein junger Abenteurer wie du.“
    Abenteurer. Klang nicht schlecht. Wo gab es denn hier im Dorf Fledermäuse? Im Kirchturm sicher. In manchen Dachböden und – ganz gewiss im Pavillon! Benji sah den Mann plötzlich in einem anderen Licht. Einer, der Fledermäuse studierte. War das vielleicht ein Beruf? Das sollte glauben, wer wollte, Benji jedenfalls nicht. Der Typ suchte nach etwas anderem! Benji beschloss, einen fetten Köder auszulegen. „Ich glaub, die sind im Kirchturm, und – im alten Lusthaus.“
    „Im alten Lusthaus, so etwas habt ihr auch?“
    Benji meinte harmlos: „Ja, in dem ist früher Musik gemacht worden.“ Dabei ließ er den Mann nicht aus den Augen.
    „Interessant. Kannst du mich zu dem – Lusthaus führen? Kann sein, dass wir dort ein
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