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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)
Autoren: Maria Norda
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redete er in ruhigem Ton auf sie
ein und bei seinen Worten zersprang mein Herz. Er würde nachkommen. Er würde zu
ihr gehen, wenn er mit mir fertig war.
    »Idiota!«, fluchte sie, war aber
einen Augenblick später verschwunden.
    Ich erschrak. Ich hätte sogar damit
gerechnet, dass sie aus dem Fenster springen würde, so sportlich wie sie
aussah, aber sie war einfach so vom Erdboden verschwunden. Als hätte der Boden
sie gefressen. Ich starrte auf die Stelle, an der sie bis eben noch gestanden
hatte, aber sie tauchte nicht wieder auf.
    In der Zwischenzeit hatte sich Robert
an einen Stuhl neben meinem Bett gesetzt. Und dann schwiegen wir. Ich wusste
nicht, was ich sagen sollte und ihm erging es nicht anders. Er trug wieder
seine Handschuhe und als ob er sich nicht sicher sei, überprüfte er immer
wieder ihren Sitz.
    Ich hätte glücklich sein müssen. Er
war hier – wahrhaftig und in echt. Aber seine Worte nagten in meinem Inneren –
er würde nachkommen. Er würde nicht hierbleiben. Nicht hier bei mir bleiben.
    »Was ist passiert?« Es war eine dumme
Frage, das wusste ich, aber ich hatte keinen anderen Anhaltspunkt.
    Er verharrte, strich sich durch seine
widerspenstigen Haare und atmete hörbar aus. »Was ist das Letzte, an das du
dich erinnern kannst?«, fragte er im Gegenzug, statt mir eine Antwort zu geben.
    »Da warst du und sie. Und dieser
Mann, er lag neben uns und bewegte sich nicht mehr. Und da war das Blut« Ich
stockte und griff an meinen Bauch. Da war kein Verband, kein Pflaster, nur
meine eigene Haut. Alles war unversehrt, als wäre nie etwas gewesen. Wie lange
lag ich schon hier, dass nicht einmal mehr eine Narbe zurückgeblieben war? »Und
Michael. Und dann war alles schwarz.«
    Ich sah zu ihm auf, um mich zu
vergewissern, dass ich das nicht alles nur geträumt hatte. Allerdings war ich mir
nicht einmal jetzt sicher, dass ich wach war und nicht träumte. Aber er saß
hier, neben mir, und er war es wirklich.
    Er erwiderte meine Schilderungen mit
einem Nicken. »Hast du gesehen, was mit dem Mann passiert ist?«, fragte er
weiter und gab mir immer noch keine Antworten.
    Ich wollte es nicht aussprechen, zu
grausig brannten die Bilder in meinem Gehirn, also nickte ich nur zaghaft.
    Robert blickte auf und fixierte mich
mit seinen Augen. Er war ganz ernst und eine kleine Falte bildete sich zwischen
seinen Augenbrauen.
    »Sag es!« Ich erschrak bei dem harten
Tonfall seiner Stimme. Warum forderte er das von mir? War es nicht schon
grausam genug, dass ich es hatte mit ansehen müssen? Musste ich das alles jetzt
noch einmal durchleben? »Emilia! Sag es!«
    »Ihr habt gekämpft. Er lag auf dem
Boden, du warst über ihn gebeugt. Du hast deinen Handschuh ausgezogen und dann
deine Hand auf sein Gesicht gelegt.« Meine Stimme versagte. Ich konnte nicht
weiter sprechen.
    »Was war dann!«, forderte er
unerbittlich weiter, aber ich schüttelte nur den Kopf. Ich wollte das nicht! »JETZT
SAG ES!« Seine Hand schnellte vor und umfasste meinen Arm. Ich spürte die Kälte
des Leders seiner Handschuhe auf meiner Haut. Sein Griff war fest, hart,
duldete keinen Widerspruch.
    »Du hast ihn berührt und dann war er
tot«, flüsterte ich. Die Angst, die mir bei den Worten und seiner Umklammerung
durch den Körper pulsierte, wurde mit einem schneller werdenden Piepsen quittiert.
    Blitzschnell ließ er meinen Arm los,
verkroch sich in seinem Stuhl, als könnte der Abstand zwischen uns nicht groß
genug sein und diesmal war er es, der nur nickte.
    »Das ist das, was ich bin. Ich bin
ein Monster. Ich bin nicht mehr der, den du einmal gekannt hast. Dieser Robert
ist gestorben«, sprach er und seine Stimme war wieder ganz sanft. Die Härte und
Grobheit war verschwunden, dafür lag ein Ausdruck tiefster Trauer darin.
    Noch immer konnte ich es nicht
ertragen, ihn leiden zu sehen, egal was er war. Egal, dass er mir eben noch
solche Angst gemacht hatte. Ich wollte nicht, dass er so fühlte.
    »So darfst du nicht reden. Du hast
mich gerettet. Du hast mir das Leben gerettet, du…«
    »Nein Emilia. Versuche es nicht zu
beschönigen. Das habe ich schon versucht, aber die Wirklichkeit holt einen
schneller wieder ein, als einem lieb ist. Ich bringe den Tod . Das ist
das, was ich bin. Ich bin ein Todesbote. Jede meiner Berührungen saugt meinem
Gegenüber das Leben aus dem Körper, bis sie nur noch eine leblose Hülle sind.
Derjenige, der dich gerettet hat, der dafür gesorgt hat, dass du heute hier liegst,
ist Michael. Das war nicht ich. Das
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