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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)
Autoren: Maria Norda
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Jedes Wort war so
schwer wie tausend Steine.
    »Nein Emilia!«, schrie er mich an und
rutschte ein Stück näher. Zwar war er noch nicht nah genug, dass ich ihn hätte
berühren können, aber dafür sah ich seine Augen – die Augen, die mich vor fünf
Jahren gefangen genommen und nie wieder losgelassen hatten. »Du darfst jetzt
nicht schlafen! Bitte, gib nicht auf! Gleich kommt Hilfe!«
    Meine Sinne spielten mir immer noch
einen Streich. Immer wieder wurde er eins mit der Dunkelheit, tauchte in sie ab
und schien darin zu verschwinden. Ich kniff die Augen zu einem Schlitz
zusammen, um ihn klarer erkennen zu können. Aber es half nichts.
    »Robert! Qué mierda! Was tust du
hier?« Die Stimme dieser fremden Frau brannte wie Feuer, so impulsiv war ihr
Klang. Ich sah wie er den Kopf abwand – Bitte sieh nicht weg, bleib bei mir,
sieh mich an!
    Neben seine immer wieder verschwimmende
Silhouette traten zwei fremde Schuhe. Blitzschnell fuhr er herum und war einen
Augenblick später mehrere Meter von mir entfernt, zusammen mit der fremden
Frau.
    »FASS SIE NICHT AN!« Er war so
wütend.
    »Por dios! Das hatte ich doch gar
nicht vor!«, rechtfertigte sie sich und ihr Ton klang schneidend wie ein
Messer. »Was zur Hölle tust du hier?! Hat das alles nicht schon gereicht?! Hast
du immer noch nichts verstanden?!!!!« Sie war so voller Zorn, ich konnte es
förmlich spüren.
    War sie der Grund? War sie der
Auslöser? War sie die Begründung für seinen Abschied?
    »Was soll ich tun? Sag es mir Ria!
Ich habe selbst keine Ahnung, aber ich kann sie nicht einfach STERBEN LASSEN!«,
und eine Sekunde später kniete er wieder neben mir. Seine Stirn lag in Falten,
die Augen voller Sorge, das Gesicht vor Kummer verzerrt. »Ich kann dich nicht
einfach sterben lassen«, flüsterte er nun nur noch mir zu.
    Was sollte das heißen? War ich denn
nicht schon tot? War das hier doch noch das wahre Leben?
    Wieder sah ich auf meinen Bauch. Das
Blut hatte inzwischen eine Lache um meinen Körper gebildet und meine Jacke war
davon getränkt. Das war zu viel, das war viel zu viel – ich würde sterben. Ich
würde sterben, jetzt wo er wieder bei mir war. Mein Kopf raste und ein
pochender Schmerz hämmerte mir gegen die Schläfe.
    Die Frau trat auf ihn zu und ich sah,
wie sie beschützend ihre Hand auf seine Schulter legte. Fass ihn nicht an! Nimm
deine dreckigen Finger von ihm!
    »Robert! Ihr Name steht auf der
Liste. Es ist an der Zeit! Du hast sie schon einmal davor bewahrt! Sieh sie dir
doch an! Sie leuchtet wie eine Fackel! Es wird nicht lange dauern, dann werden
die anderen…«
    »Meinst du das weiß ich nicht! Sollen
sie kommen! Ich gebe sie bestimmt nicht kampflos auf!« Da war so viel Angst, so
viel Verzweiflung in seiner Stimme. Aber auch Entschlossenheit, seinen Worten
Taten folgen zu lassen.
    Ich versuchte einen Blick auf meine
Hand zu erhaschen, doch deren Anblick war ernüchternd. Wovon redete diese Frau
bloß? Ich sah ganz normal aus, wenn man von dem Blut absah, dass an meiner Hand
klebte. Es war normale Haut, kein Leuchten, nicht einmal ein Funken.
    Die Kälte kroch unbarmherzig in jeden
Winkel meines Körpers. Und auch innerlich schien ich Atemzug um Atemzug zu
vereisen. Ich spürte, wie alles in mir zitterte und bebte.
    »Robert, sie stirbt.« Die Stimme der
fremden Frau war nur noch ein Flüstern und all das Feuer war aus ihrer Stimme
getilgt. Sie klang sogar mitfühlend.
    »Das darfst sie nicht. Hörst du
Emilia, du darfst nicht sterben!« Diese Augen, seine Augen, ich wollte darin
eintauchen.
    »Sie kann dich nicht einmal hören
Robert, es ist vorbei.« Natürlich konnte ich ihn hören! Ich wollte antwortet,
protestieren, aber es ging einfach nicht.
    Ein Hustenkrampf erschütterte meinen
Körper, der einen metallenen Geschmack auf meiner Zunge hinterließ. Mir war so
kalt und ich hatte solche Angst. Ich wollte, dass es endlich aufhört. Ich
wollte in seinen Armen liegen – in seinen warmen und beschützenden Armen. Ich
wollte meine Hand nach ihm ausstrecken, aber selbst dazu fehlte mir die Kraft.
Ich bekam nicht einmal ein Zucken zustande. Wie sollte er da wissen, was ich
für ihn empfand?
    Wie ein bleierner Teppich legte sich
die Müdigkeit über mich. Ich wollte schlafen, einfach nur schlafen. Und wenn
ich aufwachte, so hoffte ich zumindest, würde er immer noch da sein. Ein paar
Minuten nur die Augen schließen – mehr brauchte ich nicht.
    Während meine Augenlider zufielen,
hörte ich Schritte. Es klang wie eine marschierende
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